Erneut stellt der OGH in einer Entscheidung über eine unzulässige Zinsanpassungsklausel für den Verjährungsbeginn des Schadenersatzanspruches auf die Verdichtung der Medieninformation ab. Das Vorliegen von Medienberichten reicht für den Beginn der Verjährung nicht aus, wenn sich daraus nur allgemein ergibt, dass Banken Zinssenkungen nicht entsprechend weitergegeben haben. Entscheidend ist vielmehr, ob und ab welchem Zeitpunkt sich die Medieninformationen derart verdichtet haben, dass für die Kreditnehmer ersichtlich werden musste, dass auch ihre konkreten Kreditverträge unkorrekt abgerechnet worden seien.
Zu der Frage eines eventuellen Anerkenntnisses des Kreditnehmers führt der OGH aus, dass aus der unterlassenen Reklamation gegen die übermittelten Salden kein konstitutives Anerkenntnis der von der Bank verrechneten Zinsen abgeleitet werden kann. Ebenso wenig stellt die während des anhängigen Verfahrens erfolgte vorzeitige Rückzahlung ein Anerkenntnis dar. Gerade bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichts ist besondere Vorsicht geboten. In der Abdeckung des nach Auskunft der Bank aushaftenden Betrages während des Verfahrens ist auch keine der Rückforderung entgegenstehende wissentliche Zahlung einer Nichtschuld zu erblicken; Zweifel am Bestehen der Schuld schließen eine Rückforderung nicht aus.
Ist eine Zinsanpassungsklausel unwirksam, so bewirkt dies eine rückwirkende Teilnichtigkeit des Vertrages. Die Zinsanpassungsklausel fällt aber nicht ersatzlos weg vielmehr ist nach dem hypothetischen Willen beider Parteien vorzugehen. Die Suche nach einer angemessenen Regelung hat sich daran zu orientieren, was redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen bei Vertragsabschluss die Ungültigkeit der Zinsanpassungsklausel bewusst gewesen wäre. Selbst wenn feststünde, dass sich die Parteien wegen Übermacht einer Partei hypothetisch auf eine einseitige belastende Regelung geeinigt hätten, dürfte der Richter nur einen angemessenen Interessenausgleich vorsehen.
Im konkreten Rechtsstreit hatte das Berufungsgericht die vom klagenden Kreditnehmer begehrte Heranziehung des arithmetischen Mittels aus SMR und VIBOR bzw EURIBOR als entscheidenden Parameter unter Verweis auf die Rechtssprechung des OGH abgelehnt. Der OGH hingegen stellt nun fest, dass diese prinzipielle Ablehnung mit der neueren Rechtssprechung nicht in Einklang stehe. Vielmehr hat der OGH bereits in der Entscheidung 9 Ob 62/04i den aus dem Mittel von SMR und VIBOR gebildeten Indikator als möglicherweise dem hypothetischen Parteiwillen am ehesten entsprechend angesehen, weil im dortigen zugrundeliegenden Fall schon in der ursprünglichen Klausel Elemente des Kredit- als auch des Geld- und Kapitalmarkts angedeutet waren.
Im gegenständlichen Fall hat der beklagte Kreditgeber in der ursprünglichen Zinsanpassungsklausel nicht ausschließlich auf die Höhe der Einlagenzinssätze abgestellt, sondern auch auf Änderungen der Bankrate, der Kapitalmarktrendite, kredit- und währungspolitische Maßnahmen und die Bestimmungen über die Verzinsung von geförderten Krediten, mithin auch auf Aspekte des Kapital- und Geldmarktes.
Selbst wenn sich ein durchschnittlicher Kreditnehmer am ehesten unter dem Begriff "Einlagenzinsen" etwas vorstellen kann, kann dies keine einseitige und von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung losgelöste Anbindung des Zinssatzes nur an den Einlagenzinssatz begründen. Dazu komme, dass der bezughabende Indikator nicht veröffentlicht und vom Kreditnehmer in keiner Weise nachvollzogen werden könne. Dazu komme, dass vom Kreditinstitut selbst festgesetzte Einlagezinsen keinen ausreichenden Indikator für die Anpassung von Kreditzinsen darstellen (OGH in 9 Ob 62/04i).
Im konkreten Fall trug der OGH dem Erstgericht die Feststellung zum Verjährungsbeginn sowie gegebenenfalls die Ermittlung des hypothetischen beiderseitigen Parteiwillens auf.
OGH 16.02.2006, 6 Ob 172/05w
Klagevertreter: Mag. Erich Frenner, RA in Saalfelden