Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - die Sparda-Bank Austria Süd eGen a) zum einen wegen Klauseln in deren AGB (für Bankgeschäfte und Kontoauszüge), und b) zum anderen wegen faktischer Vorgehensweisen.
Die Klage wurde großteils gewonnen, ein Punkt aber verloren.
I. Das Gericht gab zu folgenden Teilen der Klage dem VKI Recht:
a) AGB-Klauseln (§ 28 KSchG)
Die eingeklagten Klauseln betrafen Konditionenänderungen im Wege von Zustimmungsfiktionen (= Erklärungsfiktionen). Dh die Bank schickt dem Kunden von ihr geplante Änderungen. Diese werden gültig, wenn der Kunden nicht binnen einer bestimmten Zeit widerspricht, dh die Zustimmung wird fingiert, Schweigen bedeutet Zustimmung.
Das Gericht führt einleitend dazu aus: Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Zulässigkeit einer Klausel auch dann nach § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB zu prüfen, wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entspricht. Geht man mit dem OGH davon aus, dass vertragliche Zustimmungsfiktionen in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts des Verbrauchers weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis des Unternehmers hinauslaufen, müssen wegen dem insofern gleichwertigen Schutzbedürfnisses des Verbrauchers auch bei solchen Vertragsklauseln Änderungen der vereinbarten Hauptleistungen in gleicher Weise wie bei "klassischen" Preis- und Leistungsänderungsklauseln dem Grunde und der Höhe nach an Parameter gebunden werden, die den Vorgaben in § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG entsprechen. Diese Bestimmungen sind zwar auf Zustimmungsfiktionen nicht direkt anwendbar; sie geben aber Aufschluss darüber, was der Gesetzgeber bei der Begründung einer einseitigen Leistungs- oder Preisänderungsbefugnis des Unternehmers als jedenfalls unzulässig ansieht. Anders gesagt können daher nach § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG unangemessene einseitige Preis- und Leistungsänderungsklauseln auch nicht über den Umweg einer vertraglichen Zustimmungsfiktion wirksam vereinbart werden.
Folgende Klauseln wurden vom LG Klagenfurt als gesetzwidrig bewertet:
"1. Über Abs 1 hinausgehende Änderungen der Entgelte für die vom Kreditinstitut außerhalb der Zahlungsdienste erbrachten Dauerleistungen werden dem Kunden vom Kreditinstitut so rechtzeitig vorgeschlagen, dass ihm die Änderungsmitteilung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens zugeht. Die Zustimmung des Kunden zu diesen Änderungen gilt als erteilt, wenn beim Kreditinstitut vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens kein schriftlicher Widerspruch des Kunden einlangt. Darauf wird das Kreditinstitut den Kunden im Änderungsangebot, in dem das Ausmaß der Änderungen darzustellen ist, hinweisen.
Auf dem in Abs 2 vorgesehenen Weg darf das Kreditinstitut nur dann eine Erhöhung der mit dem Kunden vereinbarten Entgelte für Dauerleistungen vorschlagen, wenn alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die im Zeitraum, der nach Abs 1 für die Entgeltanpassung maßgeblich ist, eingetretenen Entwicklung der Kosten, die dem Kreditinstitut im Zusammenhang mit der jeweiligen Dauerleistung entstehen, weicht wegen der Veränderungen der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ab und die angebotene Entgeltsanpassung entspricht dieser abweichenden Kostenentwicklung.
- Die Entgeltserhöhung gemäß Abs 2 entspricht zuhöchst dem Dreifachen einer Entgeltserhöhung, die sich aus der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ergeben würde.
- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Entgeltsänderung höher ist als jene, die sich aus der Verbraucherpreisindexentwicklung ergäbe." (Z 44 Abs 2 und 3).
Abs 1 der Klausel sieht eine jährliche automatische Entgeltanpassung (außerhalb des ZaDiG-Anwendungsbereiches) an die Änderung des VPI (Verbraucherpreisindex) vor (ausgenommen Sollzinsen).
Hier liegt ein Verstoß gegen das aus § 6 Abs 1 Z 5 KSchG abzuleitende Erfordernis der Zweiseitigkeit vor, da die Klausel eine den Verbraucherpreisindex übersteigende Erhöhung im Wege der Zustimmungsfiktion vorsieht, im Gegensatz dazu jedoch keine gleichwertige eine über den Verbraucherpreisindex hinausgehende Senkung. Diese Entgelterhöhung ist auch gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB.
"Kosten, die dem Kreditinstitut im Zusammenhang mit der jeweiligen Dauerleistung entstehen" widerspricht dem Transparentgebot und ist auch gröblich benachteiligend, da für den Kunden in keinster Weise nachprüfbar und bestimmbar ist, um welche Kosten es sich dabei handelt.
2. "Wenn mit dem Kunden kein(e) Kontoführungsentgelt/-gebühr vereinbart ist oder die kostenlose Kontoführung, so darf ihm das Kreditinstitut unabhängig von den Voraussetzungen der Abs 1 und 3 auf dem in Abs 2 vorgesehenen Weg auch die Vereinbarung eines/r Kontoführungsentgelt/-gebühr vorschlagen. Die Höhe dieses/r Entgelts/Gebühr darf mit Stand 12/2013 maximal EUR 2,00 pro Monat betragen. Vorgenannter Maximalbetrag wird jedoch der Entwicklung des von der Statistik Austria veröffentlichten nationalen Verbraucherpreisindex 2010 angepasst (erhöht oder gesenkt), wobei jeweils eine kaufmännische Rundung (Auf- oder Abrundung) auf ganze Cent erfolgt. Die Anpassung erfolgt durch Vergleich des Indexwertes für 12/2013 (= 109,2) mit dem Indexwert für jenes Kalendermonat, das zwei Monate vor jenem liegt, in dem das Kreditinstitut die Vereinbarung eines/r Kontoführungsentgelt/-gebühr vorschlägt (Beispiel: Vorschlag im Laufe des März, Vergleichswert daher der Wert für Jänner). Die Neueinführung eines/r Kontoführungsentgelt/-gebühr nach der vorstehenden Klausel erfolgt frühestens nach Ablauf zweier Monate, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses." (Z 44 Abs 4 und Z 45 Abs 4)
Die Klausel gilt sowohl im Anwendungsbereich des ZaDiG als auch außerhalb.
Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot, weil sie keinerlei Voraussetzungen enthält, unter welchen Bedingungen, entgegen der ursprünglichen Vereinbarung, die Entgeltlichkeit der Kontoführung dem Kunden vorgeschlagen werden kann. Darüber hinaus muss ein Kunde, mit dem zunächst ausdrücklich eine kostenlose Kontoführung oder keine Kontoführungsgebühr vereinbart wurde, nicht damit rechnen, dass sich eine entsprechende Erklärung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen findet, mit der die beklagte Partei für den Verbraucher überraschend im Wege einer Erklärungsfiktion unter nicht näher definierten Voraussetzungen eine Kontoführungsgebühr einführt. Dies ist für den Verbraucher jedenfalls gröblich benachteiligend und verstößt daher gegen § 864a ABGB. Darüber hinaus ist die Möglichkeit, das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung über die Zustimmungsfiktion erheblich zu Gunsten der beklagten Partei zu verschieben und die Position des Verbrauchers zu entwerten, gröblich benachteiligend und verstößt gegen § 879 Abs 3 ABGB.
Wegen der einseitigen Möglichkeit ausschließlich ein höheres Entgelt als ursprünglich vereinbart zu verrechnen, jedoch keine Entgeltsenkung, verstößt die Klausel auch gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.
3. "Eine von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex abweichende Entgeltsanpassung darf das Kreditinstitut mit dem Kunden auf dem in Abs 1 vorgesehenen Weg nur vorschlagen, wenn alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind.
- Die im Zeitraum, der nach Abs 1 für die Entgeltsanpassung maßgeblich ist, eingetretene Entwicklung der Kosten, die dem Kreditinstitut im Zusammenhang mit der jeweiligen Dauerleistung entstehen, weicht wegen der Veränderungen der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen von der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ab und die angebotene Entgeltsanpassung entspricht dieser abweichenden Kontoentwicklung.
Die Entgeltserhöhung gemäß Abs 2 entspricht zuhöchst dem Dreifachen einer Entgeltserhöhung, die sich aus der Entwicklung des Verbraucherpreisindex ergeben würde.
- Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Entgeltsänderung höher ist als jene, die sich aus der Verbraucherpreisindexentwicklung ergäbe." (Z 45 Abs 3)
Die Klausel behandelt Entgeltänderungen im Anwendungsbereich des ZaDiG (ausgenommen Sollzinssätze).
Zur Begründung s Klausel 1.
4. "Auf dem in Abs 1 vorgesehenen Weg darf das Kreditinstitut mit dem Kunden eine Zinsanpassung nur vorschlagen, wenn alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die angebotene Zinssatzanpassung entspricht der Entwicklung der Kosten des Kreditinstituts im Zusammenhang mit dem jeweiligen Konto seit dem Abschluss der der aktuellen Verzinsung zugrundeliegenden Vereinbarung, wobei alle sachlich gerechtfertigten Umstände (Veränderungen der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, insbesondere des EZB-Leitzinses und des 3-Monats-Euribor) zu berücksichtigen sind.
- Eine Zinssatzanhebung von Sollzinsen bzw. eine Zinssatzsenkung bei Habenzinsen nach Abs 1 darf 0,5 Prozentpunkte pro Jahr nicht übersteigen.
Im Änderungsangebot wird darauf hingewiesen, dass die angebotene Zinssatzänderung höher ist als jene, die sich aus der vereinbarten Anpassungsklausel ergäbe. Wo keine Anpassungsklausel vereinbart ist, ist darauf hinzuweisen, dass die der Verzinsung zugrunde liegende Vereinbarung keine einseitige Zinssatzanpassung vorsieht." (Z 45a Abs 2)
Die Klausel betrifft Änderungen der Zinssätze, ausgenommen Kreditverträge.
Die Klausel sieht im zweiten Spiegelstrich eine Zinssatzanhebung von Sollzinsen und eine Zinssatzsenkung von Habenzinsen, jedoch keine Zinssatzsenkung der Sollzinsen und keine Zinssatzanhebung von Habenzinsen zu Gunsten des Verbraucher vor. Mangels der neutralen Ausführung der Zinssatzänderung liegt ein Verstoß gegen das Gebot der in § 879 Abs 3 ABGB normierten Zweiseitigkeit vor und entspricht auch aus diesem Grund dem § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.
Die Umstände, die im ersten Spiegelstrich beschrieben sind, sind für den Kunden einerseits nicht nachprüfbar und zu unbestimmt und liegen außerdem ausschließlich in der Sphäre der Bank, womit eine einseitige Tragung der Nachteile bzw. Überwälzung auf den Kunden unzulässig ist (Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG u § 879 Abs 3 ABGB).
b) Geschäftspraxis (§ 28a KSchG)
Die Bank hatte auf Kontoauszügen eine Verständigung versandt, mit der sie eine Konditionenänderung (zB Depotgebühren), ankündigte, die höher als die VPI-Änderung war. Diese Mitteilung ging über 2 Seiten und hatte nur Fließtext, ohne Einrückungen.
Die Form der Verständigung zur Konditionenänderung verstößt gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG. Aufgrund der gedrängten, unübersichtlichen Darstellung der Entgeltänderungen ist die Verständigung unübersichtlich und kann die Fülle an Informationen in ihrer Gesamtheit vom durchschnittlichen Verbraucher weder erfasst werden noch sind sie überschaubar. Die gegenständliche Information im Kontoauszug versetzt den durchschnittlichen Verbraucher nicht in die Lage deren Inhalt zu erfassen.
Die im Kontoauszug enthaltene Erhöhung der Entgelte war um einiges höher als das nach der Klausel der Bank (Z 44 Abs 2 u 3 der AGB, siehe oben bei Klausel 1) vorgesehene Maximum vom Dreifachen der VPI-Änderung. Die VPI-Änderung von November 2013 auf November 2014 betrug 1,6589 %. Das Dreifache hievon ist 4,977 %. Die im April 2015 den Konsumenten von der Beklagten mitgeteilten Änderungen hatten aber bis zu 9,3 % betragen. Diese Erhöhung ist daher unzulässig.
II. Abgewiesen wurden folgende Punkte des Klagebegehrens:
Die Bank schickte an ihre Fremdwährungsreditnehmer Schreiben, in denen sie eine Zinssatzsenkung ankündigte. Weiters teilte sie hierbei mit, dass sie beabsichtige, sofern der Indikator (zB LIBOR-CHF) unter Null läge, nicht das vereinbarte rechnerische Ergebnis aus Indikator zuzüglich Aufschlag, sondern mindestens den vereinbarten Zinsaufschlag zu verrechnen. Laut Gericht verstoßen Mindestzinssatzvereinbarungen beim Verbrauchergeschäft nicht gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, da § 6 KSchG nicht die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung überprüfen soll. Dieser Gedanke komme auch in § 879 Abs 3 ABGB deutlich zum Ausdruck, der nur solche Klauseln der Inhaltskontrolle unterzieht, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegen.
Zumindest die Hauptleistungspflichten ieS sind der Inhaltskontrolle entzogen. Dies betreffe nicht nur die Höhe des "Anfangszinssatzes", sondern auch einen Mindestzinssatz, der als Hauptleistungspflicht der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB entzogen und von den Anforderungen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG über die im Übrigen vereinbarte Anpassung gar nicht erfasst sei.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
LG Klagenfurt 18.11.2016, 21 Cg 85/15g
Klagevertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien