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Urteil: Unzulässige Verzugsfolgen, Vorfälligkeitsentschädigung und Kreditbearbeitungsgebühr

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Hypo NOE Landesbank AG wegen mehrerer Klauseln eines Kreditvertrages. Auch das OLG Wien bestätigt, dass alle eingeklagten Klauseln gesetzwidrig sind.

Der Kreditvertrag wurde vor dem Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes (VKrG: 11.6.2010) abgeschlossen. Konkret handelt es sich um folgende Klauseln:

 "Die Rückführung erfolgt ab … in ... monatlichen Pauschalraten von EUR … bei Terminsverlust."

Der durchschnittliche Bankkunde verbindet mit dem nicht näher beschriebenen Begriff "Terminsverlust" keine so konkrete Vorstellung, die ihn den Inhalt und die Tragweite seiner Pflichten ausreichend klar erkennen ließe. Der Inhalt des Begriffs "Terminsverlust" wird auch vom Gesetzgeber nicht vorausgesetzt. Vielmehr enthalten diejenigen gesetzlichen Bestimmungen, die diesen Begriff verwenden, durchwegs eine entsprechende Definition (zB § 14 Abs 3 VKrG; § 9 Abs 1 GEG). Es zeigt sich also, dass der Gesetzgeber gerade nicht davon ausgeht, dass der Begriff des Terminsverlusts allgemein bekannt ist.

Da der Beklagten eine nähere Umschreibung des verwendeten Begriffs auch leicht möglich gewesen wäre, ohne dass dadurch ihre Kommunikationsfähigkeit verloren gegangen wäre, die Beklagte aber dennoch keine möglichst verständliche Formulierung gewählt hat, begründet die Unterlassung einer Definition in der gegenständlichen Vertragsklausel deren Intransparenz (§ 6 Abs 3 KSchG).

Wegen der festgestellten Intransparenz ging das OLG Wien - im Unterschied zum Erstgericht - auf die ebenfalls geltend gemachte gröbliche Benachteiligung gem § 879 Abs 3 ABGB gar nicht mehr ein.

 "Beide Vertragsparteien sind berechtigt, ohne Angabe von Gründen das Vertragsverhältnis unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten vorzeitig aufzukündigen."

Das Verbot des § 6 Abs 2 Z 1 KSchG (unzulässiges Rücktrittsrecht des Unternehmers ohne sachliche Rechtfertigung) kommt auch dann zum Tragen, wenn dem Verbraucher ein inhaltsgleiches Rücktrittsrecht eingeräumt wurde. Das Interesse des Verbrauchers am Fortbestand eines Vertrags ist oft höher, als das entsprechende Interesse des Unternehmers, und die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers entfällt nicht bereits dadurch, dass auch dieser sich ohne sachliche Rechtfertigung vom Vertrag lösen kann. Dies gilt besonders für Kreditverträge.

Da das Recht zur vorzeitigen Kündigung eines - wie hier - befristeten Kreditvertrags typischerweise nur aus wichtigem Grund zulässig ist, die bekämpfte Vertragsbestimmung jedoch eine Vertragsauflösung ohne einen solchen ermöglicht, ist die inkriminierte Klausel sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen § 6 Abs 2 Z 1 KSchG. Dass diese Bestimmung auf die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen anzuwenden ist, ist unstrittig.

a.) "Für diesen Kredit stellt die Bank Kreditkosten in der von ihr jeweils festgesetzten Höhe … in Rechnung, und zwar derzeit b.a.w. bei vierteljährlichem Abschluss im nachhinein: ...p.a. Sollzinsen."

b.) "5,0000 % p.a. zusätzliche Verzugszinsen vom rückständigen Betrag."

Gemäß § 6 Abs 1 Z 13 KSchG sind für den Verbraucher besonders solche Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB jedenfalls nicht verbindlich, nach denen die im Fall des Verzugs des Verbrauchers zu zahlenden Zinsen den für den Fall vertragsgemäßer Zahlung vereinbarten Zinssatz um mehr als fünf Prozentpunkte pro Jahr übersteigen. Ob ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 13 KSchG vorliegt, lässt das OLG Wien dahingestellt, da es ohnehin eine Intransparenz gem § 6 Abs 3 KSchG bejaht:

Aus der zu lit a genannten Klausel (Abrechnung der Kreditzinsen) ergibt sich zwar ausdrücklich, dass der Zinsabschluss jeweils vierteljährlich erfolgt. Dies ist jedoch nur für die Kreditzinsen (also das Entgelt für die Krediteinräumung) ausdrücklich normiert. In der die Verzugszinsen regelnden Klausel zu lit b findet sich hingegen keine ausdrückliche Regelung der Abrechnungsperioden. Auch ein Verweis auf den Zinsabschluss bei den Kreditzinsen ist der zu lit b genannten Klausel nicht zu entnehmen. Unabhängig davon, ob für einen durchschnittlichen Bankkunden aufgrund der Formulierung der Klausel zu lit a (betreffend die Kreditzinsen) erkennbar ist, dass die jeweils vierteljährlich abgerechneten Zinsen selbst zu verzinsen und daher Zinseszinsen zu bezahlen sind, ist dies für die Verzugszinsen jedenfalls nicht klar erkennbar.

Die Klausel zu lit b verstößt daher gegen § 6 Abs 3 KSchG.

In 4 Ob 179/02f ging der OGH davon aus, dass es für Verbraucher keineswegs offenkundig sei, dass die Bank zufolge des vorgesehenen vierteljährlichen Kontoabschlusses Zinseszinsen in Anschlag bringe. Der Bankkunde bleibe über die Auswirkungen der für ihn nachteiligen Klausel im Ungewissen. Dem Transparenzgebot entsprechend müsse eine solche Klausel einen Hinweis auf das mit dem Quartalsabschluss verbundene Recht der Bank, Zinseszinsen zu fordern, enthalten. Diese Ausführungen lassen sich auch auf den vorliegenden Fall anwenden. Wegen des fehlenden Hinweises auf das Anfallen von Zinseszinsen ist auch die vorliegende Vertragsbestimmung intransparent.

"Einmalige Bearbeitungsgebühr in der Höhe von EUR 6.000."

Das OLG Wien verweist hier auf die nicht rechtkräftige Entscheidung des OLG Innsbruck (2 R 140/15b ), in der es um eine vergleichbare Klausel, die allerdings ausdrücklich ein prozentuelles Bearbeitungsentgelt vorsah, ging und schließt sich der Ansicht des OLG Innsbruck an. Das OLG Innsbruck hatte eine gröbliche Benachteiligung dem Grunde und der Höhe nach festgestellt.
Dass die Kreditgebühr im vorliegenden Fall in einem absoluten Betrag besteht, ändert an der Anwendbarkeit der zitierten Entscheidung des OLG Innsbruck nichts, zumal die Beklagte selbst ausführt, dass der feste Geldbetrag gleichbedeutend mit einem fixen Prozentsatz des Kreditbetrags (hier 2% von EUR 300.000,-) sei. Die Kosten der Tätigkeit des Kreditgebers vor Vertragsabschluss hängen tatsächlich nicht oder jedenfalls nur wenig von der jeweiligen Kredithöhe ab. Dass die Abhängigkeit der Höhe der Bearbeitungsgebühr von der Höhe der Kreditsumme in der inkriminierten Klausel nicht ausdrücklich zum Ausdruck kommt, ändert nichts an deren gröblicher Benachteiligung, wenn dies - wie hier nach dem unbestrittenen Beklagtenvorbringen der Fall - die maßgebliche Berechnungsgrundlage darstellt.

"Bei einer vorzeitigen Abdeckung des gegenständlichen Kredits durch ein anderes Kreditinstitut ist die Bank berechtigt, ein Vorfälligkeitsentschädigung in der Höhe von 4 % des Rückzahlungsbetrages/Rahmens in Rechnung zu stellen."

Das VKrG kam auf den vorliegenden Kreditvertrag noch nicht zur Anwendung. Nach der neuen Rechtslage würde sie gegen § 16 VKrG verstoßen.
Sie verstößt aber auch gegen die davor geltende Rechtslage, nämlich gegen § 33 Abs 8 BWG:

Bei Krediten zur Schaffung und Sanierung von Gebäuden mit einer Laufzeit von zumindest zehn Jahren und hypothekarisch gesicherten Krediten können die Parteien zwar ein besonderes Entgelt für die vorzeitige Rückzahlung vereinbaren. Diese Vereinbarung ist aber nur für den Fall zulässig und wirksam, dass der Verbraucher die nach § 33 Abs 8 Z 1 oder 2 BWG vereinbarte Kündigungsfrist nicht einhält. Das zulässigerweise vereinbarte Entgelt (die Vorfälligkeitsentschädigung) stellt dann eine Gegenleistung dafür dar, dass die Bank nicht auf der Einhaltung der Frist besteht.

Im vorliegenden Fall lassen sich der inkriminierten Klausel die in § 33 Abs 8 BWG normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verrechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht entnehmen. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen vereinbarter Kündigungsmöglichkeit und Bezahlung von Vorfälligkeitszinsen, falls die Kündigungsfrist vom Kreditnehmer nicht eingehalten wird, kommt in der bekämpften Vertragsbestimmung in keiner Weise zum Ausdruck. Die Vorfälligkeitsklausel stellt auch keinen Bezug zu derjenigen Klausel her, die eine Kündigungsfrist von drei Monaten vorsieht.

Für einen durchschnittlichen Konsumenten ist nicht erkennbar, dass die vereinbarten Vorfälligkeitszinsen nur dann zu bezahlen sind, wenn die an ganz anderer Stelle vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten wird. Da die zu beurteilende Klausel dem Verbraucher somit ein unzutreffendes, jedenfalls aber ein unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt bzw die Gefahr besteht, dass der typische Durchschnittsverbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird, ist diese intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 8.2.2016).

OLG Wien 25.1.2016, 30R 35/15k
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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