Zum Inhalt

Urteil: Klauseln bei Callable Snowball Floater von BA gesetzwidrig

Verbandsklage des VKI (im Auftrag des BMASK) gegen Zinsänderungs- und Kündigungsklausel in erster Instanz erfolgreich.

Aufgrund zahlreicher Konsumentenbeschwerden ging der VKI mit Verbandklage gegen die AGB der Bank Austria zum Callable Snowball Floater vor.

Die Zinsanpassungsklausel war folgendermaßen gestaltet:
Nach der Fixzinsperiode mit einem relativ hohen Zinssatz von 5,25 % im ersten Jahr, wurde zu diesem Wert ein Zuschlag (2% - 5%)  addiert und dann der Euribor subtrahiert. Diese halbjährlich vorgenommene Anpassung bewirkte bei einem rasch steigenden Euribor einen Nullkupon ab der dritten variablen Periode.

Das war der Text der Klausel:
Die Schuldverschreibungen werden bezogen auf den Nennwert wie folgt verzinst:
(1) Fixe Periode: (1.Jahr) Für den Zeitraum vom 10.Oktober 2005 (inklusive) bis zum 10.Oktober 2006 (exklusive) beträgt der Zinssatz 5,25% p.a.
(2) Variable Perioden: (2.-8.Jahr) Für den Zeitraum vom 10.Oktober 2006 (inklusive) bis 10.Oktober 2013 (exklusive) werden die Zinssätze jeweils fünf Geschäftstage vor dem Zinszahlungstag am Ende der betreffenden Zinsperiode ("Zinsenfestsetzungstag") wie folgt - halbjährlich im nachhinein - fixiert:
Variable Zinsperioden 2.Jahr:
10.Oktober 2006 (inkl.) bis 10.April 2007 (exkl.)
10.April 2007 (inkl.) bis 10.Oktober 2007 (exkl.) 2,00 % plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 3.Jahr:
10.Oktober 2007 (inkl.) bis 10.April 2008 (exkl.)
10.April 2008 (inkl.) bis 10.Oktober 2008 (exkl.) 2,50% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperiode 4.Jahr
10.Oktober 2008 (inkl.) bis 10.April 2009 (exkl.)
10.April 2009 (inkl) bis 10.Oktober 2009 (exkl.) 3,00 plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 5.Jahr:
10.Oktober 2009 (inkl.) bis 10.April 2010 (exkl.)
10.April 2010 (inkl.) bis 10.Oktober 2010 (exkl.) 3,50% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 6.Jahr
10.Oktober 2010 (inkl.) bis 10.April 2011 (exkl.)
10.April 2011 (inkl.) bis 10.Oktober 2011 (exkl.) 4,00% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 7.Jahr:
10.Oktober 2011 (inkl.) bis 10.April 2012 (exkl.)
10.April 2012 (inkl.) bis 10.Oktober 2012 (exkl.) 4,50% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor
Variable Zinsperioden 8.Jahr:
10.Oktober 2012 (inkl.) bis 10.April 2013 (exkl.)
10.April 2013 (inkl.) bis 10.Oktober 2013 (exkl.) 5,00% plus Zinssatz der Zinsvorperiode minus 6-Monats-Euribor

Das HG Wien geht davon aus, dass es sich bei der Zahlung von laufenden Zinsen um eine Hauptleistung handelt und die Zinsanpassungsklausel nicht der Normenkontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegt. Das wird nach wie vor vom VKI anders gesehen. Der Begriff der Hauptleistung des § 879 Abs 3 ABGB ist sehr eng auszulegen. Da die Zinsanpassungsklausel lediglich hilft, die Hauptleistungspflicht zu umschreiben, ist sie sehr wohl unter die genannte Bestimmung zu subsumieren (so auch der OGH, 13.6.2006, 10 Ob 145/05d).

Auch die Anwendbarkeit des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG verneinte das HG entgegen der Auffassung des VKI. Diese gesetzliche Bestimmung besagt, dass, sofern nichts anderes im Einzelfall ausgehandelt wurde, der Unternehmer eine von ihm zu erbringende Leistung nicht einseitig ändern kann, es sei denn die Änderung sei dem Verbraucher zumutbar, weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt ist. Das HG argumentierte, dass die Berechnungsbasis im Vorhinein festgelegt ist und daher kein einseitiges Abgehen von der Leistungsverpflichtung der Bank Austria vorliegt.

Die Klausel ist aber gemäß § 6 Abs 3 KSchG intransparent, so das HG Wien. Klauseln in AGB und Vertragsformblättern müssen klar und verständlich sein. Insbesondere bei Floatern (Anlageformen mit Zinsänderungen während der Laufzeit) sind an die Deutlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Zinsgleitklauseln hohe Anforderungen zu stellen. Kommt dem hohen fixen Anfangszinssatz eine Lockwirkung bei, muss die weitere Zinsentwicklung umso transparenter sein.

Das HG schrieb dem Produkt eine hohe Komplexität zu: "Selbst ein in Bankgeschäften erfahrener und mathematisch begabter Kunde muss den Text mehrmals lesen und bedenken, bevor er alle Details in ihrem Zusammenhang und mit ihrer Auswirkung verstanden hat."

Weitere Gründe für die Intransparenz des Floaters:
Die Darstellung der steigenden Zuschläge zu denen die Zinssätze der Vorperiode gezählt werden suggeriert ständig steigende Zinsen. Auch der Hinweis darauf, dass für den Fall des Sinkens unter Null der Zinssatz mit Null angenommen wird, stellt keine ausreichende Warnung dar. Der zu subtrahierende Euribor ist nicht ausreichend erklärt und dargestellt.

Das Kündigungsrecht, das keine Hauptleistung darstellt, unterliegt der Normenkontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. Dass die Bank jederzeit kündigen kann und der Konsument sieben Jahre an den Vertrag gebunden sein soll ist, wie bereits oben ausgeführt, sachlich nicht gerechtfertigt und damit sittenwidrig gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

HG Wien, 16.2.1009, 19 Cg 153/08 h
Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, RA in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang