Zum Inhalt

Urteil: OGH zum Rücktrittsrecht von Immobiliengeschäften

§ 30a KSchG gewährt ein Rücktrittsrecht bei Immobiliengeschäften, wenn der Verbraucher am selben Tag der erstmaligen Besichtigung des Vertragsobjekts die Vertragserklärung unterzeichnet. Nach dem OGH gebietet die Interpretation dieser Bestimmung nach Wortlaut und Zweck und unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters eine grundsätzlich restriktive Auslegung im Sinne des Kalendertages.

Die beklagte Partei interessierte sich für ein Einfamilienhaus. Sie nahm daher Kontakt mit dem klagenden Immobilienmakler auf. Der erste Besichtigungstermin fand am 24.10.2007 um 16 Uhr statt. Vor Unterzeichnung des Kaufanbots wurde die Beklagte vom Immobilienmakler belehrt, besprach eine Finanzierungsmöglichkeit mit der Bank des Verkäufers, besichtigte das Kaufobjekt neuerlich, erzielte dabei eine Preisreduktion und unterzeichnete schließlich am 25.10.2007 gegen 10 Uhr das Kaufanbot und die Provisionsvereinbarung. Am 27.10.2007 trat der Ehemann der Beklagten in deren Namen - offenbar mangels Finanzierbarkeit -  telefonisch vom Kaufanbot zurück. Die erste Besichtigung des Kaufobjekts und die Unterzeichnung des Kaufanbots erfolgte daher mit einem Tagwechsel aber innerhalb vom 24 Stunden.

Mit gegenständlicher Klage forderte der Immobilienmakler sein Honorar in Höhe von € 17.640,00 mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Vertragserklärung erst am Tag nach der Besichtigung abgegeben, weshalb ihr das Rücktrittsrecht nach § 30a KSchG nicht zustehe. Die Beklagte wandte ein, zwischen erstmaliger Besichtigung und Unterfertigung des Kaufanbots seien keine 24 Stunden vergangen, ein Tagwechsel bringe das Rücktrittsrecht nach § 30a KSchG nicht zum Erlöschen, weil sie bei Abgabe der Willenserklärung noch im unmittelbaren Eindruck der erstmaligen Besichtigung gestanden sei.

Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen und sprach dem klagenden Immobilienmakler die Käuferprovision in Höhe von € 8.820,00 zu. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. § 30a KSchG sei dahin auszulegen ist, dass unter dem Begriff "am selben Tag" grundsätzlich der Kalendertag der erstmaligen persönlichen Besichtigung des Kaufobjekts und der Abgabe der Vertragserklärung zu verstehen sei.

§ 30a KSchG verfolge das Ziel den Verbraucher vor einer überstürzten und nicht ausreichend durchdachten Entscheidung zu schützen und ihm daher eine gewisse Bedenkzeit für seine Vertragsentscheidung einräumen. Trotz der teilweise im Schriftentum vertretenen Ansicht, es gelte ein Zeitraum von 24 Stunden, gebiete der Wortlaut, Zweck und Ausnahmecharakter der Bestimmung eine Auslegung dahingehend, dass unter dem Begriff "am selben Tag" grundsätzlich der Kalendertag zu verstehen ist.

Nur in ganz besonderen Fällen komme ausnahmeweise ein Rücktrittsrecht gemäß § 30a KSchG in Betracht, wenn die Vertragserklärung erst einen Tag nach der erstmaligen Besichtigung abgegeben wird, der Verbraucher jedoch aufgrund besonderer Umstände keine Gelegenheit hatte, zwischen Besichtigung und Vertragserklärung die Vor- und Nachteile des Geschäfts abzuwägen. Der OGH nennt hier den Fall, dass die Besichtigung in den späten Abendstunden stattgefunden hat und der Verbraucher die daran anschließende Vertragserklärung erst nach Mitternacht abgegeben hat.

Ein solcher Ausnahmefall liege aber hier ohne Zweifel nicht vor. Hinweise auf eine mögliche Überrumpelung der Beklagten durch den Vertragspartner, die es ihr trotz mittlerweile erfolgtem Tagwechsel beträchtlich erschwert hätten, Vor- und Nachteile des Geschäftes gegeneinander abzuwägen, ließen sich aus dem Sachverhalt nicht entnehmen. Die Revision sei daher nicht berechtigt.

OGH 12.05.2009, 4 Ob 45/09k

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Urteil: 48 unzulässige Klauseln in Mietverträgen der Neubau Projektmanagement GmbH

Der VKI hat - im Auftrag des Sozialministeriums - die Neubau Projekt Management GmbH wegen insgesamt 48 unzulässiger Klauseln in einem Mietvertragsformblatt abgemahnt. Da die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde, hat der VKI Klage eingebracht. Das HG Wien erklärte alle 48 Klauseln für unzulässig. Im anschließenden Berufungsverfahren ging es allein um das Veröffentlichungsbegehren und nicht mehr inhaltlich um die Klauseln.

Urteil: Gewährleistung bei Schimmel in Wohnung

Einem Wohnungskäufer ist es unzumutbar, die Raumtemperatur durch Beheizung der Wohnung selbst im Sommer vorsorglich so warm zu halten, dass es nicht zu einer Schimmelbildung kommt.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang