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Dienstleistungs-Richtlinie in Straßburg abgesegnet

Im heutigen (16.2.06) Plenum stimmten die EU-Abgeordneten unter anderem über das umstrittene Herkunftslandprinzip ab. Es sieht vor, dass Firmen, die in einem anderen Staat Dienstleistungen erbringen, dem Recht ihres Herkunftslandes unterliegen, was zu Verschlechterungen in dem Zielstaat führen kann, der derzeit noch strengere Maßstäbe anlegt.

Das Recht des Herkunftslandes gilt für den Zugang zu Dienstleistungstätigkeiten und deren Ausübung, insbesondere was die Anforderungen an Niederlassung, Tätigkeit und Verhalten der Dienstleister betrifft, aber auch die Qualität oder den Inhalt der Dienstleistung, sowie allfällige Normen und Zertifizierungen.

Aufgrund massiver Kritik am ursprünglichen Entwurf strich der zuständige Binnenmarkt-Ausschuss des EP zwar den Begriff "Herkunftslandprinzip"- von dessen Wegfall kann (entgegen anderslautender Medienberichte) jedoch nicht die Rede sein, es existiert unter dem Namen "Freizügigkeit für Dienstleistungen" weiter.
 
Gewisse Dienstleistungen sind grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie (vgl deren Art 2) ausgenommen:
dazu zählen ua Bank- und Kreditgeschäfte, Altersvorsorge, Radio und Kino, elektronische Kommunikationsdienste, Transportdienste und Taxis, Dienstleistungen von Rechtsanwälten und Notaren, Gesundheitsdienste, Sicherheitsdienste, Zeitarbeitsagenturen, sozialer Wohnungsbau, Kinderbetreuung und Familiendienste, sowie Dienstleistungen mit einem sozialpolitischen Ziel.

In den Bereichen Elektrizität, Gas, Wasser, Abfallbehandlung und Postdienste gelten Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip (Art 17).

Umstritten war zwischen den beiden großen Fraktionen, EVP und SPE, lange Zeit die Frage, ob die Mitgliedstaaten den freien Dienstleistungsverkehr (mit anderen Worten: das Herkunftslandsprinzip) auch aus Gründen der Sozialpolitik und des Verbraucherschutzes einschränken können. Sie einigten sich schließlich jedoch darauf, keinen Verweis auf Sozialpolitik und Verbraucherschutz aufzunehmen.

Vertragliche Beziehungen zwischen Dienstleister und Kunden sollen nach Meinung der Parlamentarier nicht Gegenstand der Richtlinie sein. Während diese nämlich auf die Öffnung der Märkte abziele, stelle das Zivilrecht auf eine faire Beilegung von Streitigkeiten zwischen zwei Parteien ab. Die Anwendung des Herkunftslandprinzips würde hier Rechtsunsicherheit für Verbraucher und Unternehmen schaffen.

Das heißt, dass grundsätzlich auch Verbraucherverträge weiterhin nach dem Recht des Staates zu beurteilen sind, in denen der Dienst erbracht wird. Allerdings gilt das Recht des Herkunftslandes im vorvertraglichen Stadium, und betrifft etwa die Werbung und Regeln bezüglich unlauteren Wettbewerb, sowie vorvertragliche Informationspflichten.
Aus Sicht von Verbraucherschützern ist hier beispielsweise eine Zunahme unerbetener Telefonwerbung zu befürchten - sie ist in Österreich verboten, in einigen EU-Staaten aber zulässig. Ist das Herkunftslandprinzip anwendbar, könnten unerbetene Werbeanrufe (cold calling) von diesen Staaten aus nach Österreich legal durchgeführt werden.

Dazu kommt die Schwierigkeit der Überwachung von Verstößen, müssen die zuständigen nationalen Stellen doch anhand des Rechts des jeweiligen Herkunftslandes prüfen, ob gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird (und damit theoretisch Kenntnis aller 25 Rechtsordnungen besitzen).

Siehe auch Pressemitteilungen des deutschen Bundesverbands der Verbraucherzentralen vzbv:
Dienstleistungsrichtlinie:  http://www.vzbv.de/go/presse/674/index.html
Massive Zunahme von Telefonwerbung erwartet: http://www.vzbv.de/go/presse/665/index.html

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