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Urteil: Verrechnete Bankomatgebühr unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die RLB NÖ-Wien AG, weil bei Abhebungen bei bestimmten Bankomaten (vom Betreiber Euronet) pro Behebung EUR 1,95 verrechnet werden. Das HG Wien gab dem VKI Recht.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der RLB NÖ-Wien befindet sich folgende Klausel: "Bargeldbezug. Der Karteninhaber ist berechtigt an Geldautomaten im In- und Ausland, die mit einem auf der Bezugskarte angeführten Symbol eines Zahlungskartenservices gekennzeichnet sind, mit der Bezugskarte und dem persönlichen Code Bargeld bis zu dem mit dem Konto aber vereinbarten Limit für Bargeldbehebungen zu beziehen." (Punkt II.1.1.1. des Anhangs der AGB (Fassung Oktober 2015)).

Euronet, eine englische Kapitalgesellschaft mit Zweigniederlassung in Österreich, errichtet und betreibt Geldausgabeautomaten, bei denen Kunden mit Maestrokarte Barabhebungen tätigen können. Wird mit einer Maestrokarte Bargeld behoben, erscheint am Bildschirm des Geldausgabeautomats vor der Bereitstellung des Bargeldes folgender Hinweis:

"DER EIGENTÜMER DIESES TERMINALS, EURONET 360 LIMITED, WIRD DEM KARTENINHABER FÜR DIE GEWÄHLTE TRANSAKTION EINE GEBÜHR VON EUR 1,95 BERECHNEN.

WENN SIE EINVERSTANDEN SIND; DRÜCKEN SIE BITTE .ANNEHMEN'. 

WENN SIE BEENDEN MÖCHTEN, DRÜCKEN SIE BITTE .ABBRUCH'."

Drückt der Kunde auf "ANNEHMEN" zieht Euronet auf Grund einer im Rahmen des Behebungsvorganges generierten Abbuchungsermächtigung beim Konto des Behebers, das bei der Beklagten geführt wird, den Betrag von EUR 1,95 ein, was zu einer entsprechenden Belastung des Kontos - zusätzlich zum behobenen Betrag - führt.

Ein Hinweis auf eine Gebührenpflicht ist am Bankomat selbst nicht ersichtlich. Auch die Willkommensmeldung enthält keinen Hinweis auf die Gebührenpflicht. Führt man die Karte in den Bankomaten ein, erscheinen zunächst chronologisch hintereinander zwei unterschiedliche Warteaufforderungen. Auch bei diesem Schritt erfolgt noch kein Hinweis auf eine Entgeltlichkeit des Behebungsvorganges. In einem weiteren Schritt wird der Geldbeheber aufgefordert, seinen PIN einzugeben. Auch dabei erscheint am Bildschirm noch kein Hinweis auf die Entgeltlichkeit des Behebungsvorganges. In einem weiteren Schritt wählt der Beheber den Betrag den er beheben möchte. Auch auf dieser Bildschirmmaske ist noch kein Hinweis auf die Entgeltlichkeit des Behebungsvorganges zu entnehmen. Erst nach Wahl des zu behebenden Betrages erscheint dann die Information, wonach der Behebungsvorgang EUR 1,95 kostet.

Der VKI klagte wegen einer unzulässigen Geschäftspraktik (§ 28a KSchG). 

Laut HG Wien ist das Verhalten von Euronet zweifellos unlauter. Euronet hat nämlich ihren Auftritt offenbar ganz bewusst so gewählt, dass der Kunde die Information über das zu entrichtende Entgelt erst erhält, wenn er schon den Großteil der erforderlichen Schritte zur Bargeldbehebung hinter sich gebracht hat. Während des Großteils des Behebungsvorgangs führt Euronet die Kunden daher bewusst über die Entgeltlichkeit des Vorgangs in die Irre, um die Möglichkeit auszunutzen, dass Kunden nachdem sie schon etliche Zeit mit dem Behebungsvorgang verbracht haben, diesen trotzdem sie ein Entgelt bei sofortiger Information nicht akzeptieren würden und keine Behebung vornehmen würden, den Vorgang gerade wegen des fortgeschrittenen Behebungsvorgangs doch nicht abbrechen. Sie müssten dann nämlich einen anderen Geldausgabeautomaten aufsuchen und den Vorgang neuerlich beginnen.

Euronet verstößt gegen vorvertragliche Interessenwahrungspflichten gegenüber den Kunden und evident auch gegen die § 1 und 2 UWG. Das Verhalten der Euronet könnte sogar möglicherweise als gerichtlich strafbar iSd § 146 StGB beurteilt werden. Ob die Beklagte, die der Euronet trotz evident rechtswidrigem Verhalten zur Durchsetzung ihrer Ansprüche verhilft, bei einer derartigen Unlauterkeit als Mittäter haftet, kann aber dahingestellt bleiben. Der Kläger wendet sich nämlich nicht gegen ein dadurch begründetes unzulässiges Verhalten der Beklagten sondern gegen einen Verstoß gegen das gesetzliche Gebot der Vertragstreue, da die Beklagte doch in den Verträgen die unentgeltliche Behebung für ihre Kunden garantiere.

Dem Kläger ist darin zu folgen: In Österreich ist Entgelt für die Behebung von Bargeld bei Geldausgabeautomaten absolut unüblich. Punkt II.1.1.1. des Anhangs der AGB sind so zu verstehen, dass damit vereinbart ist, dass der Kartenbesitzer bei allen entsprechend gekennzeichneten Geldausgabeautomaten unentgeltlich beheben kann. Gegen diese Vertragsbestimmung verstößt die Beklagte, indem sie das Konto der Kunden mit EUR 1,95 belastet. Damit verstößt sie gegen das gesetzliche Gebot, dass sie sich an die mit ihren Kunden geschlossenen Verträge zu halten hat und zusätzlich auch gegen die Bestimmung des § 27 Abs. 2 ZaDiG, wonach nur solche Entgelte für die Erbringung von Zahlungsdiensten im Zusammenhang mit einem von ihr abgeschlossenen Rahmenvertrag zu verrechnen, die vorher mit dem Zahlungsdienstnutzer in diesem Rahmenvertrag gemäß § 28 Abs 1 Z 3 lit a wirksam vereinbart worden sind.

Das Urteil ist nicht rechtkräftig (Stand: 7.3.2017)

HG Wien 1.3.2017, 11 Cg 66/16t
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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