Der Kläger schloss mit der Erst- bzw Zweitbeklagten (idF die Beklagten) in den Jahren 1981,1995 und 1999 für verschiedene Wohnobjekte Gasbezugsverträge. Die vom Kläger bezogenen Gasmengen wurden mittels Gaszählern in Kubikmetern gemessen. Der Kubikmeterpreis errechnete sich in der Form, dass die in Kubikmeter gemessene Gasmenge mit einem Verrechnungsbrennwert und anschließend mit einem Arbeitspreis multipliziert wird.
Für den Verrechnungsbrennwert wurden ab Beginn bis zur Liberalisierung des Gasmarktes und der verbindlichen Festsetzung der Parameter durch die E-Controll-Kommission ab 1.1.2003 folgende Parameter herangezogen: für den Luftdruck 978 mbar basierend auf einer Meereshöhe von 315m, für die Gastemperatur im Zähler 6 Grad Celsius, für den Brennwert 11,07 kWh/m³ und für den Zählerdruck 22 mbar. Dadurch berechneten die beklagten Parteien den Verrechnungsbrennwert mit 10,7 kWh/m³, wie zahlreiche andere österreichische Gasunternehmen auch. Diese Berechnung entsprach der Empfehlung des Fachverbandes von 1986. Nach der Empfehlung sollte ein einheitlicher Verrechnungsbrennwert mit 10,7 kWh/m³ angenommen werden, welchem ua eine Gastemperatur von 6 Grad Celsius und eine durchschnittliche Seehöhe der Versorgungsgebiete zwischen 200 und 450m zugrunde liegt.
Den Beklagten war aber bekannt, dass Innsbruck auf einer Meereshöhe von 575m liegt und dass in Deutschland seit 1993 der Parameter 11 Grad Celsius verwendet wurde, weil 6 Grad Celsius nicht annähernd einem naturwissenschaftlich exakten Wert entsprach. Obwohl daher Mitarbeitern und dem Vorstand der Beklagten bekannt und bewusst war, dass falsche physikalische Größen als Parameter zur Berechnung des Verbrennungswertes herangezogen wurden, stellten sie den Kunden gegenüber den Wert von 10,7 kWh/m³ als physikalische Größe dar. Erst ab 1.1.2003 wurde den Kunden mitgeteilt, dass die Höhenlage von Innsbruck entsprechend berücksichtigt wird.
Dem Kläger wurden alle Änderungen der AGB und der Tarife mitgeteilt und hatte er alle Rechnungen in der vorgeschriebenen Höhe bezahlt. Erstmals mit Schreiben vom 11.10.2005 teilte der Kläger mit, dass er die Änderung der Erdgaspreise nicht anerkenne. Anfang 2006 erfuhr der Kläger von einem Mitarbeiter der Beklagten von der Anwendung der falschen Parameter durch die Beklagten. Aufgrund der Berechnung mit falschen Parametern für Seehöhe und Temperatur hat der Kläger nach seiner Berechnung bis zur Verordnung der E-Controll ab 1.1.2003 um den Klagsbetrag zuviel bezahlt. Er stützte sein Rückzahlungsbegehren in erster Linie auf Irrtum.
Das BG Innsbruck stellte nun im zweiten Rechtsgang in rechtlicher Hinsicht fest, dass eine erfolgreich Irrtumsanfechtung voraussetze, dass der Irrtum durch den anderen Vertragspartner veranlasst wurde, wofür ein objektives Bestehen des Irrtums und ein für die Entstehung des Irrtums ursächliches Verhalten des Vertragspartners reiche. Der Kläger habe sich bis Anfang 2006 aufgrund des Glaubens, dass physikalisch richtig gerechnet wurde, im Irrtum befunden. Der Irrtum sei durch die Tarifinformationen, wonach der Verrechnungsbrennwert 10.7 betrage bis zur gesetzlichen Festsetzung des Verrechnungsbrennwertes durch die E-Controll ab 2003 von den Beklagten veranlasst gewesen. Für die Zeit davor sei sowohl den Mitarbeitern wie auch dem Vorstand klar gewesen dass die Parameter insbesondere für die Seehöhe und die Celsius zum Nachteil der Kunden festgesetzt wurden.
Dass die exakt bekannte Größe Seehöhe von Innsbruck bewusst falsch eingesetzt wurde und damit naturgemäß zu einem falsch berechneten Verrechnungsbrennwert geführt habe, führe zum Ergebnis, dass der Beklagten Täuschung angelastet werden müsse. Es sei rechtswidrig, das vorgespiegelt wurde, dass man eine richtige physikalische Größe bei der Tarifgestaltung herangezogen habe und es liege zumindest dolus eventualis vor, weil die Tatsache der falschen Parameter bekannt gewesen sei. Die Beklagten hätten daher den Kläger durch die Festsetzung eines aufgrund objektiv unrichtiger Parameter berechneten Verrechnungsbrennwertes vor dem Jahr 2003 in Irrtum geführt. Diesbezüglich sei den Beklagten Arglist vorzuwerfen. Daher liege auch keine Verjährung vor, weil dieser Anfrechtungsgrund in AGB nicht verkürzt werden könne und eine solche Bestimmung sittenwidrig iSd § 879 ABGB anzusehen wäre.
Der Einwand der Beklagten, dass bei einer anderen Berechnung des Verbrennungswertes eben ein höherer Arbeitspreis zugrunde gelegt worden wäre gehe ins Leere, weil eben den Kunden gegenüber der Eindruck erweckt wurde, bei einem bestimmten Arbeitspreis unter Heranziehung der physikalischen Größe "Verbrennungswert" einen bestimmten Betrag für die gelieferte Gasenergie zahlen zu müssen. Darüber hinaus sei auch ein Vergleich mit anderen Brennstoffen wie Erdöl oder Holz durch den falsch angesetzten Verbrennungswert für den Kunden verzerrt, und zwar zum Vorteil für Gaslieferanten. Es wäre den Beklagten freigestanden, unter Einsetzen der richtigen Parameter bei einem niedrigeren Verbrennungswert einen höheren Arbeitspreis zu verrechnen. Das hätten sie nicht getan,sondern die Kunden hinsichtlich der Richtigkeit des Wertes getäuscht.
Die Höhe des dem Kläger zugesprochenen Betrages von € 1.100,00 sei gemäß § 273 ZPO festzusetzen gewesen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
BG Innsbruck 12.3.2010, 18 C 344/06s
Kläger und Klagevertreter: Dr. Thaddäus Schäfer, RA in Innsbruck