1. Klausel 1 (Pkt 3.1. Satz 1 AGB):
„3. Mitgliedschaft
3.1. Mitgliedsgebühren, Modelle und Laufzeit der Mitgliedschaft
Die aktuellen Mitgliedsgebühren, die derzeit verfügbaren Mitgliedschaftsmodelle und die Laufzeiten des Prime-Services finden Sie hier . [dem Wort 'hier' ist eine Verlinkung hinterlegt]. Sofern Sie Ihre Prime Mitgliedschaft über uns abschließen, finden Sie nähere Einzelheiten über Ihre Mitgliedschaft, Ihre Mitgliedsgebühr und deren nächstes Fälligkeitsdatum unter Mein Konto.“ (der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
Der OGH urteilte:
„1.3. Nach Auffassung des Senats enthält die Klausel 1 lediglich Informationen, weil für die Verbraucher aus der Klausel weder Rechte noch Pflichten entstehen. Die Klausel gestaltet nicht den Vertragsinhalt. Insbesondere aus dem Kontext mit Pkt 3.1. Satz 2 AGB „Sofern Sie Ihre Prime Mitgliedschaft über uns abschließen, finden Sie nähere Einzelheiten über Ihre Mitgliedschaft Ihre Mitgliedsgebühr und deren nächstes Fälligkeitsdatum unter Mein Konto“ geht der bloße Informationscharakter der Klausel hervor. Der gesamte erste Absatz der Klausel dient lediglich der Aufklärung bzw Information der Verbraucher, wo sie (nähere) Informationen über die aktuellen Mitgliedsgebühren, die derzeit verfügbaren Mitgliedschaftsmodelle und die Laufzeiten des Prime-Services finden, um etwa eine fundierte Entscheidung über einen allfälligen Vertragsabschluss treffen zu können (Satz 1) und wo sie nähere Einzelheiten über ihre Mitgliedschaft, ihre Mitgliedsgebühr und deren nächstes Fälligkeitsdatum finden (Satz 2). Die Klausel 1 ist – anders als Formblätter über Konditionen, zu denen ein Unternehmer einen Vertrag abschließen will und die bereits den zukünftigen Vertragsinhalt regeln (9 ObA 19/20i [Klausel 16] = RS0121188 [T8]) –, nicht dazu bestimmt, die vertragliche Beziehung zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher zu regeln (siehe den Satz 2 Pkt 3.1. AGB) und sie hat auf die daraus resultierenden wechselseitigen Rechte und Pflichten keinen Einfluss. Da die Klausel 1 daher zufolge ihres Informationscharakters nicht Gegenstand der Verbandsklage nach § 28 Abs 1 KSchG sein kann, ist das die Klausel 1 betreffende Unterlassungs- und Veröffentlichungs-begehren schon aus diesem Grund abzuweisen. Eine weitere Klauselprüfung ist daher nicht mehr vorzunehmen. Auch auf die weiteren Revisionsgründe musste nicht mehr eingegangen werden.“
2. Klausel 2 (Pkt 3.1. Satz 3 AGB):
„...
Die Prime-Mitgliedsgebühr ist nicht erstattungsfähig, soweit in diesen Bedingungen nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.“
Der OGH urteilte:
„Der Senat teilt die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die Klausel sei intransparent.
[27] Das Transparenzgebot verlangt nicht bloß formale Verständlichkeit im Sinn von Lesbarkeit, sondern auch Sinnverständlichkeit. So kann für sich allein durchaus klaren und verständlichen Klauseln die Sinnverständlichkeit fehlen, wenn zusammenhängende Regelungen und ihre nachteiligen Effekte deshalb nicht erkennbar werden, weil die einzelnen Teile an versteckten oder nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringenden Stellen, etwa in verschiedenen Klauseln, geregelt sind (RS0115217 [T1]). In diesem Zusammenhang kommt es letztlich auch darauf an, ob eine entsprechende Aufklärung ausreichend präsent und in ausreichend äußerlichem sowie inhaltlichem Zusammenhang zur gegenständlichen Klausel erfolgt. Der Verbraucher soll jedenfalls nicht gezwungen sein, sich die notwendigen Informationen – jedenfalls ohne entsprechenden klärenden Hinweis in den AGB – zusammensuchen zu müssen (9 ObA 34/24a Rz 30 mwN).
[28] Die zur Klausel 2 ergänzenden Regelungen in den Klauseln 6. und 8., die nach Ansicht der Beklagten in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Klausel 2 stehen, sind von einem typischen Verbraucher nur dann zu finden, wenn sich dieser die gesamten Prime-Teilnahmebedingungen durchliest. Der Verbraucher ist daher gezwungen, sich die notwendigen Informationen über seine Gewährleistungsrechte – noch dazu ohne entsprechenden klärenden Hinweis in der Klausel 2 – zusammenzusuchen, was aber das Transparenz-gebot gerade verhindern soll.
[29] Abgesehen davon ist für einen durchschnittlichen Verbraucher nicht ausreichend erkennbar, unter welchen konkreten Voraussetzungen seine Mitgliedsgebühr erstattungsfähig ist. Auch die Pkte 6. und 8. der Prime-Teilnahmebedingungen bringen dazu keine Klarheit.
Pkt 6. AGB lautet:
„Unsere Haftung
Wir haften für Schäden, die Ihnen infolge grober Fahrlässigkeit oder einer vorsätzlichen Verletzung unserer Pflichten entstehen, einschließlich einer Verursachung durch unsere Führungskräfte oder rechtliche Vertreter.
Ansonsten haften wir für jegliche Verletzung unserer gemäß dieser Bedingungen bestehenden Verpflichtungen, die für die Bereitstellung von Prime wesentlich sind und auf die Sie sich bei Ihrer Anmeldung zu Prime verlassen konnten. In diesem Fall haften wir lediglich für Verluste und Schäden, die zum Zeitpunkt Ihres Beitritts zu Prime sowohl für Sie als auch für uns vorhersehbar waren. Diese Ziffer berührt in keiner Weise Ihre gesetzlichen Rechte als Verbraucher oder beschränkt unsere Haftung für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit, für die Verletzung einer Beschaffenheitsgarantie oder für arglistig verschwiegene Mängel.
Im Übrigen finden unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung.“
Pkt 8. AGB lautet:
„Anwendbares Recht
Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) und des Kollisionsrechts. Wenn Sie Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in der EU sind, genießen Sie außerdem Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts Ihres Aufenthaltsstaates ...“.
Aus keiner dieser von der Beklagten für die Begründung der Transparenz der Klausel 2 herangezogenen Punkte geht hervor, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedsgebühr erstattungsfähig ist. Auch aus dem Kontext der Klausel 2 mit diesen Punkten der AGB ist nicht zu erkennen, dass Verbraucherschutzrechte nicht ausgeschlossen werden und die Klausel 2 lediglich im B2B-Verhältnis gelten soll. Auch wenn dies der Fall wäre, brächte dies für den durchschnittlichen Verbraucher noch immer keine Klarheit darüber, unter welchen konkreten Voraussetzungen er seine Mitgliedsgebühr erstattet erhält.“
3. Klausel 3 (Pkt 3.2. Satz 2 AGB):
„3.2. Zahlung
...
Wenn Ihre Zahlungsmethode während Ihres Mitgliedschaftszeitraums ungültig wird oder wenn die Abbuchung aus irgendeinem anderen Grund, der sich unserer Kontrolle entzieht, abgelehnt wird, sind wir berechtigt, eine andere in Ihrem Amazon-Kundenkonto hinterlegte Zahlungsmethode zu belasten. Wenn alle von Ihnen angegebenen Zahlungsmethoden abgelehnt werden und Sie nicht innerhalb von 30 Tagen eine neue gültige Zahlungsmethode angeben, wird Ihre Mitgliedschaft beendet.
...“ (der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
Der OGH urteilte dazu:
„3.2. Der Senat hält die Revisionsausführungen für nicht stichhältig und teilt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung die Klausel 3 als gröblich benachteiligend angesehen hat (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Weshalb es der Beklagten, nur weil sie ein „Massengeschäft“ betreibe, nicht zumutbar sein solle, gegenüber dem mit der Zahlung der Prime-Mitgliedsgebühr in Verzug geratenen Verbraucher eine schriftliche Rücktrittserklärung (so die Revision) abzugeben, wird im Rechtsmittel nicht ausreichend nachvollziehbar
erklärt. Die Bonität oder Zahlungsmoral der Kunden stellt zwar ein Risiko für die Beklagte dar, allerdings stellt die Klausel 3 die Bonität ihrer Kunden auch nicht durch Angabe einer weiteren Zahlungsmethode sicher. Die Ersparnis von Betreibungskosten rechtfertigt das Abweichen ebenfalls nicht. Ein Schuldner hat grundsätzlich zur rechten Zeit zu leisten. Tut er dies nicht, ist er in Verzug und hat die daraus resultierenden Rechtsfolgen zu tragen. Zudem kann, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, eine andere Zahlungsmethode beim Verbraucher unter Umständen mehr Kosten als allfällige Betreibungskosten verursachen.“
4. Klausel 4 (Pkt 3.2. Satz 3 AGB):
„3.2. Zahlung
...
Wenn Ihre Zahlungsmethode während Ihres Mitgliedschaftszeitraums ungültig wird oder wenn die Abbuchung aus irgendeinem anderen Grund, der sich unserer Kontrolle entzieht, abgelehnt wird, sind wir berechtigt, eine andere in Ihrem Amazon-Kundenkonto hinterlegte Zahlungsmethode zu belasten. Wenn alle von Ihnen angegebenen Zahlungsmethoden abgelehnt werden und Sie nicht innerhalb von 30 Tagen eine neue gültige Zahlungsmethode angeben, wird Ihre Mitgliedschaft beendet.
...“ (der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
Der OGH urteilte:
„[42] 4.1. Nach Beginn des Dauerschuldverhältnisses ist ein Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB ausgeschlossen (RS0018365; RS0018327).
[43] 4.2. Bei dem zwischen der Beklagten und ihren Kunden abgeschlossenen Vertragsverhältnissen handelt es sich um Dauerschuldverhältnisse, weil sie nicht auf die Erfüllung einer vorab genau bestimmten Leistung gerichtet sind und mit der vollständigen Erfüllung enden sollen. Davon geht auch die Revision in ihren Ausführungen zur Klausel 6 ausdrücklich aus. Wie aus der Klausel 4 hervorgeht, wird die Mitgliedschaft erst 30 Tage nach einem fehlgeschlagenen Zahlungsversuch beendet. Demzufolge beginnt das Dauerschuldverhältnis bereits mit dem Abschluss der Prime-Mitgliedschaft. Ein Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Schon aus diesem Grund ist die Klausel 4 unzulässig, weil sie dem Gesetz widerspricht.
[44] 4.3. Aber auch wenn man in der Klausel 4 keine Regelung über einen möglichen Rücktritt der Beklagten, sondern über eine einseitige Auflösung des Dauerschuldverhältnisses sieht, ist die Klausel unzulässig. Dauerschuldverhältnisse können durch einseitige Erklärung aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für einen der Vertragsteile unzumutbar erscheinen lässt, und zwar in der Regel ohne Nachfristsetzung (RS0027780; RS0018305). Aber auch das einseitige Auflösungsrecht ist ein Gestaltungsrecht, dass durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird. Die Klausel weicht vom dispositiven Recht ab, indem sie eine Beendigung (Kündigung) des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte vorsieht, ohne dass es einer entsprechenden dem Verbraucher zugehenden Willenserklärung bedarf. Für dieses Abweichen vom dispositiven Recht vermag die Beklagte keine sachlich gerechtfertigten Gründe aufzuzeigen. Das Argument der Kostenersparnis für den Verbraucher rechtfertigt das Abweichen nicht, weil auch eine entsprechende Auflösung durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit dem Zugang zum Verbraucher wirksam ist (vgl RS0028555 [T3]), keine weiteren Kosten für den Verbraucher verursachen würde. Alleine der für die Beklagte im „Massengeschäft“ erhebliche Verwaltungsaufwand, jedes Vertragsverhältnis einzeln aufzulösen, rechtfertigt ebenfalls keine Abweichung vom Gesetz. Zum einen gereicht es lediglich der Beklagten zum Vorteil, mit vielen Kunden Verträge abzuschließen, zum anderen ist nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte ihren Verwaltungsaufwand nicht mit Hilfe eines standardisierten internen Ablaufs vereinfachen könnte.“
5. Klausel 5 (Pkt 3.3. Satz 5 AGB):
„3.3. Kündigung durch Sie und Erstattung
...
Prime-Mitgliedschaften, für die ein Aktions- oder Geschenkgutschein eingelöst wurde, sind nicht erstattungsfähig.
...“ (der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
Der OGH urteilte:
„Der Senat teilt – jedenfalls im Ergebnis – die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts.
[51] 5.1. Die Klausel schließt die Erstattung von Aktions- und Geschenkgutscheinen, für die jemand zuvor bezahlt hat, generell aus. Der pauschale Ausschluss eines Erstattungsanspruchs, unabhängig vom Entstehungsgrund dieses Anspruchs, ist sachlich jedoch nicht gerechtfertigt. Die Beklagte bringt auch keine Rechtfertigungsgründe vor. Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB.
[52] 5.2. Soweit die Revision wiederum auf die Pkte 6. und 8. der Prime-Teilnahmebedingungen verweist, ist für sie nichts gewonnen. Zum einen enthält die Klausel 5 keinen Verweis auf diese Punkte und zum anderen tragen die Pkte 6. und 8. nicht zur Klarheit der Rechtsstellung des Verbrauchers bei, dass die Gutscheine (unter bestimmten Voraussetzungen) doch erstattet würden.
[53] 5.3. Ob die Klausel auch gegen § 9 KSchG verstößt, weil sie eine Einschränkung der sekundären Gewährleistungsbehelfe (§ 932 ABGB) vornimmt, kann letztlich dahingestellt bleiben.“
6. Klausel 6 (Pkt 3.3. Satz 3 und 4 AGB):
„3.3. Sofern Sie Ihre Prime-Mitgliedschaft über uns abgeschlossen haben, können Sie jederzeit kündigen, indem Sie Ihre Mitgliedschaftseinstellungen unter Mein Konto entsprechend anpassen. Sie können sich hierfür auch an den Kundenservice wenden. Wenn weder Sie noch eine von Ihnen zur Nutzung Ihres Kontos befugte Person im aktuellen Mitgliedszeitraum Prime-Vorteile genutzt haben, werden wir Ihnen die Mitgliedsgebühr vollständig erstatten. Ansonsten erhalten Sie eine anteilige Erstattung der Mitgliedsgebühr, berechnet auf Grundlage der von Ihnen oder einer von Ihnen zur Nutzung Ihres Kontos befugten Person während des aktuellen Mitgliedschaftszeitraums genutzten Prime-Vorteile.
...“ (der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
Der OGH urteilte:
„6.1. Nach Auffassung des Senats stellt zwar der Begriff „Nutzung“ klar und somit transparent auf die Nutzung der Dienste der Beklagte durch die Prime-Vorteile, etwa kostenlosen Streaming-Angeboten und dem kostenlosen Zustellservice bei Bestellungen ab, auslegungsbedürftig ist aber der in der Klausel verwendete Begriff „Mitgliedschaftszeitraum“. Auch wenn damit der jeweilige „Vertragszeitraum“ gemeint sein soll, bleibt dennoch – wie die Revisionsbeantwortung zutreffend festhält – immer noch unklar, welcher „Vertragszeitraum“ damit genau gemeint ist: Ein Monat, ein Jahr, der Zeitraum seit Abschluss der Mitgliedschaft oder jener seit der letzten Vertrags-verlängerung? Damit ist Satz 1 der Klausel 6 intransparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG.
6.2. Intransparent ist aber auch Satz 2 der Klausel 6. Demnach wird „ansonsten“ die anteilige Erstattung auf Grundlage der genutzten Prime-Vorteile berechnet. Was genau damit gemeint ist, ist nicht klar, insbesondere nicht, ob es für die Berechnung der anteiligen Erstattung lediglich auf den Zeitpunkt der letzten Nutzung ankommt oder die unterschiedlichen Prime-Vorteile unterschiedlich bepreist werden und man somit am Ende eine „Abrechnung“ der genutzten Prime-Vorteile erhält. Damit bleibt der Verbraucher letztlich über seine Rechtsposition im Unklaren. Dass der Erstattungsbetrag, wie die Beklagte meint, zeitanteilig berechnet werde, lässt sich dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen, mag eine derartige Berechnung auch die einzige sachgerechte und umsetzbare Lösung sein.
6.3. Der von der Klägerin ausschließlich auf die oben zitierte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gestützte Verstoß der Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB liegt nicht vor. Die Entscheidung C-641/19 erging zur Verbraucherrechte-RL 2011/83/EU, auf der das FAGG basiert. Die Entscheidung, die Art 14 der Richtlinie über die Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall (hier Abs 3), näher auslegt, ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Klausel 6 bzw der gesamte Pkt 3.3. der Prime-Teilnahmebedingungen stellt jedoch ausschließlich (vgl die Überschrift) auf eine Kündigung durch den Verbraucher ab und regelt diese. Bestimmungen über den Widerruf finden sich hingegen in Pkt 3.4. der Prime-Teilnahmebedingungen und damit nicht in der Klausel 6.
6.4. Nach Rechtsprechung und herrschender Lehre soll sich der Verbraucher weiterhin auf eine für ihn günstige Auslegung einer „undeutlichen Äußerung“ im Sinne des § 915 ABGB berufen können (10 Ob 70/07b [Klausel 18] mwN; Apathy/Frössel in Schwimann/Kodek, ABGB Praxis-kommentar5 [2021] § 6 KSchG Rz 86; Heiss/Mahmud in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 915 Rz 33/1; Kletečka in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I14 [2014] Rz 354; Koitz-Arko, Zinsgleitklauseln bei Verbraucherkrediten, ÖBA 1998, 10 [13]; S. Korinek, Das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, JBl 1999, 149 [163]; M. Leitner, Das Transparenzgebot [2005], 51 [55]; Schurr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang-Kommentar – KSchG3 [2006] § 6 Abs 3 KSchG Rz 5).
Da die Klausel 6 eine für den Verbraucher günstigere Regelung vorsieht, weil sie eine vollständige (Satz 1 der Klausel) bzw anteilige (Satz 2 der Klausel) Erstattung der Mitgliedsgebühr – unter der genannten Voraussetzung der Nutzung – bei jeglicher Auflösung des Vertrags durch Kündigung des Verbrauchers vorsieht, also auch wenn kein wichtiger Grund für die (vorzeitige) Auflösung vorliegt, stellt sie keine unzulässige Klausel dar, deren Verwendung die Beklagte zu unterlassen hätte.“
7. Klausel 7 (Pkt 3.4. Satz 5 AGB):
„3.4. 14-tägiger Widerrufszeitraum
Falls Sie unmittelbar nach Ihrer Anmeldung Ihre Mitgliedsgebühr an uns bezahlt haben, können Sie Ihre kostenpflichtige Mitgliedschaft innerhalb von 14 Tagen nach Ihrer Anmeldung widerrufen.
...
Sie können Ihre Mitgliedschaft innerhalb des 14-tägigen Zeitraums widerrufen, indem Sie Ihre Mitgliedschaftseinstellungen unter Mein Konto ändern, sich an den Kundenservice wenden oder dieses Muster-Widerrufsformular verwenden. Um die Widerrufsfrist zu wahren, reicht es aus, dass Sie Ihre Mitteilung über die Ausübung Ihres Widerrufsrechts vor Ablauf des Widerrufszeitraums an uns absenden.“
(der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
Der OGH urteilte:
„7.1. Der Senat hält die Revisionsausführungen für nicht stichhältig und teilt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Satz 1 der Klausel 7 zählt nach seinem Wortlaut die verschiedenen Möglichkeiten des Widerrufs abschließend auf. Die Klausel erwähnt auch mit keinem Wort, dass andere Formen des Widerrufs, als die genannten, zulässig sind, wodurch für den Kunden der unrichtige Eindruck erweckt wird, dass für ihn nur die genannten Möglichkeiten, einen Rücktritt zu erklären, bestünden. Damit wird der Kunde über seine Rechtsposition, dass der Widerruf nach § 13 Abs 1 FAGG an keine bestimmte Form gebunden ist, im Unklaren gelassen.
7.2. Richtig ist, dass § 13 Abs 2 FAGG dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnet, auf seiner Website Verbrauchern die Möglichkeit zu bieten, eine Rücktrittserklärung auf elektronischem Wege abzugeben. Auch wenn diese Möglichkeit eingerichtet wurde, ist der Verbraucher aber nicht verpflichtet, davon Gebrauch zu machen (Schwarzenegger in Schwimann/Kodek, ABGB Praxis-kommentar5 [2021] § 13 FAGG Rz 10; Geiger in Keiler/Klauser, Österreichisches und Europäisches Verbraucherrecht [6. Lfg 2020] zu § 13 FAGG Rz 3). An der Intransparenz der Klausel ändert dies freilich nichts, wird doch der Verbraucher auch damit über seine Rechtsposition nach § 13 Abs 1 FAGG im Unklaren gelassen.“
(der in Fettdruck hervorgehobene Teil der Klausel wurde vom Kläger inkriminiert)
8. Klausel 8 (Pkt 8. Satz 3 und 4 AGB):
„8. Anwendbares Recht
Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG) und des Kollisionsrechts. Wenn Sie Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in der EU sind, genießen Sie außerdem Schutz der zwingenden Bestimmungen des Rechts Ihres Aufenthaltsstaates. Es wird die nicht-ausschließliche Gerichtsbarkeit der Gerichte des Bezirks Luxemburg Stadt vereinbart. Dies bedeutet, dass Sie eine Klage zur Durchsetzung Ihrer Verbraucherschutzrechte im Zusammenhang mit diesen Bedingungen entweder in Luxembourg oder aber Ihrem Aufenthaltsstaat erheben können.
...“
Der OGH urteilte:
„[78] Der Senat teilt auch in diesem Punkt die Rechtsansicht der Vorinstanzen zur Intransparenz der Klausel. Gewährleistungsrechte fallen zum Beispiel nicht unter Verbraucherschutzrechte. Durch die Formulierung der Klausel „zur Durchsetzung Ihrer Verbraucherschutzrechte“ wird daher ein Verbraucher abgehalten, seine Gewährleistungsrechte in seinem „Aufenthaltsstaat“ geltend zu machen.“
Zur Beschränkung des Unterlassungsgebotes führte der OGH aus:
„9. Soweit die Beklagte in ihrer Revision eventualiter begehrt, das Unterlassungsgebot auf Verbraucher in Österreich zu beschränken, ist sie durch die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht beschwert, hat dieses doch die erstgerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass die Unterlassungsanordnung nur für Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich zu gelten hat.“
Klagsvertreter: Dr Stefan LANGER, RA in Wien
OGH 17.07.2025, 9 Ob 48/25m