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Urteil: OGH zum Rücktrittsrecht bei Immobiliengeschäften

Der OGH hält fest, dass es für die Anwendbarkeit des § 30a KSchG darauf ankommt, dass die erstmalige Besichtigung durch den Erwerber erfolgt. Eine vorherige Besichtigung durch die Ehegattin muss sich der Erwerber nicht zurechnen lassen. Ein weiterer Erfolg in einem VKI Musterprozess (im Auftrag des BMJ).

Ein Ehepaar wollte eine größere Wohnung beziehen. Es war vereinbart, dass die Ehefrau interessante Wohnungen vorerst allein besichtigen sollte, da der Ehemann viel auf Reisen war. Da eine besichtigte Wohnung gut gefiel, besichtigte der Ehemann 2 Tage nach der ersten Besichtigung durch seine Frau die Wohnung selbst. Nach dieser Besichtigung fuhr das Ehepaar in das Büro des Verkäufers und unterzeichnete dort gemeinsam eine Urkunde, worin die Wohnung verbindlich erworben werden sollte. In der Urkunde war ein Reugeld in Höhe von 10 % für den Fall eines Vertragsrücktritts vereinbart. In der Folge trat das Ehepaar nach § 30a KSchG vom Vertrag zurück.

Klagbegehren abgewiesen

Der Verkäufer klagte das Reugeld in Höhe von € 13.008,44 ein. Vom VKI wurde die Ausfallhaftung für das Verfahren übernommen. Erste und zweite Instanz wiesen das Klagebegehren ab.

Der OGH hielt fest, dass sich das Rücktrittsrecht nach § 30a KSchG auf die typischerweise vorhandene Gefahr der Überrumpelung gründet, wenn dem an der Wohnung interessierten Verbraucher die Entscheidung über den Vertragsabschluss sofort bei der ersten Besichtigung abverlangt wird. Dabei ist es evident, dass die Regelung auf eine persönliche Besichtigung durch den späteren Erwerber und nicht durch einen Dritten abstellt, weil nur dabei ein vollständiger Eindruck gewonnen werden kann. Auch noch so detaillierte Schilderungen eines Dritten können in aller Regel einen persönlichen Augenschein nicht ersetzen. Auch bei einer Vorbesichtigung durch eine Vertrauensperson besteht die Gefahr einer Überrumpelung, da der persönlichen Eindruck der einzelnen Komponenten (Lage, Ausstattung, Preis etc.) maßgeblich ist. Daher muss sich der Erwerber eine frühere Besichtigung durch einen Dritten (in diesem durch die Ehegattin) nicht zurechnen lassen. Der Ehemann sei daher wirksam zurückgetreten. Da für beide Streitteile klar gewesen war, dass ein Kaufvertrag entweder nur mit beiden Ehegatten oder aber gar nicht zustande kommen kann, erfasst die Vertragsauflösung durch den Ehemann das gesamte Vertragsverhältnis. Der Revision des Verkäufers wurde daher nicht Folge gegeben.

OGH 19.9.2002, 3 Ob 22/02k
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Klagevertreter: Dr. Benedikt Wallner

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