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Urteil: Heimvertrag Schärding - gesetzwidrige Klauseln beseitigt

In einem vom BMSK beauftragten VKI- Verfahren vor dem Landesgericht Ried im Innkreis wurde der Sozialhilfeverband Schärding als Betreiber von Alten- und Pflegeheimen nun verpflichtet, gewisse Klauseln in Heimverträgen ab jetzt nicht mehr zu verwenden bzw. sich gegenüber den Bewohnern nicht auf diese Klauseln zu berufen.

Zu den einzelnen Klauseln:

Die Beklagte hat einen Teil der eingeklagten Klauseln nach Klagseinbringung anerkannt, das Anerkenntnisurteil ist rechtskräftig. Es handelt sich dabei um folgende Klauseln, die der Sozialhilfeverband Schärding nun in seinen Heimverträgen weder verwenden darf, und auf die er sich gegenüber Bewohnern auch nicht berufen darf:

1.Bedienstete und Beauftragte des Heimträgers werden die Wohneinheit nur betreten, um sich vom Zustand der Räume zu überzeugen.

Beanstandet wurde die Klausel als Verstoß gegen §§ 879 Abs 3 iVm § 1098 ABGB (analog)  und § 27d Abs 3 Z 1 KSchG, weil die jederzeitige Betretung der Räume (ausgenommen in Notfällen) das Recht des Bewohners auf Privatsphäre unangemessen einschränkt und den Bewohner gröblich benachteiligt.

2.Der/die HeimbewohnerIn hat für die in den Punkten 3 bis 6 angeführten Leistungen (Unterkunft, Gemeinschaftsräume und -einrichtungen, Verpflegung und Grundversorgung) des Heimträgers ein Heimentgelt von derzeit täglich € 57,-- zu bezahlen. Festgehalten wird, dass gegebenenfalls Geldleistungen eines Sozialhilfeträgers erbracht werden.

Das Heimvertragsgesetz sieht demgegenüber eine Aufschlüsselung des Entgelts in die jeweiligen Leistungsbestandteile vor, darüber hinaus ist seit der letzten Novelle des Heimvertragsgesetzes im Jahr 2007 gemäß § 27d Abs 1 Z 6 KSchG auch anzugeben, welche Leistungen der Sozialhilfeträger ersetzt.

3. Für die Dauer von Abwesenheiten (Krankenhaus-Aufenthalt, Rehabilitations-Aufenthalt, Urlaub)  vermindern sich ab dem zweiten Tag der Abwesenheit die vom Heimträger nach Maßgabe der Oö.Alten- und Pflegeheimverordnung (§§23ff) festgelegten Heimentgelte um den gemäß § 24 Abs 1 Z 8 der Oö Alten- und Pflegeheimverordnung ermittelten Betrag (Lebensmitteleinsatz je Tag für eine Vollverpflegung). Höhe dieses Betrags zum Zeitpunkt des Heimeintritts: 4,-- Euro.

Gemäß § 27f KSchG mindert sich das Entgelt bei mehr als dreitägiger Abwesenheit des Bewohners um das, was sich der Heimträger - ab dem 1. Tag der Abwesenheit-erspart.
Das Ausmaß der Ersparnis ist aufwandbezogen zu errechnen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich die beklagte Partei nur den Lebensmitteleinsatz für die Verpflegung erspart. 

4. Die Mitnahme des im Folgenden angeführten Haustiers wird bis auf Widerruf gestattet.

Die Klausel ermöglicht einen willkürlichen Widerruf zur Haustierhaltung, weil nicht auf eine mögliche sachliche Rechtfertigung abgestellt wird (z.B. Belästigung anderer Bewohner, Hygiene), außerdem stellt der Widerruf eine nicht dem § 6 Abs 2 Z 3 KSchG entsprechende Leistungsänderung des Heimträgers dar. In diesem Sinn hat sich auch schon das OLG Wien in seiner Entscheidung vom 21.6.2004, 4 R 73/04s geäußert. Zusätzlich wurde die gegenständliche Klausel als gegen § 27d Abs 4 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB verstoßend  beanstandet.

Das Anerkenntnisurteil umfasst darüber hinaus auch die Verpflichtung, in Zukunft keine Heimverträge zu verwenden, denen
-eine Aufschlüsselung des Entgelts jeweils für Unterkunft, Verpflegung, Grundbetreuung, besondere Pflegeleistungen und zusätzliche Leistungen,
-Angaben zu den vom Träger der Sozial- und Behindertenhilfe gedeckten Leistungen, sowie
- Angaben zu einer vom Heimbewohner zu hinterlegenden Kaution, und zwar auch dann, wenn keine Kaution verlangt wird, fehlen.

Die folgende Klausel qualifizierte das Gericht als gesetzwidrig:

5. Der Heimträger ist weiters berechtigt, den Vertrag bei besonders schwerwiegenden Verstößen des Heimbewohners mit sofortiger Wirkung vorzeitig aufzulösen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Bewohner b. eine unmittelbar drohende Gefahr für das Heim, andere Heimbewohner oder Bedienstete des Heimträgers verursacht.

Die Klausel wurde beanstandet, weil hier nicht auf ein Verschulden des Bewohners abgestellt wird (was z.B. bei dementen oder nicht zurechnungsfähigen Bewohnern problematisch sein kann), und weil nicht näher konkretisiert wird, was unter "unmittelbar drohender Gefahr" zu verstehen ist. Hier könnten z.B. auch geringfügige Eingriffe in fremdes Eigentum zum Anlass einer sofortigen -Vertragsauflösung genommen werden. Diese Regelung qualifizierte das Gericht daher als sittenwidrig gemäß § 879 Abs 3 ABGB iVm § 27i KSchG.

Das Mehrbegehren hinsichtlich der folgenden Klauseln wurde abgewiesen:

6.Die individuelle Hilfe und Betreuung umfasst alle Pflegemaßnahmen, soweit das Pflegepersonal auf Grund seiner Ausbildung zur Erbringung nach bestehenden Vorschriften berechtigt ist und darüber hinaus die hierfür erforderlichen medizinisch-technischen Voraussetzungen vorhanden sind und die im Einzelfall erforderlichen Hygienevorschriften eingehalten werden können.

Der Heimvertrag soll im Interesse der Bewohner so transparent wie möglich sein, und der Heimträger hat festzuhalten, welche Leistungen er im Einzelnen erbringt. Die gegenständliche Klausel wird diesen Anforderungen nicht gerecht, weil aus ihr gerade nicht abgeleitet werden kann, welche Pflegeleistungen erbracht werden und wofür der Bewohner das auf die Pflege entfallende Entgelt bezahlt. Das Gericht qualifizierte die Klausel als hinreichend bestimmt, und die Pflege als ausreichend konkretisiert. Dagegen wurde berufen, weil uE der Hinweis, die Maßnahmen würden erbracht, sofern es der Ausbildungsstand des Personals zulässt, und sofern die medizinisch-technischen Voraussetzungen vorhanden sind und die erforderlichen Hygienevorschriften eingehalten werden, dem Heimträger freie Hand lässt, welche Maßnahmen er erbringt. Alle genannten Voraussetzungen für die Erbringung der Pflegemaßnahmen liegen in seiner Willkür, etwa welches Personal er beschäftigt oder welche technischen Voraussetzungen er im Haus bietet.

7. Der Heimträger ist weiters berechtigt, den Vertrag bei besonders schwerwiegenden Verstößen des Heimbewohners mit sofortiger Wirkung vorzeitig aufzulösen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Bewohner a. eine mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte gerichtlich strafbare Handlung, vor allem zum Nachteil anderer Heimbewohner, des Heimträgers oder dessen Bediensteter begeht.

Das Heimvertragsgesetz beschränkt die Kündigungsmöglichkeit des Heimträgers auf besonders schwerwiegende Umstände. Darüber hinaus muss der Heimträger vor einer Kündigung geeignete Abhilfemaßnahmen setzen und den Bewohner unter Beiziehung von dessen Vertrauensperson qualifiziert ermahnen. Auch in Fällen, die nicht im Gesetz genannt sind, kann der Heimträger den Vertrag außerordentlich auflösen, allerdings müssen diese Umstände mindestens ebenso schwer wiegen wie die gesetzlich genannten Fälle. Teil a der Klausel stellt nicht auf das individuelle Verschulden des Bewohners ab, weil es nicht darauf ankommt, ob der Bewohner zu einer mehr als einjährigen Haft verurteilt wird, sondern nur darauf, welches höchste Strafmaß vom Strafgesetz vorgesehen ist. Selbst im Bereich des Mietrechts (§ 30 MRG) wird dagegen auf die gerichtliche Verurteilung abgestellt, und es ist dort eine Kündigungsfrist vorgesehen.

Ein Verhalten, dass beim weniger schutzbedürftigen Mieter nicht zu einer Vertragsauflösung führt, wird daher kaum einen den gesetzlichen Gründen vergleichbaren Vertragsauflösungsgrund im Heimbereich darstellen können.

Es ist wesentlich schwieriger für einen alten Menschen, einen neuen Heimplatz zu finden, als eine andere Mietwohnung.

Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung wurde Berufung eingelegt.

LG Ried i.I. vom 6.3.2008, GZ 1 Cg 92/07p
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Klagsvertreter: Mag. Nikolaus Weiser, RA in Wien

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