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Urteil: Klauselprüfung im Mietrecht

Verbandsklage auf Unterlassung der Empfehlung von Klauseln in einem Vertragsformblatt für Wohnungsmietverträge, die dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegen.

Folgende Klauseln wurden als zulässig eingestuft:

Wertsicherung

"Es wird Wertbeständigkeit des Hauptmietzinses (des Entgeltes für mitvermietete Einrichtungsgegenstände und sonstige Leistungen) nach dem von Statistik Austria monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2010 oder dem an seine Stelle tretenden Index vereinbart. Ausgangsbasis für diese Wertsicherung ist die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zuletzt verlautbarte Indexzahl ...
Indexschwankungen bleiben bis einschließlich 5 % unberücksichtigt. Dieser Spielraum ist bei jedem Überschreiten nach oben oder unten auf eine Dezimalstelle neu zu berechnen, wobei stets die erste außerhalb des jeweiligen Spielraums gelegene Indexzahl die Grundlage sowohl für die Neuberechnung der Miete als auch für die Berechnung des neuen Spielraumes zu bilden hat
."

Die sachliche Rechtfertigung nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG liegt im legitimen Bedürfnis des Vermieters, das Entgelt an die tatsächliche Geldwertveränderung anzupassen und damit das Äquivalenzverhältnis zu wahren.

Nicht überzeugend ist die Argumentation der Klägerein, dass sich durch die Unanwendbarkeit des § 1096 erster Satz ABGB (nämlich dessen Verdrängung hinsichtlich der Erhaltungspflichten im Vollanwendungsbereich des MRG durch § 3 MRG) bei wertgesichertem (also real gleichbleibendem) Mietzins das Äquivalenzverhältnis zu Lasten des Mieters verändert. Die Klägerin berücksichtigt in diesem Zusammenhang nicht das (weiterhin geltende und unabdingbare) Mietzinsminderungsrecht nach § 1096 zweiter und dritter Satz ABGB für den Fall, dass die Wohnung (nicht) mehr zum bedungenen Gebrauch taugt. Daraus ergibt sich aber, dass der brauchbare Zustand der Wohnung und der Mietzins sehr wohl in einem aufrechterhaltenen Äquivalenzverhältnis stehen.

Die Entscheidung 7 Ob 62/15s betraf eine Wertsicherungsvereinbarung für eine Rechtsschutzversicherung und lässt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen.


Versicherungen

"Hausversicherungen:
Gemäß § 21 Abs. 1 Z 4 und 5 MRG werden die Prämien für die angemessene Feuer-, Haftpflicht- und Leitungswasserschadenversicherung als Betriebskosten verrechnet.
Der Mieter stimmt dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung von zusätzlichen Verträgen über eine angemessene Versicherung des Hauses gegen Schäden zu, die durch die vorgenannten Versicherungen nicht erfasst sind, und zwar
Glasbruch, Sturmschäden ...
bzw tritt der Mieter den bestehenden Vereinbarungen bei und erklärt sich einverstanden, die aus diesen zusätzlichen Versicherungsverträgen zu zahlenden Versicherungsprämien als Betriebskosten gemäß § 21 Abs. 1 Z 6 MRG entsprechend seinem in § 3 Pkt 3 festgehaltenen Anteil zu übernehmen.
Derzeit bestehen (neben der Feuer-, Haftpflicht- und Leitungswasserschadenversicherung) folgende Versicherungen:
... Jahresprämie: ...
Nein, ich stimme nicht zu □                             Ja, ich stimme zu □ ...
."

Kein Verstoß gegen § 21 Abs 1 Z 6 MRG, wonach die Kosten von Versicherungen des Hauses gegen Schäden (über Feuer-, Haftpflicht- und Leitungswasserversicherungen hinaus) nur dann als Betriebskosten verrechnet werden dürfen, wenn die Mehrheit der Hauptmieter des Hauses "dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung des Versicherungsvertrags zugestimmt haben". 

Der OGH verweist auf 6 Ob 181/17m: Es ist nicht die Zustimmung zu einem abgeschlossenen Vertrag erforderlich, sondern es genügt die Erklärung der Mieter, einverstanden zu sein, dass das Haus gegen bestimmte Risiken angemessen versichert wird. Die Gesetzesänderung von § 2 Abs 2 Z 5 MG (zu der die Entscheidung 5 Ob 432/59 erging, auf welche sich 6 Ob 181/17m bezog) zu § 21 Abs 1 Z 6 MRG ändert nichts an der Beurteilung: Dass der Gesetzgeber des MRG die damalige Rsp, wonach die Zustimmung zur Vornahme der Versicherung an sich ausreicht, korrigieren und die Rechtslage insofern ändern wollte, lässt sich den Materialien nicht entnehmen. Die geänderte Formulierung lässt sich vielmehr zwanglos darauf zurückführen, dass die Zustimmung der (nunmehr einfachen) Mehrheit nicht nur bei Abschluss, sondern auch bei Erneuerung oder Änderung der betreffenden Verträge vorliegen muss.

Überdies besteht auch keine Gefahr der Blankozustimmung zu unangemessenen Vertragsbedingungen, als § 21 Abs 1 Z 6 MRG (wie auch Z 4 und 5) nur die Kosten einer "angemessenen Versicherung" als Betriebskosten anerkennt.


Verzicht auf Investitionskostenersatz

"Der Mieter verzichtet hinsichtlich der Investitionen auf jeden über § 10 MRG hinausgehenden Ersatzanspruch; ausgenommen davon sind Ansprüche für Aufwendungen, die gemäß § 3 MRG der Vermieter hätte vornehmen müssen (§ 1036 ABGB)."

Der Mieter verzichtet durch die Klausel auf jeden weiteren, insb auf den in § 1097 iVm § 1037 ABGB geregelten Ersatz des Bestandnehmers für nützlichen Aufwand. Diese Regelungen sind - auch im Vorhinein - dispositiv. Der OGH sieht keinen Anlass von 6 Ob 181/17m abzugehen, in der eine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB verneint wurde, da der Zustand des Objekts im Bestandzins eingepreist werde und der Vermieter die Vornahme der Aufwendungen auch überhaupt untersagen könne, der bloße Ausschluss von Aufwandsersatz hinter dieser Möglichkeit aber zurückbleibe.


Überwälzung der Mietvertragsgebühr
"Die mit dem Abschluss des Mietvertrages entstehenden rechtsgeschäftlichen Gebühren gemäß Gebührengesetz in der Höhe von voraussichtlich Euro ... trägt der Mieter."

Mit 11.11.2017 (BGBl I Nr 147/2017) und damit vor Schluss der Verhandlung erster Instanz wurde § 33 GebG dahingehend geändert, dass Verträge über die Miete von Wohnräumen gebührenfrei sind (§ 33 TP 5 Abs 4 Z 1 lit c). Insofern liegt bezogen auf die geltende Rechtslage in der Klausel, die den Mieter also bloß zur Tragung nicht anfallender Gebühren verpflichtet, keine gröbliche Benachteiligung iSd § 879 Abs 3 ABGB. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich die Unterlassung der Empfehlung der inkriminierten Klauseln, nicht etwa deren Verwendung oder das Sich-darauf-Berufen im Rahmen bereits abgeschlossener Verträge. Insofern ist nicht relevant, ob derartige Klauseln in der Vergangenheit vereinbart werden konnten.

OGH 25.4.2019, 6 Ob 226/18f

Das Urteil im Volltext.

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