Zum Inhalt

Ablehnung der Rechtsschutzdeckung für Passivprozess

Das vom Versicherungsnehmer in einem gegen ihn geführten Passivprozess bestrittene Klagsvorbringen ist in der Rechtsschutzversicherung für die Beurteilung, wann der Versicherungsfall eingetreten ist, zu berücksichtigen.

Die Klägerin begehrte Rechtsschutzdeckung aus einer seit 20.9.2013 wirksamen Rechtsschutzversicherung zur Abwehr eines gerichtlich geltend gemachten Räumungsanspruchs des Eigentümers wegen titelloser Nutzung, dh für einen Passivprozess. Der Kläger des zugrundeliegenden Prozesses (Bruder der Klägerin im Deckungsprozess) hatte in der Klage (eingebracht 17.6.2015) ua vorgebracht, dass er aufgrund eines Übergabsvertrages vom 24.5.2012 Alleineigentümer der betreffenden Liegenschaft sei und dass schon der 2010 verstorbene gemeinsame Vater der hier als Klägerin Auftretenden die Wohnungsinanspruchnahme untersagt hatte. Dem hielt die Klägerin insb entgegen, dass ihr ein Gebrauchsrecht zustehe, das erstmals durch die Klagsführung (dh ab 17.6.2015) bestritten worden sei. Nach Ansicht der Klägerin wäre daher die beklagte Rechtsschutzversicherung deckungspflichtig.

Der OGH sah dies anders und wies die Deckungsklage ab:

Das vom Versicherungsnehmer in einem gegen ihn geführten Passivprozess bestrittene Klagsvorbringen ist in der Rechtsschutzversicherung für die Beurteilung, wann der Versicherungsfall eingetreten ist zu berücksichtigen. Es kommt daher in einem solchen Passivprozess nicht allein auf das Prozessvorbringen des Beklagten an. Zu prüfen ist, ob nach den Klagsbehauptungen im Ausgangsverfahren der Versicherungsfall vor Beginn des Versicherungsverhältnisses eingetreten ist.

Bei Dauerverstößen - wie hier - beginnt der Versicherungsfall mit dem Eintritt des Zustands oder in dem Moment, in dem der Versicherungsnehmer oder sein Gegner die Möglichkeit erlangt, den Zustand zu beseitigen; der Zeitpunkt der Beseitigungsaufforderung ist irrelevant.

Die Klagsbehauptungen im Ausgangsverfahren werfen den Versicherten die titellose Benützung der Liegenschaft von Anbeginn oder eine solche nach Widerruf des Prekariums durch den Rechtsvorgänger vor.

Der der Rechtsschutzversicherten vorgeworfene Dauerverstoß der titellosen Benützung der Liegenschaft ist hier jedenfalls vor Beginn des Versicherungsverhältnisses am 20.9.2013 eingetreten. Die bekl Rechtsschutzversicherung kann sich daher zu Recht auf ihre Leistungsfreiheit infolge Vorvertraglichkeit berufen.

OGH 28.9.2016, 7 Ob 127/16a

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

OLG Wien: unzulässige Klausel eines Restschuldversicherers

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Verbandsverfahren geklagt. Es handelt sich um eine Klausel, wonach die Leistung im Falle der Arbeitsunfähigkeit erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (=Karenzzeit). Die Klausel, auf die sich der Versicherer auch im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren vom OLG Wien als unzulässig beurteilt, nachdem zuvor schon das HG Wien dem VKI recht gegeben hat. Das Urteil ist rechtskräftig.

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

VKI: Restschuldversicherer zahlt nach Klagseinbringung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC in einem Musterprozess geklagt. Eine Verbraucherin hatte für den Fall der Arbeitsunfähigkeit für einen Kreditvertrag eine Restschuldversicherung bei der CNP Santander Insurance Europe DAC abgeschlossen. Nachdem sie wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, zahlte der Versicherer nicht alle Kreditraten. Der Versicherer zahlte jedoch kurz nach der Klagseinbringung durch den VKI den gesamten Klagsbetrag. Die Klausel, auf die sich der Versicherer im Einzelfall berufen hat, um die Versicherungsleistung zu verweigern, wurde im Verbandsverfahren rechtskräftig für unzulässig erklärt.

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

47 Klauseln von Lyconet gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat – im Auftrag des Sozialministeriums – eine Verbandsklage gegen die Lyconet Austria GmbH (Lyconet) geführt. Lyconet, ein im Netzwerk-Marketing tätiges Unternehmen, vertrieb unter anderem das „Cashback World Programm“. Dabei handelt es sich um eine Einkaufsgemeinschaft, die es Mitgliedern ermöglichen sollte, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei Partnerunternehmen Vorteile zu erhalten. Gegenstand der Klage waren 47 Vertragsklauseln, die Bestandteil von Lyconet-Vereinbarungen und sogenannten Lyconet Compensation-Plänen waren. Diese wurden vom VKI unter anderem aufgrund zahlreicher intransparenter Regelungen und damit einhergehender Unklarheiten kritisiert. Nachdem bereits die Unterinstanzen alle beanstandeten 47 Klauseln als gesetzwidrig beurteilt hatten, erkannte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) sämtliche Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang