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Urteil: EuGH: Kosten De- und Montage mangelhafter Ware trägt Unternehmer

Der Europäische Gerichtshof spricht in einer aktuellen Vorabentscheidung den Ersatz der Kosten für die Demontage mangelhafter Waren und deren neuerliche Montage durch Dritte als Anspruch aus der Gewährleistung zu.

Im ersten Anlassfall aus Deutschland hatte der Konsument um 1.382 Euro Bodenfliesen bestellt und diese - durch Dritte - verlegen lassen. Dabei stellte sich heraus, dass die Bodenfliesen Mikroschleifspuren aufwiesen, und als Abhilfe nur der komplette Austausch des Bodens in Frage kam. Die Kosten dafür beliefen sich laut Sachverständigem auf 5.803 Euro.

Im zweiten zu entscheidenden Fall bestellte die Konsumentin um etwa 367 Euro einen Geschirrspüler, der - durch Dritte - eingebaut wurde. Auch hier stellte sich die Mangelhaftigkeit des Gerätes heraus, nachdem es ordnungsgemäß eingebaut war. Die Lieferfirma weigerte sich, neben dem Austausch des Geschirrspülers auch die Aus- und Einbaukosten zu übernehmen.

Die deutschen Gerichte fragten den EuGH, ob die Richtlinie 1999/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf, die Mindeststandards für die Gewährleistungsregeln in Europa enthält, ob diese den Verkäufer verpflichtet, neben dem Austausch der mangelhaften Ware auch die Aus- und Einbaukosten zu tragen. Der EuGH bejahte die Vorlagefrage.

Ansonsten sähe sich der Verbraucher einer finanziellen Belastung gegenüber, die ihn davon abhalten würde, seine Gewährleistungsrechte auszuüben. Auch wenn den Verkäufer kein Verschulden am Mangel treffe, sei die Überwälzung dieser Ausbauksten auf ihn nicht ungerecht, weil er eben nicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Hätte er ein ordnungsgemäßes Verbrauchsgut geliefert, wären die Ausbaukosten nicht angefallen.

Außerdem entschied der EuGH, dass der Verkäufer auch nicht vertraglich die Möglichkeit der Ersatzlieferung deswegen ausschließen darf, weil die Kosten dafür unverhältnismäßig wären, wenn die Ersatzlieferung die einzige Abhilfemaßnahme ist. Nationale Regelungen, die ein solches Recht zulassen, würden gegen die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie verstoßen.

Zulässig dagegen wäre es, den Anspruch des Verbrauchers auf Ersatz der Ausbaukosten der Höhe nach zu begrenzen. Hier müssen aber der Wert der Ware, die sie bei vertragsgemäßer Lieferung hätte und die Bedeutung des Mangels berücksichtigt werden. Die Wertgrenze darf aber nicht dazu führen, dass das Recht der VerbraucherInnen auf Ersatz der Ausbaukosten in der Praxis ausgehöhlt wird. Außerdem müssen sie daneben eine angemessene Minderung des Kaufpreises oder Vertragsauflösung fordern können.

EuGH vom 16.6.2011, verbundene Rs C-65/09 und C-87/09 Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer, Ingrid Putz/Medianess Electronics Gmbh

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