Das Oberlandesgericht Hamburg gab der Konsumentin nun Recht:
1. Zwischen den Parteien kam ein Anlageberatungsvertrag zustande, auch wenn für die Leistung des Anlageberaters kein Entgelt vereinbart wurde. Ein solcher Beratungsvertrag ist dann anzunehmen, wenn der Anlageinteressent deutlich macht, dass er - bezogen auf eine bestimmte Anlageentscheidung - die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Vermittler mit seiner Tätigkeit beginnt. Er kommt also schon allein dadurch zustande, dass "sich der Interessent mit der Bitte um Beratung über die Möglichkeiten einer Kapitalanlage an den Vertreiber eines Anlageprodukts wendet und daraufhin eine entsprechende Beratung erfolgt bzw. wenn umgekehrt der Interessent eine ihm angebotene Beratung über die Möglichkeiten einer Kapitalanlage entgegennimmt".
2. Der Inhalt und Umfang der Beratungspflicht ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Jedenfalls müsse aber darüber aufgeklärt werden, welche Provision der Berater für den Vertrieb der von ihm empfohlenen Anlageform erhält. Er muss darüber ungefragt informieren, da nur dann dem Kunden ein etwaiger Interessekonflikt des Beraters bewusst werde. Er muss dabei nicht nur auf die Tatsache, dass er Provisionen erhält, sondern auch auf die konkrete Höhe hinweisen.
3. Diese - in erster Linie für Banken von der deutschen Rspr konkretisierten - Pflichten bei Anlageberatungen sind ebenso auf freiberufliche Anlageberater zu übertragen. Sogar dann, wenn der Konsument davon ausgehe, der Berater müsse sich mit dieser Tätigkeit den Lebensunterhalt verdienen und werde daher Provisionen erhalten, führe die unterlassene konkrete Aufklärung darüber zu einer fehlerhaften Anlageberatung und ziehe bei Fahrlässigkeit des Beraters Schadenersatzansprüche nach sich.
4. Im vorliegenden Fall verneinte das Gericht außerdem die Beachtlichkeit eines Rechtsirrtums seitens des Beraters, da die Rechtsprechung zu Aufklärungspflichten bei Anlageberatung betr Provisionen zumindest für den Bankenbereich bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgespräches eindeutig gewesen sei. Sohin musste auch Anlageberatern erkennbar gewesen sein, dass sie zur Offenbarung eigener Vergütungen verpflichtet sind, um den aus Sicht des Kunden bestehenden Interessekonflikt offen zu legen. Diese Offenlegungspflicht ergebe sich bereits aus allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften für die Geschäftsbesorgung bzw. für den Kommissionär.
5. Etwaige andere Beratungsfehler (va die Frage, ob die Anlageempfehlung für die bis dahin konservative Sparerin tatsächlich richtig war und auch der Beratungspflicht zum Produkt selbst ausreichend nachgekommen wurde) werden vom Gericht nur beiläufig erwähnt, da bereits durch die Verletzung dieser Aufklärungspflicht der Schadenersatzanspruch bestünde. Dies sogar trotz der Erklärung der Konsumentin in der mündlichen Verhandlung, dass sie davon ausgegangen war, dass der Beklagte Provisionen erhalten habe. Denn - so das Gericht - selbst diese Vermutung der Konsumentin führe nicht zu einem Verneinen der Ursächlichkeit der fehlenden Aufklärung.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
OLG Hamburg 5.3.2010, 11 U 138/08