Zum Inhalt

Urteil: Haftung des Abschlussprüfers gegenüber Dritten wegen gravierdender Sorgfaltspflichtverletzung bejaht

Saldenbestätigungen ohne Überprüfung der Richtigkeit vorgelegt

Die Beklagte war von der Riegersbank AG zum Abschlussprüfer für das Jahr 1997 bestellt worden. Im Zuge der Abschlussprüfung erhielt die Beklagte von der Riegerbank AG - wie sich später herausstellte - zwei verfälschte Saldenbestätigungen der CA Global Futers Terminkontakte AG in Kopie übermittelt, in welchen ein Guthaben der Riegerbank AG bei dieser Bank von über ATS 300 Mio ausgewiesen war. Diese Bestätigungen legte die Beklagte ohne Überprüfung der Richtigkeit - und insb ohne eine Saldenbestätigung durch diese Bank einzuholen - dem Abschlussbericht zugrunde und erteilte am 12.3.1998 den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk für das Jahr 1997. Tatsächlich aber hatte die Riegerbank AG keinen derartigen Guthabenstand bei dieser Bank, das Original der Saldenbestätigung wies de facto einen Saldo von ATS 0,00 aus.

Die Riegerbank verwendete in der Folge den Bestätigungsvermerk samt Geschäftssiegel der Beklagten und der faximilierten Unterschrift eines Abschlussprüfers ohne dessen Wissen und Zustimmung auf einer Informationsunterlage einer Anleihe-Emission. Diese Informationsunterlage enthielt einen mit 27.2. 1998 unrichtig datierten Hinweis "Bestätigungen des Wirtschaftswprüfers....Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des Bankwesengesetzes und des Rechnungslegungsgesetzes wurden... eingehalten. Die Jahresabschlüsse 1992 bis 1997 vermitteln ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Riegerbank AG". Überdies waren einige Bilanzdaten falsch wiedergegeben. Dies erkannte die Beklagte, als ihr am 24.4.1998 die Unterlage zur Bestätigkeit der Richtigkeit übergeben wurde. Erst fünf Tage nach erlangter Kenntnis über die Publikation der falschen Daten in der Werbeunterlage stellte die Beklagte die Zahlen schriftlich gegenüber der Riegersbank AG richtig und wies mündlich an, die Verwendung der Werbeunterlage zu unterlassen und die bisherigen Anleger von den geänderten Ziffern zu verständigen. Auch in der korrigierten Information war auf Basis der verfälschten Saldenbestätigungen ein Guthabenstand der Rieger Bank AG von mehr als ATS 300 Mio ausgewiesen.Der Kläger zeichnete am 29.4.1998 die besagte Anleihe im Nominale von ATS 360.000,00. Wesentliche Entscheidungsgrundlage für den Klager war dabei die besagte Werbeunterlage mit dem falschen Prüfvermerk. Nachdem die Verfälschung bekannt wurde, zog die Beklagte den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zurück, über das Vermögen der Riegerbank AG wurde das Konkursverfahren eröffnet.

Der Kläger begehrte daher die Feststellung, dass die Beklagte ihm für alle Schäden hafte, die ihm dadurch entstanden seien, dass er im Vertrauen auf die Richtigkeit eines von der Beklagten ausgestellten oder dieser zugeschriebenen, in den Werbeunterlagen der Rieger Bank AG für die Anleihe abgedruckten falschen Prüfvermerks diese Anleihe gezeichnet habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. In rechtlicher Hinsicht verwies das Gericht auf die im ersten Rechtsgang ergangene Entscheidung des OGH. Dieser habe in seinem bindenden Beschluss ausgesprochen, dass der Vertrag des Abschlussprüfers mit der Riegerbank AG einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten jener Gläubiger oder Anleger der Riegerbank AG darstelle, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerkes angesprochen werden sollten und dann davon ausgehen können, dass Buchführung, Jahresabschluss und Lagebericht den gesetzlichen Vorschriften entsprächen. Daher träfe den Abschlussprüfer Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber diesen Gläubigern, konkret jene Sorgfalt, die eine dem Gesetz entsprechende, ordnungsgemäße Abschlussprüfung für die Ausstellung des zu veröffentlichenden Bestätigungsvermerks nach § 274 HGB verlange. Diese Vertragshaftung gegenüber Dritten bestehe auch dann, wenn ein vorläufiger, nocht nicht gesetzmäßig veröffentlichter Bestätigungsvermerk in Werbeunterlagen öffentlich verbreitet werde und der Prüfer die Verbreitungsabsicht kenne und dulde.

Das Berufungsgericht gab dem Begehren ebenfalls Folge und führte ua zur festgestellten Kausalität aus, dass zum einen die nicht hinreichend sorgfältige Prüfung zur Testierung eines Jahresabschlusses auf Grundlage verfälschter Saldenbestätigungen geführt habe, wodurch die Überschuldung der Bank verschleiert worden war. Mangels Kenntnis darüber habe sich die Beklagte auch nicht von ausreichend von der ihr bekannt gewordenen Werbeunterlage distanziert. Das Verhalten sei der Beklagten auch vorwerfbar, da angesichts der eminenten Bedeutung der Forderungen für die Bilanzsumme und des Umstandes, dass diese offensichtlich im Zusammenhang mit grundsätzlich als risikoträchtig bekannten Termingeschäften gestanden seien, sei das Unterbleiben einer näheren Überprüfung der Werthaltigkeit der Forderungen als gravierende Sorgfaltspflichtverletzung zu beurteilen.

Der OGH bestätigte die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts hinsichtlich des Verschuldens. Bei der nicht erkannten Bilanzfälschung könne nicht mehr von leichter Fahrlässigkeit gesprochen werden, sonden dies sei eine gravierende Sorgfaltspflichtverletzung, daher grob Fahrlässig. Die Beklagte habe dem Grundsatz ordnungsgemäßer Prüfung zuwidergehandelt, wonach Vermögens- und Schuldposten, die wesentlichen Einfluss auf den Jahresabschluss haben, auf vollständige und richtige Erfassung geprüft werden müssen, im Konkreten durch Einholung von Saldenbestätigungen des Schuldners für Forderungen.

OGH 29.12.2006, 5 Ob 123/06h

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang