Das OLG Wien erklärte folgende Preisanpassungsklausel für unzulässig:
"Weiters behält sich EVN Energievertrieb Preisänderungen im Wege einer Änderungskündigung vor. Die Preisänderungen werden dem Kunden durch ein individuell adressiertes Schreiben oder auf dessen Wunsch elektronisch mitgeteilt. Sofern der Kunde den Änderungen nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zugang der Preisänderungserklärung schriftlich widerspricht, werden nach Ablauf dieser Frist die Änderungen zu dem von EVN Energievertrieb mitgeteilten Zeitpunkt, der nicht vor dem Zeitpunkt der Versendung der Preisänderungserklärung liegen darf für die bestehenden Verträge wirksam. Widerspricht der Kunde den Änderungen binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang der Preisänderungserklärung schriftlich, endet der Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten, gerechnet ab Zugang der Preisänderungserklärung, zum Monatsletzten. Der Kunde ist auf die Bedeutung seines Verhaltens sowie die eintretenden Folgen im Rahmen der Preisänderungserklärung besonders hinzuweisen."
Wie das OLG Wien ausführt, sehen § 80 Abs 2 ElWOG sowie § 125 Abs 2 GWG kein gesetzliches, einseitiges Vertragsänderungsrecht vor, sondern skizzieren nur das formale Prozedere bei nachträglicher (einvernehmlicher) Änderung von AGB und treffen keine Aussagen über die inhaltliche Zulässigkeit von nachträglichen Adaptierungen.
Das OLG Wien weist darauf hin, dass eine die Verknüpfung einer in AGB enthaltenen, mit einer Zustimmungsfiktion verbundenen Preisanpassungsklausel mit einer Änderungskündigung nicht dazu führt, dass die Preisanpassungsmöglichkeit nicht mehr an den Voraussetzungen des § 6 Abs 3 KSchG zu messen wäre. Auch die Vereinbarung bzw der bereits in AGB enthaltene Ausspruch einer Änderungskündigung kommt nur dann in Betracht, wenn die Klausel bzw die beabsichtigte Vertragsänderung, die der Anlass für die Änderungskündigung ist, den gesetzlichen Vorgaben des ABGB bzw KSchG entspricht (vgl zum Änderungsvorschlag betreffend eine Girokontoverbindung: 9 Ob 16/18w), weil es der Verwender von AGB andernfalls in der Hand hätte, durch den bereits in AGB enthaltenen Ausspruch einer Änderungskündigung sonst in AGB unzulässige Vertragsänderungen vornehmen zu können.
Das OLG Wien hat daher geprüft, ob die Klausel, die den Anlass für die Änderungskündigung regelt, den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Anlass für die in den AGB vorgesehene Änderungskündigung ist eine Preisanpassung im Wege einer Zustimmungsfiktion.
Auch wenn die inkriminierte Klausel den formalen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entspricht, ist ihre Zulässigkeit dennoch - wie das OLG Wien ausführt - nach § 6 Abs 3 KSchG zu prüfen:
Die im kundenfeindlichsten Sinn auszulegende Klausel lässt über eine Zustimmungsfiktion Änderungen der vom Kunden zu erbringenden Hauptleistung nach Inhalt und Ausmaß nahezu unbeschränkt zu. Es besteht daher die Möglichkeit, das Äquivalenzverhältnis über eine Zustimmungsfiktion erheblich zugunsten der EVN zu verschieben, ohne dass die dafür maßgeblichen Voraussetzungen erklärt würden. Im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit muss der Verbraucher aber von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Umstände für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden, andernfalls die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar bleiben. Nur auf diese Weise kann dem Risiko der künftigen Passivität des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen werden (9 Ob 73/17a = VbR 2018, 194 = Zak 2018, 276).
Wie das OLG Wien darlegt, werden die die für die Preisänderung maßgeblichen Umstände nicht offen gelegt und eine Änderung unbeschränkt ermöglicht. Die vom VKI beanstandete Klausel wurde daher vom OLG Wien für unzulässig erklärt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die ordentliche Revision wurde zugelassen und erhoben.
OLG Wien 17.04.2019, 2 R 39/19y
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien