Ein Konsument schloss im Jahr 2003 eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge ab. Vor Vertragsabschluss füllte der Konsument das übliche - dem Vordruck E108g des BMF entsprechende - Formular mit folgendem Inhalt aus: "Ich verpflichte mich unwiderruflich, für einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren ab Einzahlung des ersten Berrtags auf eine Rückzahlung des aus den geleisteten Beiträgen resultierenden Anspruches zu verzichten." In den Versicherungsbedingungen war überdies vorgesehen, dass eine Kündigung frühestens auf den Schluss des 15. Versicherungsjahres möglich ist.
Im Jahr 2009 kündigte der Konsument die Zukunftsvorsorge und verlangte unter Berufung auf § 165 VersVG die Auszahlung des Rückkaufswertes. Die Versicherung verweigerte eine Auszahlung.
Ob ein Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes besteht, hängt vor allem davon ab, ob die nach dem VersVG grundsätzlich zwingenden Kündigungsrechte im Hinblick auf die Kündigungsbeschränkungen im EStG auch bei einer prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge bestehen. Dazu gab es in den letzten Jahren unterschiedliche Entscheidungen von Berufungsinstanzen (vgl. VR-Info 2011 H 6, 5).
Der OGH folgt in seiner Beurteilung der Entscheidung des OLG Wien 4 R 328/10z (VR-Info 2011 H 6, 5). Demnach soll es sich bei den Bestimmungen des EStG zur Zukunftsvorsorge um die zeitlich spätere spezialgesetzliche Regelung handeln, die der älteren grundsätzlichen Regelung zur jährlichen Kündigungsmöglichkeit im VersVG vorgeht und diese derogiert. Eine vorzeitige Kündigung ist daher auf Grund der mindestens 10-jährigen Verfügungsbeschränkung in § 108i EStG nicht möglich.
Der OGH geht dabei davon aus, dass dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, dass er die Kündigungsregeln des § 165 VersVG nicht bedacht bzw. vergessen habe, da auch die Materialien zum EStG zum Ausdruck bringen, dass die staatliche Prämie nur dann zusteht, wenn man sich zu einer mindestens 10-jährigen Kapitalbindung verpflichtet.
Für den OGH ist die Verfügungsbeschränkung auch sachlich gerechtfertigt. In krisenbedingten Notfällen könnten KonsumentInnen auf eine Prämienfreistellung vornehmen. Dass das Kapital bei einer Prämienfreistellung nicht verfügbar ist, wird hierbei allerdings übersehen.
Offen bleibt unter anderem, ob eine Bindung über 15 Jahre zulässig ist (vgl. die diese Frage verneinende Entscheidung des HG Wien - VR-Info H 8, 6) und welche Auswirkungen die Unzulässigkeit einer 15 Jahres-Bindung hätte.
OGH 7.9.2011, 7 Ob 138/11m
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Klagevertreter: Dr. Peter Kranzelbinder, RA in Klagenfurt