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Urteil: LG Graz zum Rücktrittsrecht nach § 30a KSchG

Der Begriff "am selben Tag" in § 30a KSchG ist im Sinn von 24 Stunden auszulegen, damit der Verbraucher vor Überrumpelung ausreichend geschützt ist.

Ein Konsument suchte eine Mietwohnung in Graz und besichtigte auf Grund eines Inserates am 31.7.2002 um 17.00 Uhr ein von einem Immobilienmakler vermitteltes Mietobjekt. Nach der Besichtigung besprach sich der Konsument mit seiner Frau und teilte dann dem Makler telefonisch noch am selben Tag mit, dass er das Objekt anmieten möchte. Seitens des Maklers wurde darauf hingewiesen, dass für die Gültigkeit des Anbotes die Abgabe eines schriftlichen Anbotes notwendig ist. Daher faxte der Konsument am 1.8.2002 um 00.54 sein Mietanbot an den Makler. In der Folge erhielt der Konsument die Nachricht, dass sein Vater schwer erkrankt war, weshalb es ihm nicht möglich war, nach Graz zu ziehen. Der Konsument widerrief daher am 2.8.2002 um 00.58 Uhr sein Mietanbot. Der Makler stellte daraufhin eine Stornoprovision in Höhe von € 876,-- in Rechnung und klagte diese in der Folge ein.

Bereits das BG Hartberg hatte festgehalten, dass der Begriff "am selben Tag" im Sinn von 24 Stunden zu verstehen ist. Das LG Graz wies eine rein wörtliche Interpretation des § 30a KSchG zurück und bestätigte das Urteil des BG Hartberg.

Dabei ist nach dem LG Graz zu berücksichtigen, dass das KSchG den Schutz des Verbrauchers im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit professionellen Anbietern bezweckt. In der Regierungsvorlage zu
§ 30a KSchG wird dabei besonders der Schutz vor einer Überrumpelungsgefahr bei der Besichtigung von Immobilien angeführt. Dabei wird auch festgehalten, dass Immobiliengeschäfte dadurch gekennzeichnet sind, dass alle positiven und negativen Umstände erst nach der Besichtigung beurteilt werden können. Wenngleich die Formulierung des Gesetzes nahe legt, vom Kalendertag auszugehen, ist daher nach dem LG Graz auch an einen Zeitraum von 24 Stunden ab dem Ende des Besichtigungstermins zu denken. Ein derartiger Zeitraum würde auch bei einer Nachmittags- oder Abendbesichtigung ausreichend Zeit für eine angemessene Überlegungsfrist sicherstellen und damit eine Überrumpelung vermeiden.

Der Rücktritt des Verbrauchers war somit berechtigt, das Klagebegehren des Maklers auf Zahlung der Stornoprovision wurde abgewiesen.

LG Graz 16.6.2003,
6 R 126/03y
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Klagevertreter: Dr. Michael Drexel, RA in Graz

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