Bereits im Jahr 2016 befasste sich der OGH mit der Kreditbearbeitungsgebühr, beurteilte sie damals aber als zulässig. Zwischenzeitig stellte der OGH im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in jüngsten Entscheidungen zur Servicepauschale bei Fitnesscenterverträgen klar, dass die Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten seitens des Unternehmers unzulässig ist. Der VKI wollte daher die Zulässigkeit der (Kredit-)Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkreditverträgen nochmals höchstgerichtlich klären lassen und brachte Anfang 2023 eine Verbandsklage gegen die WSK Bank ein. Deren Kreditverträge sahen eine einmalige Bearbeitungsgebühr von 4 Prozent des Kreditbetrages, Erhebungsspesen von 75 Euro sowie Überweisungsspesen von 15 Euro und Portokosten in Höhe von 25 Euro vor, die jeweils „vom Kreditauszahlungsbetrag abgezogen werden“.
Der OGH führte zur Kreditbearbeitungsgebühr aus:
„[6] 1.1 Der EuGH (C-565/21, Caixabank SA III) betont auch im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten – unabhängig davon, ob diese als Haupt- oder bloße Nebenleistung zu qualifizieren sind (vgl Rn 28 unter Hinweis darauf, dass Art 4 Abs 2 und Art 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen gleiche Regelungen treffen) – das Transparenzerfordernis.
[7] Zwar sei der Darlehensgeber nicht verpflichtet, in dem betreffenden Vertrag ausführliche Angaben zur Art aller Dienstleistungen zu machen, die als Gegenleistung für ein in einer oder mehreren Vertragsklauseln vorgesehenes Entgelt erbracht werden. Im Hinblick auf den Schutz, den die Richtlinie 93/13/EWG dem Verbraucher deshalb gewähren soll, weil er sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, sei es jedoch wichtig, dass die Art der tatsächlich erbrachten Dienstleistungen anhand des Vertrags als Ganzes angemessen verstanden oder daraus abgeleitet werden könne. Darüber hinaus müsse der Verbraucher in der Lage sein, zu überprüfen, ob sich verschiedene Entgelte oder damit vergütete Dienstleistungen nicht überschneiden (Rn 32).
[8] Der Begriff der Kreditbearbeitungsgebühr ist zwar für sich genommen ausreichend transparent, weil der Kreditnehmer schon aufgrund der Bezeichnung versteht, dass er die Gebühr für die Tätigkeit und den Aufwand bei der Bearbeitung und Bereitstellung des Kredits bezahlt (6 Ob 13/16d Pkt 7.3.; vgl auch Perner/Spitzer, Zulässigkeit [?] von Kreditbearbeitungsentgelten, ÖBA 2023, 779 [783]). Wird nur eine Kreditbearbeitungsgebühr vereinbart, kommen auch (intransparente) Überschneidungen nicht in Betracht.
[9] Um eine Überprüfung zu ermöglichen, ob sich Entgelte oder die damit vergüteten Dienstleistungen überschneiden, ist es aber erforderlich, dass der Verbraucher gemessen am gesamten Vertrag versteht, welche Leistung welchem Entgelt zugeordnet ist. Dies erfordert zwar nicht die Auflistung der jeweiligen Einzelleistungen. Allerdings muss zumindest die jeweilige Leistungskategorie (Art der tatsächlich erbrachten Dienstleistung) in Bezug auf das jeweilige Entgelt nachvollziehbar und somit voneinander abgrenzbar sein. Ist dies nicht der Fall, liegt Intransparenz vor.
[10] Die vom Kläger beanstandeten Klauseln verpflichten den Verbraucher nicht nur zur Zahlung einer Kreditbearbeitungsgebühr, sondern sehen auch weitere Entgelte in Form von Erhebungs- und Überweisungsspesen sowie Kosten für Drucksorten und Porto vor. Auch wenn man aus den Begriffen Erhebungsspesen, Überweisungsspesen und Kosten für Porto und Drucksorten die Art der verrechneten Leistung bzw des Aufwands gemessen am Vertrag (noch) ableiten kann, wird im Hinblick darauf, dass diese Leistungen – auch nach dem Vorbringen der Beklagten – typischerweise bei Kreditaufnahme anfallen, unklar, welche konkrete, darüberhinausgehende Leistungs- bzw Aufwandskategorie dann noch mit der Bearbeitungsgebühr abgegolten werden soll. Diese dient nämlich ebenso (pauschal) der Abgeltung der Tätigkeit und des Aufwands bei der Bearbeitung und Bereitstellung des Kredits und würde daher grundsätzlich auch die mit den Zusatzentgelten verrechneten Leistungen abdecken. Inwieweit es daher zu Überschneidungen oder Doppelverrechnungen zwischen der Kreditbearbeitungsgebühr und den weiteren Entgelten kommt, lässt sich für Verbraucher nicht mehr ausreichend klar überprüfen.
[11] Am Vertrag als Ganzes gemessen erweist sich daher die vereinbarte Bearbeitungsgebühr mangels Überprüfbarkeit von Überschneidungen mit den übrigen Entgelten als intransparent.
[12] 1.2 Damit kommt es aber auf die Einordnung der Bearbeitungsgebühr als der Kontrolle des § 879 Abs 3 ABGB entzogene Haupt- oder kontrollunterworfene Nebenleistungspflicht, nicht entscheidend an, sodass insoweit schon mangels Präjudizialität keine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (RS0088931).“
Zu den: Erhebungsspesen (Klausel 2a), Überweisungsspesen (Klausel 2b), Kosten für Porto und Drucksorten (Klausel 2c)
„[14] 2.2 Wenn das Berufungsgericht die – einen jeweils materiell eigenständigen Regelungsbereich aufweisenden und daher selbstständigen (RS0121187 [T1]) – Klauseln deshalb als intransparent beurteilt hat, weil unklar bleibt, wie oft die Spesen verrechnet würden, ist dies nach obigen Grundsätzen zumindest vertretbar. Mag die Bezugnahme auf den Abzug vom Kreditauszahlungsbetrag zwar eine einmalige Verrechnung nahe legen, ist eine mehrfache Verrechnung nicht ausgeschlossen, weil derartige Spesen auch nach Kreditvertragsabschluss noch auflaufen können und anders als bei der Bearbeitungsgebühr gerade nicht auf die Einmaligkeit hingewiesen wird.“
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Klagsvertreter: Dr. Stefan LANGER, RA in Wien