Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - fünf Sammelklagen (rund 2500 Geschädigte und rund 40 Mio Streitwert) wegen "systematischer Fehlberatung" gegen den AWD. Der AWD hat die Klagslegitimation des VKI bestritten, weil die Finanzierung der Klagen gegen Erfolgsquote durch den deutschen Prozessfinanzierer FORIS AG gegen das gesetzliche Verbot der "Quota Litis" (Erfolgsquote) verstoßen würde. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) lehnt diesen Einwand ab. Das genannte gesetzliche Verbot betreffe nur "Rechtsfreunde", insbesondere Rechtsanwälte; Prozessfinanzierer sind keine "Rechtsfreunde" und fallen - bei Vereinbarung von Erfolgsquoten - daher nicht unter das Verbot. Der AWD hat bereits Berufung angekündigt.
Der VKI hat - vor nunmehr rund zweieinhalb Jahren - die erste von fünf Sammelklagen gegen den AWD eingebracht. Rund 2500 Geschädigte werfen dem AWD vor, beim Erwerb von Immofinanz- und Immoeast-Aktien falsch beraten worden zu sein. Der AWD setzte auf Verzögerung: Die Sammelklagen seien nicht zulässig. Nach Monaten der Prozessführung war dann klar: Alle Richter sahen die Sammelklage sehr wohl als zulässig an.
Der nächste Einwand des AWD: Der VKI dürfe nicht klagen, weil die Vereinbarung einer Erfolgsquote für den Prozessfinanzierer gegen das gesetzliche Verbot der "quota litis" verstoße und die Nichtigkeit dieser Vereinbarung auch die Abtretungen an den VKI unwirksam machen würden. Diese Argumentation hat das HG Wien nunmehr in einem umfassend begründeten Urteil auch verworfen. Der Prozessfinanzierer ist kein "Rechtsfreund" im Sinn des Gesetzes; die Vereinbarung einer Erfolgsquote ist daher zulässig.
Das Gericht hielt überdies fest, dass selbst, wenn man von einem Verbot ausginge, sich nur die Vertragspartner darauf berufen können, nicht aber Dritte. Der AWD als Beklagter kann daher keinesfalls diesen Einwand erheben.
Die Klagen des VKI sind also auch aus dieser Sicht zulässig. Allerdings hat der AWD bereits Berufung angemeldet und es ist zu erwarten, dass diese Frage letztlich an den Obersten Gerichtshof herangetragen wird. Das dauert weitere Monate - eine Verzögerung, auf die der AWD seit Prozessbeginn setzt, um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der "systematischen Fehlberatung" hinauszuzögern.
Das HG Wien regt aber auch beim Gesetzgeber an, das Verbot der "quota litis" klarzustellen.
"Dieses Urteil ist nicht nur für die Sammelklagen gegen den AWD von wesentlicher Bedeutung, sondern für die Sammelklagen des VKI überhaupt", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Unsere Sammelklagen sind - wegen der Prozessfinanzierung - ein wichtiges Angebot an die Mehrzahl der Geschädigten von Massenschäden, ihre Ansprüche ohne Prozesskostenrisiko geltend zu machen. Nur aufgrund dieser Konstruktion können es sich viele leisten, ihre Ansprüche nicht aufzugeben, sondern weiterzuverfolgen. Damit hat dieses Instrument auch einen sehr wesentlichen Effekt in der Prävention von gesetzwidrigen Methoden; diese sollen sich nicht auszahlen, weil die Rückforderung droht."
HG Wien 7.12.2011, 47 Cg 77/10s
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Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, Brauneis, Klauser & Prändl RA GmbH in Wien