Im Anlassfall hatten die Kläger ihre Ersparnisse iHv Euro 480.000 ursprünglich bei einer anderen Bank in Aktien und Anleihen und auch einen Immobilienfonds angelegt. Als der Wert der Ersparnisse im Jahr 2008 nur noch Euro 400.000 betrug, wechselten die Kläger zur beklagten Bank und teilten ihrem dortigen Berater mit, ca Euro 50.000 in riskante Produkte, die restlichen Euro 350.000 in risikolose Produkte investieren zu wollen. Der Bankberater empfahl daraufhin in einem einstündigen Beratungsgespräch in der Wohnung der Kläger im August 2008, für den sicheren Teil des Portfolios neben einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Kapitalgarantie, einem Bausparvertrag und einer Anleihe der beklagten Bank eine Veranlagung in den HCI-Schiffsfonds im Umfang von Euro 100.000.
Das Veranlagungsprodukt ist als Dachfonds konzipiert, der aus Beteiligungen an acht Kommanditgesellschaften (8 Schiffen) besteht. Nach dem Berater handle sich um ein sehr gutes und sicheres Produkt mit einer Rendite von 7 bis 8 % pro Jahr und einer Laufzeit bis ca 2020. Nicht aufgeklärt wurden die Kläger über den Charakter als Kommanditbeteiligung, den Anteil der mit Pfandrechten auf den Schiffen gesicherten Fremdfinanzierung und Nachschussverpflichtungen. Den Klägern wurde ein Verkaufsprospekt ausgehändigt, der auf diese Informationen ebenso wenig einging wie auf die Risiken der Veranlagung, nicht aber der Kapitalmarktprospekt. Ende August unterzeichneten die Kläger die bereits vom Berater ausgefüllten Formulare.
Nach Unterzeichnung wurde ihnen ein ausführlicherer Prospekt übergeben, der auch Risikohinweise enthielt, den die Kläger aber nicht lasen.
2009 erhielten die Kläger ein Schreiben der Treuhänderin, wonach aufgrund der aktuellen schwierigen Marktsituation vorerst keine Ausschüttungen erfolgen. Der Berater erklärte ihnen, dass es sich nur um vorübergehende Marktschwierigkeiten handle. Im Februar 2012 erhielten die Kläger ein weiteres Schreiben, in dem über die Einleitung von Insolvenzverfahren über zwei Gesellschaften informiert wurde.
Damit erkannten die Kläger erstmals, dass die Gefahr eines Verlusts besteht.
Das HG Wien hatte die Haftung der beklagten Bank wegen grob fahrlässiger Aufklärungspflichtverletzung in erster Instanz bejaht. Sie hätte umfassend über die Risiken der Anlage, vor allem das Verlustrisiko, die spekulative Natur der Anlage und die mangelnde Handelbarkeit aufklären müssen.
Das OLG Wien hat die Entscheidung nunmehr bestätigt:
1. Den Verjährungseinwand der Bank hat das OLG Wien verworfen:
Die Aushändigung des detaillierten – entsprechende Risikohinweise enthaltenden – Verkaufsprospekts unmittelbar nach Vertragsunterzeichnung sei nicht fristauslösend. Vielmehr ist den Klägern, die diesen Prospekt nicht mehr gelesen haben, daraus kein Vorwurf zu machen, weil sie den Äußerungen ihres Beraters vertraut haben. Der Anleger, der bei seiner Entscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse seines Anlageberaters in Anspruch nimmt, misst dessen im Gespräch erteilten Auskünften besonderes Gewicht bei, während die Prospektangaben mit ihren oft allgemein gehaltenen und detaillierten Ausführungen und Fachausdrücken demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund treten. Die Verjährung hat daher nicht bereits mit Erhalt des detaillierten Verkaufsprospekts unmittelbar nach Vertragsabschluss im August 2008 zu laufen begonnen.
2. Ein Mitverschulden der – kapitalmarkterfahrenen – Anleger wurde vom OLG Wien – wie auch schon vom HG Wien – verneint.
3. Das OLG Wien hat dem gesamten Leistungsbegehren der Kläger (Ersatz des investierten Betrags samt Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungen) stattgegeben und die Tunlichkeit der Naturalrestitution damit bejaht.
Das HG Wien hatte noch offen gelassen, ob die Naturalrestitution nicht nur - wie in den vom OGH bislang entschiedenen Fällen - bei handelbaren Wertpapieren, sondern auch bei Kommanditbeteiligungen möglich ist, sondern die auf bereits insolvente Gesellschaften entfallenden 55 % der Investitionssumme als teilweisen Ersatz des rechnerischen Schadens zugesprochen, die Haftung für die restlichen 45 % aber – mangels Bezifferbarkeit des rechnerischen Schadens – nur festgestellt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die ordentliche Revision wurde vom OLG Wien aber mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zugelassen.
OLG Wien 2.12.2013, 4 R 134/13z
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Klagsvertreter: Dr. Benedikt Wallner, RA in Wien