Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt - im Auftrag des österreichischen Konsumentenschutzministeriums - eine Sammelintervention für 73 Frauen aus Österreich, die durch Brustimplantate der französischen Firma PIP geschädigt wurden. Die Frauen haben sich über den VKI dem Strafverfahren gegen den Gründer und leitende Angestellte von PIP angeschlossen.
Der Strafprozess wegen Täuschung startet heute in Marseille und ist bis zum 17.5.2013 anberaumt. Drei österreichische Geschädigte verfolgen - zusammen mit VKI-Juristin Mag. Ulrike Wolf, die das Verfahren koordiniert, und mit Mag. Sigrid Preissl-Semmer aus Paris, die als Rechtsanwältin die geschädigten Österreicherinnen vertritt - vor Ort den Prozessauftakt. In Summe geht es für die österreichischen Geschädigten um rund 570.000 Euro.
Der Hersteller der Brustimplantate, die französische Firma Poly Implant Prothèse (PIP), verwendete Medienberichten zufolge für Implantate offenbar billiges Industriesilikon. Tausende Frauen weltweit sind nun mit den Konsequenzen konfrontiert: Geplatzte Implantate, Entzündungen, der vorsorgliche Austausch der Implantate, weitere Operationskosten, Schmerzen und auch Ängste vor Folgeschäden. Diese Schäden aus einem fehlerhaften Produkt könnten gegen den Hersteller geltend gemacht werden. Doch PIP ist insolvent und aus heutiger Sicht ist damit für die Betroffenen nichts zu holen.
Der VKI hat daher für 73 geschädigte österreichische Frauen den Anschluss an das Strafverfahren gegen den Gründer und vier leitende Angestellte der Firma PIP organisiert. Die Gruppe der Österreicherinnen ist die größte Gruppe von ausländischen Geschädigten im französischen Strafverfahren.
"Im Fall eines Schuldspruches hoffen wir, dass auch die Ansprüche der Privatbeteiligten zugesprochen werden. Sollten die Ansprüche nicht erfüllt werden können, besteht die Hoffnung, dass die Frauen aus einem entsprechenden Garantiefonds zumindest zum Teil entschädigt werden können", sagt VKI-Juristin Mag. Ulrike Wolf, die das Verfahren koordiniert.
Gleichzeitig führt der VKI rund 20 Musterprozesse gegen den französischen Haftpflichtversicherer von PIP, die Allianz Versicherung mit Sitz in Paris. Diese bestreitet die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages und die Zuständigkeit für Frauen außerhalb Frankreichs. Die Versicherung war bislang auch nicht dazu bereit, zumindest auf die Verjährung von möglichen Forderungen zu verzichten und damit eine für beide Seiten kostengünstige Klärung der Rechtsfragen zu ermöglichen.
"Es überrascht uns sehr, dass eine Versicherung ganz offensichtlich darauf setzt, dass sich geschädigte Frauen eine Klage in Frankreich nicht leisten können und daher auf ihre möglichen Ansprüche verzichten", sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.
"Der Schadensfall PIP ist ein weit über die Grenzen Frankreichs hinausgehender Massenschaden und die Regeln der Europäischen Union stehen auf dem Prüfstand, ob Geschädigte ihre Ansprüche auch tatsächlich über alle Grenzen hinweg durchsetzen können. Der VKI wird aber alles tun, dass keines der Opfer von möglichen Ansprüchen ausgeschlossen wird."