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Urteil: OGH verneint Thermen-Erhaltung durch Vermieter im Vollanwendungsbereich des MRG

In einem im Auftrag des BMASK geführten Musterprozess hat der OGH nun entschieden, dass die in § 1096 ABGB normierte Erhaltungspflicht des Vermieters im Vollanwendungsbereich des MRG nicht anwendbar ist. § 3 MRG regele die (eingeschränkte) Erhaltungspflicht des Vermieters abschließend.

Die Konsumentin mietete im Jahr 1981 von der beklagten Siedlungsgenossenschaft eine Wohnung zu Wohnzwecken an. Im Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung war eine neue Therme vorhanden. Trotz regelmäßiger Wartung und der Durchführung von Reparaturen auf Kosten der Mieterin war die Therme nach 21 Jahren erneuerungsbedürftig. Für die Anschaffung und Montage der neuen Therme zahlte die Mieterin € 3.502,12. Der Anspruch der Mieterin auf Ersatz durch den Vermieter wurde an den VKI abgetreten und der Vermieter - im Auftrag des BMASK - bei aufrechtem Mietverhältnis auf Rückzahlung der Kosten für die Therme geklagt.

Gegenstand dieses Musterprozesses war im Wesentlichen die Frage, ob den Vermieter ausgehend von den beiden sogenannten "Klauselentscheidungen" (in Verbandsklagen der AK) 7 Ob 78/06f und 1 Ob 241/06g, im Vollanwendungsbereich des MRG die  Erhaltungspflicht für die Therme über § 3 MRG bzw 14a WGG hinaus nach § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB trifft. Nach dieser Bestimmung ist der Vermieter verpflichtet, das Bestandobjekt auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu übergeben und zu erhalten. In den beiden Klauselentscheidungen hatte der OGH ausgesprochen, dass § 1096 ABGB als Gewährleistungsbestimmung besonderer Art für Bestandverhältnisse bei Verbrauchergeschäften wegen § 9 KSchG auch im Vollanwendungsbereich des MRG nicht ausgeschlossen werden könne.

Das Erst- wie auch das Berufungsbericht wiesen den Anspruch auf Rückzahlung ab.

Der OGH hatte nach seinen Worten die Intention, diese bislang von der Lehre und Rechtsprechung kontroversiell behandelte Rechtsfrage nun mit der erforderlichen Deutlichkeit zu klären.Die beiden Klauselentscheidungen hätten die Fragen der gesetzlichen Regelung der Erhaltungspflicht nicht unmittelbar geklärt, sie hätten die Fragen der Zulässigkeit vertraglicher Auferlegung von Erhaltungspflichten an den Mieter zum Gegenstand gehabt.

Der OGH gab der Revision des VKI nicht Folge. Zunächst scheine zwar der Gedanke nahe, dass jenem Mieter, dem vom Gesetzgeber durch das MRG der umfangreichste Zins- und Kündigungsschutz eingeräumt wird, auch hinsichtlich seines Erhaltungsanspruches die höchstmögliche Garantie zustehen solle, weswegen dem Mieter nicht nur die im MRG bzw WGG normierten Ansprüche zukommen sollen, sondern darüber hinaus auch noch jene des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB. Dieses Verständnis übersehe aber den historisch und systematisch begründbaren untrennbaren synallagmatischen Zusammenhang zwischen der Mietzinsbildung einerseits und dem Umfang der Erhaltungspflichten des Vermieters andererseits.

Dazu sei zunächst auf § 6 Abs 4 MG zurückzugreifen, der eine dispositive Anwendbarkeit von § 1096 ABGB im Fall völlig freier Mietzinsbildung zuließ. Bei Mietgegenständen, die den damaligen Zinsbildungsbestimmungen des MG unterlagen, sei die Bestimmung des § 1096 ABGB insoweit eingeschränkt gewesen, als der Vermieter in diesen Fällen durch § 6 MG nur insoweit zur Vornahme von Erhaltungsarbeiten im Inneren eines Objektes verpflichtet gewesen sei, als es sich um ernste Schäden des Hauses handelte.

Die Entstehungsgeschichte des § 3 MRG zeige, dass die Neuordnung des Mietrechts in der Erhaltungsfrage denselben Grundsätzen folge wie die Rechtsvorgängerbestimmung des MG. Dies werde durch die ErlBem zu § 3 MRG der Stammfassung des MRG deutlich, wonach "in Übereinstimmung mit § 6 MG die in den einzelnen Mietgegenständen vorzunehmenden Arbeiten auf die Behebung ernster Schäden beschränkt werden." (425 BlgNR 15. GP).

Nach einem in dieser Weise vertieften Verständnis der Absicht des historischen Gesetzgebers führe die Wortinterpretation des § 3 MRG zu einem eindeutigen Ergebnis. § 3 Abs 1 MRG regle die Erhaltungspflicht des Vermieters, wobei für die Mietgegenstände eine Erhaltung im jeweils ortsüblichen Standard normiert werde, die dann in Abs 2 durch die Einleitung:" Die Erhaltung im Sinn des Abs 1 umfasst" eine vollständige Definition erfahre. Abs 2 Z 2 le cit schränke sie auf jene Arbeiten ein, die zur Behebung ernster Schäden des Hauses und der Beseitigung einer Gesundheitsgefährdung erforderlich seien. § 3 Abs 1 letzter Satz MRG, wonach "im Übrigen § 1096 ABGB unberührt bleibe" reduziere eindeutig den Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf einen Inhalt, soweit er nicht die Erhaltung regle. Denn die Erhaltung sei von der Bestimmung des § 3 MRG vollständig erfasst. Eine subsidiäre Geltung des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB hinsichtlich Erhaltungspflichten sei damit aufgrund der Systematik und des Wortlauts des § 3 MRG auszuschließen. § 3 MRG sei eine Spezialnorm, die aber im Bereich der Erhaltung eine vollständige und andere Regelung träfe als die dadurch partiell verdrängte Generalnorm des § 1096 ABGB.

Diese Auslegung werde durch die Systematik des MRG sowohl in seiner Urfassung als auch in verschiedenen Novellen indirekt bekräftigt. Der Gesetzgeber hätte sonst nicht die in § 20 Abs 1 Z 2 MRG aufgezählten anrechenbaren Ausgaben einer Hauptmietzinsabrechnung auf die Kosten der ordnungsgemäßen Erhaltung nach § 3 MRG beschränkt. Bei anderer Sicht müsse dem Gesetzgeber unterstellt werden, er habe den Vermieter trotz der Beschränkung zulässiger Mietzinsvereinbarungen mit Erhaltungskosten belasten wollen, die aus seinem Privatvermögen zu decken wären.

Mit der 3. WÄG sei dem Vermieter gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG idF des 3. WÄG bei Übernahme der Verpflichtung zur Erhaltung einer von ihm errichteten oder bezahlten Etagenheizung ein Zuschlag zum Richtwertmietzins zugestanden worden. Die Honorierung einer den Vermieter aber ohnehin treffenden Pflicht durch einen Zuschlag zum Richtwertmietzins lasse indirekt des systemgerechten Schluss auf die Richtigkeit der vom erkennenden Senat vertretenen Ansicht zu.

Mit der WRN 2006 sei dem Mieter in § 10 Abs 3 Z 1 MRG ein durch die Benützungszeit abgewerteter Ersatzanspruch für eine bei Beginn des Mietverhältnisses vorhandene, aber schadhaft gewordene Therme eingeräumt worden. Diese Regelung sei weitgehend wertlos und systemwidrig, wenn dem Mieter, der solche Arbeiten selbst vornähme ohnedies ein sofort fälliger Ersatzanspruch in voller Höhe gemäß § 1097, 1036 ABGB zustünde. Indirekt aber systemgerecht werde auch damit die dargestellte Auslegung des § 3 MRG bekräftigt. In Klammerausdruck hielt der OGH dazu fest, dass die Regelung nur insoweit systemwidrig erscheine, als § 10 MRG ansonsten nur Verbesserungen für ersatzfähig erklärte, nicht aber Erhaltungsarbeiten.

Damit schloss sich der OGH den Lehrmeinungen an (grundlegend seien die Ausführungen von Würth), wonach im Vollanwendungsbereich des MRG die Erhaltungspflicht des Vermieters in § 3 MRG abschließend geregelt ist, sodass insoweit eine subsidiäre Anwendung des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB zu verneinen ist.

Das Argument der Revisionswerberin, dass durch die Einschränkung der Erhaltungspflicht des Vermieters im Inneren des Bestandobjektes die Äquivalenz der wechselseitigen Leistungen der Vertragspartner nur für die Übergabezeitpunkt bejaht, für den Lauf des Dauerschuldverhältnisses jedoch verlassen würde, überzeuge nicht. (Anm. § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB sieht vor, dass der Vermieter das Mietobjekt in brauchbarem Zustand zu erhalten hat). § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB (Anm. das Zinsminderungsrecht) gelte nämlich - als von § 3 MRG unberührt -  auch im Vollanwendungsbereich des MRG. Werde ein Bestandobjekt während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht tauge (was etwa in kalter Jahreszeit anzunehmen sei, wenn eine bei Übergabe mit einer funktionierenden Heizanlage ausgestattete Mietwohnung unbeheizbar werde), sei der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Die Brauchbarkeit des Bestandobjekts sei daher dem Mieter für die gesamte Dauer der Bestandzeit mit dem Druckmittel der Mietzinsminderung ohnehin zu gewährleisten.

OGH, 24.3.2009, 5 Ob 17/09z
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Klagevertreter: Dr. Walter Reichholf, RA in Wien

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