Zum Inhalt

Urteil: HG Wien zu VKI Sammelklage: Haftung für verschwiegenes Verlustrisiko bei MPC Fonds

Das HG Wien sieht im Zusammenhang mit der Vermittlung von MPC Hollandfonds eine Haftung der Hypo Steiermark und der CPM. In der Beratung wurde verschwiegen, dass das Risiko bestand, mehr als das eingesetzte Kapital zu verlieren. Dieses Risiko war auch in den Unterlagen nicht ersichtlich.

Der VKI führt im Auftrag des Sozialministeriums und in Zusammenarbeit mit Prozessfinanzierern mehrere Sammelklagen gegen die Landeshypothekenbank Steiermark AG und die CPM, die Österreichtochter des Hamburger Emissionshauses MPC. In einer Sammelklage, welche die MPC Hollandfonds zum Gegenstand hat, liegt nun ein erstes Teilurteil des Handelsgerichts Wien (HG Wien) vor. Das Gericht verurteilt die Hypo Steiermark und die CPM beispielhaft zum Schadenersatz für zwei Anleger, welche die Holland Fonds 47 und 53 gezeichnet hatten.

Die beiden Konsumenten hatten in den Jahren 2003 bzw. 2004 jeweils 20.000,-- Euro in Hollandsfonds investiert, und zwar im Wege einer mittelbaren treuhändig gehaltenen Kommanditbeteiligung. In der Folge waren planmäßige Ausschüttungen erfolgt. 2014 wurden beide Konsumenten informiert, dass eine Abwicklung der betroffenen Fonds außerhalb einer Insolvenz vorgesehen ist und dass Ausschüttungen grundsätzlich zurückzuzahlen sind. 

Die Fonds schrieben - anfangs auch plangemäß - Bilanzverluste, sodass die dennoch vorgenommenen Ausschüttungen eine Einlagenrückgewähr darstellen. Es ist daher daher - völlig unstrittig - möglich, dass Anleger das veranlagte Kapital zur Gänze verlieren können (Totalverlustrisiko).

Das HG Wien hält in diesem Zusammenhnag fest, dass es allerdings möglich ist, dass Anleger mehr als das eingesetzte Kapital verlieren können, weil selbst bei einem Totalverlust und der Rückforderung sämtlicher Ausschüttungen Steuerbeträge zu entrichten sind. Dies ist einerseits der Fall, wenn überhaupt keine Ausschüttungen erfolgen. Zum anderen aber auch dann, wenn nicht gewinngedeckte Ausschüttungen zu einem Wiederaufleben der Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern führen. 

Da von den Ausschüttungen noch vor der Auszahlung an den Anleger diese sogenannten "Hollandsteuern" abgezogen und bezahlt werden, fließt dem Anleger durch die Ausschüttungen weniger an Kapital zu, als seine Haftsumme gegenüber den Gesellschaftsgläubiggern wiederauflebt. Im schlimmsten Fall kann der Anleger also sein gesamtes Kapital in Höhe der Kommanditeinlage zuzüglich der - fiktiv berechneten, aber tatsächlich anfallenden - Steuern verlieren. 

Konkret bedeutet dies bei einem der beiden betroffenen Anleger etwa: Zwischen 2005 und 2011 wurden Ausschüttungen in Höhe von EUR 6.248,89 verbucht, wobei von diesem Betrag EUR 950,23 an Hollandsteuern abgezogen wurden. Tatsächlich wurden daher nur EUR 5.298,66 an den Anleger ausbezahlt. Den Anleger trifft aber das Risiko, EUR 6.248,89 zurückzuzahlen und damit insgesamt unter Berücksichtigung der verlorenen Einlage und des Agios mehr als das eingesetzte Kapital zu verlieren. 

Nach Ansicht des HG Wien liegen damit Umstände vor, die eine wesentliche Risikoerhöhung gegenüber einem "herkömmlichen" Totalverlust darstellen. Selbst ein risikofreudiger Anleger, der bewusst in Kauf nimmt, unter Umständen sein gesamtes eingesetztes Kapital zu verlieren, muss nach Ansicht des Gerichts nicht damit rechnen, dass er mehr als das investierte Kapital verlieren kann. Eine Aufklärung über dieses Risiko fand jedoch weder im Beratungsgespräch noch in der von der MPC zur Verfügung gestellten Verkaufsbroschüre  statt.

Das HG Wien sieht daher in beiden herausgegriffenen Fällen eine Haftung der Hypo Steiermark, weil über dieses schwerwiegende Verlustrisiko nicht aufgeklärt wurde. Das HG Wien sieht aber jedenfalls in einem der beiden im Urteil behandelten Fälle auch erstmals eine Haftung der CPM, da in den Prospektunterlagen die Angaben zu dem über das reine Kapitalverlustrisiko hinausgehenden Verlustrisiko fehlen.

Die vom HG Wien bestätigte Fehlerhaftigkeit der Prospektunterlagen lässt sich nach Ansicht des VKI außerdem auf alle anderen Fälle mit derartigen Hollandsteuern übertragen und stellt somit auch dort eine Haftung und Ersatz für die Anleger in Aussicht. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Stand: 4.1.2017).

HG Wien 22.12.2016, 16 Cg 45/14p

Volltextservice

Klagevertreter: Dr. Sebastian Schumacher 

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

OLG Graz: „Dauerrabatt“-Klausel der Grazer Wechselseitigen unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Grazer Wechselseitige Versicherung AG wegen deren „Dauerrabattklausel“. Das OLG Graz gab dem VKI Recht und erklärte die Klausel – wie auch schon das Erstgericht – für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Laufzeitrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang