Zum Inhalt

"Negativzinsen": Aufschlag als Untergrenze ist unzulässig

Oberster Gerichtshof: Bei einer vereinbarten Zinsanpassungsklausel eines Indikators (zB Libor) + Aufschlag darf die Bank bei einem negativen Indikator nicht den ganzen Aufschlag als Zinsen verrechnen.

Im Fremdwährungskredit des klagenden Kreditnehmers war ein variabler Zinssatz vereinbart: Als Zinsanpassungsklausel wurde der 3-Monats-LIBOR (Indikator) zuzüglich eines fixen Aufschlags von 1,250% festgelegt.

Der Kläger klagte auf Feststellung, dass es nicht zulässig sei, dass die Bank nun diesen Aufschlag als Untergrenze annimmt, auch wenn der rechnerische Zinssatz durch einen negativen Indikator geringer ist als der Aufschlag.

Zur besseren Verständlichkeit folgendes Beispiel:
Liegt der 3-Monats-Libor bei zB -0,73 % (aktuell am 22.5.2017), bedeutet dies, dass vom vereinbarten Aufschlag (hier 1,25) dieser Wert abzuziehen ist, sodass sich ein Zinssatz iHv 0,52% ergibt.

Nach Ansicht der Bank würde in diesem Fall der vereinbarte Aufschlag als Zinssatz bleiben, dh 1,25%.

Der OGH sprach nun deutlich aus, dass es in einem solchen Fall nicht zulässig ist, dass die Bank mindestens den Aufschlag als Sollzinsen verlangen kann.
Dies stünde im Widerspruch zum Gesetz (§ 6 Abs 1 Z 5 KSchG), weil sich der Sollzinssatz dann nicht zu Gunsten des Konsumenten bis nach unten (nämlich bis Null) entwickeln kann, während nach oben eine entsprechende Grenze fehlt. Der Kreditnehmer, der einer Zinsänderungsklausel zustimmt und keinen Fixzinssatz wünscht, geht - auch für den Kreditgeber erkennbar - von einer symmetrischen Verteilung von Chancen und Risiken aus.


OGH 3.5.2017, 4 Ob 60/17b

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Geschlechtsumwandlung - OGH untersagt diskriminierende Versicherungsklausel

Geschlechtsumwandlung - OGH untersagt diskriminierende Versicherungsklausel

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums den "muki Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit" aufgrund eines Risikoausschlusses, der transgender und intersexuellen Personen die Möglichkeit nimmt eine medizinisch notwendige Geschlechtsumwandlung mit Kostendeckung des Versicherers durchzuführen, wodurch diese Personengruppe diskriminiert wird. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte die Rechtsansicht des VKI.

„Versicherungsmathematische Grundsätze“ müssen laut OGH nicht erklärt werden

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Wiener Städtische wegen einer Klausel in der Polizze für eine Rentenversicherung sowie einer Klausel aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Beide Klauseln wurden von den Vorinstanzen für unzulässig erklärt. Die Wiener Städtische legte nur zur zweiten Klausel Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts beim OGH ein, die der OGH für berechtigt erachtete.

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

unterstützt durch das 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang