Zum Inhalt

"Mündelsicherheit von Immofinanz-Aktien": Gutachter haftet nicht

Eine Mutter hatte zwei Seiten eines Gutachtens über Immofinanz-Aktien bekommen und kaufte daraufhin für ihre Kinder die Aktien. Nun war die Frage zu klären, ob der Gutachter dafür haftet.

Geld von Kindern darf zwar nur in Aktien angelegt werden, wenn diese mündelsicher sind, also wenn Verluste als sehr unwahrscheinlich gelten. Dennoch kann es in der Praxis vorkommen, dass finanzielle Schäden auftreten, etwa wie im konkreten Fall aufgrund des Kursfalles der Immofinanz-Aktien.

Der Vermögensberater der Mutter erzählte von einem Gutachten, welches die Mündelsicherheit von Immofinanz-Aktien attestieren sollte und faxte ihr die letzten zwei Seiten des Gutachtens. Nach Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht kaufte die Mutter für ihre Kinder die Immofinanz-Aktien. Es folgten wie bekannt Verluste. Nun stellte sich die Frage, ob der Sachverständige für sein Gutachten haftet.

Das Erstgericht sowie die Berufungsinstanz verneinten die Haftung des Gutachters. Die Haftung des Gutachters bleibe grundsätzlich auf seinen Auftraggeber, also die Bank, beschränkt. Eine Haftung sei nur möglich, wenn der Gutachter damit rechnen müsse, dass sein Werk auch an dritte Personen gelangt und dass diese darauf vertrauen. Im konkreten Fall könne man den Gutachter aber nicht in die Pflicht nehmen, meinten die Gerichte. Denn dieser habe bereits in Punkt eins seines Gutachtens festgestellt, dass sein Werk eine Mündelsicherheit der konkreten Aktien nicht feststellen könne. Er kam nur zum Schluss, dass sie im Rahmen eines sinnvollen Portfoliomixes geeignet seien. Außerdem müsse der Gutachter nicht damit rechnen, dass seine Auftraggeberin die Constania das Gutachten auf ihrer Homepage anpreise, was diese aber tat.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Vorinstanzen und betonte, dass der Gutachter nicht hafte, wenn nur Teile seines Werks weitergegeben würden. Überdies sei das Gutachten aus damaliger Sicht sorgfältig genug erstellt worden. Man dürfe nicht vom heutigen Wissen ausgehen: Sonst "kann sogar der Standpunkt vertreten werden, Aktien seien generell nicht mehr als sichere Anlagen zu bewerten", so der OGH.

OGH 04.08.2010, 3 Ob 79/10d
Volltextservice
Klagevertreter: Kanzlei Deinhofer, Petri und Wallner, Rechtsanwälte in Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang