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Urteil: Frist für Berufung auf gesetzwidrige Klausel

Weiteres Teilurteil der Bundesarbeiterkammer gegen die card complete Service Bank AG.

Unzulässige Klauseln:

K 5: Die geänderten Geschäftsbedingungen werden dem KI über [www.c**.com] zugänglich gemacht.

K 26: Eine Änderung dieser AGB wird dem KI schriftlich zur Kenntnis gebracht und gilt nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung als genehmigt, wenn der KI nicht schriftlich unterfertigt innerhalb dieser Frist widerspricht. Die geänderten AGB werden dem KI über [www.c**.com]  zugänglich gemacht. Ein Widerspruch berechtigt beide Vertragsparteien zur Auflösung des Kartenvertrages aus wichtigem Grund. C** wird den KI auf die Änderung der AGB, die zweimonatige Frist, den Fristbeginn, die Bedeutung seines Verhaltens und die ihm zustehenden Rechte besonders hinweisen.

Auch wenn Klausel 26 den formalen Vorgaben des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entspricht, ist ihre Zulässigkeit weiter nach § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB zu prüfen. Da K 26 ein unbeschränktes Änderungsrecht beinhaltet, ist sie unzulässig.

Auch K 5 enthält keine entsprechende Einschränkung. Die Klausel bezieht sich undifferenziert auf jede mögliche Änderung dieser Geschäftsbedingungen.


K 14:  Liegt einer Transaktion keine oder eine davon abweichende Zahlungsanweisung des KI zugrunde, kann der KI die Berichtigung einer Anlastung nur dann erwirken, wenn er c** unverzüglich nach deren Feststellung, jedoch spätestens 13 Monate nach Zustellung der Monatsrechnung hievon unterrichtet hat. Diese Frist gilt nicht, wenn c** dem KI die Informationen gemäß Punkt 7.1. zu der jeweiligen Anlastung nicht zugänglich gemacht oder mitgeteilt hat.

Die Klägerin erachtet die Klausel aufgrund der Formulierung "nur dann" als mit § 36 Abs 3 ZaDiG unvereinbar. Diese Bestimmung sehe vor, dass andere Ansprüche zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsdienstnutzer auch im Fall einer Verletzung der Rügeobliegenheit unberührt blieben. Der OGH bestätigte hier den Verstoß gegen § 36 Abs 3 letzter Satz ZaDiG, unter Verweis auf 1 Ob 244/11f (K 6).


K 17: Die Entgelte und Gebühren sind auf Grundlage des von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex 2005 (VPI 2005) oder des an seine Stelle tretenden Index wertgesichert. Als Bezugsgröße für diesen Vertrag dient die für den Monat Oktober 2009 errechnete Indexzahl. Eine Erhöhung oder Verringerung der Entgelte und Gebühren erfolgt einmal jährlich am 1. Februar eines jeden Kalenderjahres, wobei Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten bis ausschließlich 5 % berücksichtigt bleiben. Dieser Spielraum ist bei jedem Überschreiten nach oben oder unten neu zu berechnen, wobei stets die erste außerhalb des jeweils geltenden Spielraums gelegene Indexzahl die Grundlage sowohl für die Neufestsetzung der Entgelte als auch für die Berechnung des neuen Spielraums zu bilden hat. Die Berechnung erfolgt auf zwei Dezimalstellen. Sollte c** im Falle einer Erhöhung des VPI eine Anpassung nicht vornehmen, so verzichtet c** nicht auf das Recht, die betreffende Erhöhung in den Folgejahren bei der Anpassung der Entgelte zu berücksichtigen. C** wird eine Änderung der Gebühren und Entgelte vor Wirksamkeit auf [www.c**.com] veröffentlichen.

In allen nicht in § 29 Abs 2 S 1 ZaDiG angeführten Fällen (dort genannt: Änderung der Zinssätze und der Wechselkurse) bedarf eine Änderung der Entgelte nach dem Abschluss des Rahmenvertrags der Einhaltung der in § 29 Abs 1 ZaDiG vorgesehenen Vorgangsweise (vgl 1 Ob 244/11f, K 16). Gegenständliche Klausel hält nicht die Vorgaben des § 29 Abs 1 ZaDiG ein.

K 21: Ist eine Karte über das Vertragsende hinaus gültig, so hat der KI die jeweilige Karte binnen zwei Wochen nach Vertragsbeendigung an c** zurückzustellen oder die Vernichtung der jeweiligen Karte schriftlich unterfertigt zu bestätigen. Unterlässt dies der KI schuldhaft, ist c** berechtigt, die Kosten einer Kartensperre (Punkt 20.) in Rechnung zu stellen und/oder die Karte einzuziehen.

K 27: Liegt die Ursache für eine Kartensperre in der Sphäre des KI, ist c*** berechtigt, eine Sperrgebühr (Punkt 20.) zu verrechnen. ...
... Entgelte, Gebühren und Zinsen:
... Sperrgebühr EUR 40,-
... Rücklastschriftspesen tatsächlich anfallende Bankspesen
zzgl. Bearbeitungsgebühr von EUR 4,-.

Nach der Rechtsprechung ist in § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG abschließend geregelt, in welchen Fällen der Zahlungsdienstleister neben den für die Zahlungsdienste vereinbarten Entgelten (§ 27 Abs 2 ZaDiG) einen Aufwandersatz- bzw Kostenersatzanspruch geltend machen kann. Der OGH hat hat bereits zu 9 Ob 26/15m und 9 Ob 31/15x ausgesprochen, dass die in § 35 Abs 1 ZaDiG vorgesehene Sperrmöglichkeit eine sonstige Nebenpflicht iSd § 27 Abs 3 ZaDiG darstellt, diese Nebenleistung aber nicht dem taxativ aufgezählten Ausnahmekatalog des § 27 Abs 1 und 3 ZaDiG unterfällt, weshalb der Zahlungsdienstleister dafür kein (gesondertes) Entgelt verrechnen darf (s auch 6 Ob 120/15p).

Im Hinblick auf die "Rücklastschriftspesen" ("tatsächlich anfallende Bankspesen") geht aus der Revision nicht hervor, dass damit - entgegen der Bezeichnung als Spesen - kein Aufwandersatz geltend gemacht wird, sodass die genannte Rechtsprechung auch dafür zum Tragen kommt.


Leistungsfrist für Sich-Berufen

Der Beklagten wurde eine sechsmonatige Leistungsfrist sowohl für das Verbot der Verwendung als auch für das Verbot, sich auf die unzulässige Klausel zu berufen, zuerkannt. Letzteres wurde mit Revision versucht zu bekämpfen, aber erfolglos.

Zunächst zitiert der OGH Entscheidungen, bei denen die Leistungsfrist sowohl auf den Tatbestand des Verwendens der Klausel oder sinngleicher Klauseln in Neuverträgen als auch des Sich-Berufens auf den unzulässigen Inhalt der Klausel in Altverträgen angewandt wurde (zB 4 Ob 130/03a; 10 Ob 70/07b; 2 Ob 131/12x; 7 Ob 44/13s; 9 Ob 56/13w [25.3.2014]; 2 Ob 20/15b; 9 Ob 7/15t; 9 Ob 26/15m; 6 Ob 120/15p) und zum Teil auch explizit ausgesprochen, dass diesbezüglich nicht zu unterscheiden ist (zB 2 Ob 131/12x; 7 Ob 44/13s; 9 Ob 56/13w [25.3.2014]; 2 Ob 20/15b; 9 Ob 7/15t; 9 Ob 25/15m; 6 Ob 120/15p). Dann jene Entscheidungen, bei denen nur für das Verwenden die Leistungsfrist eingeräumt wurde, aber nicht für sich Berufen (5 Ob 118/13h; 6 Ob 235/15z; 2 Ob 155/16g, 4 Ob 147/17x und 7 Ob 81/17p).

Der hier erkennende 9.Senat ist der Ansicht, dass die Frage der Zulässigkeit einer Leistungsfrist für das Sich-Berufen auf unzulässige Klauseln nicht generell nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip zu beantworten ist. Die Setzung einer Leistungsfrist bedarf vielmehr der Berücksichtigung der jeweiligen Umstände. Denn es kann Klauselwerke geben, die ein sofortiges Abstandnehmen von einem Sich-darauf-Berufen erlauben und zur Umsetzung dieses Unterlassungsgebots keine weiteren aktiven Vorkehrungen erfordern. Es kann aber ebenso Klauselwerke geben, die sehr wohl bestimmter betrieblicher und/oder organisatorischer Maßnahmen bedürfen, um zu verhindern, dass sie weiter der Gestion von Altverträgen zugrunde gelegt werden; als Bsp hierzu genannt wird etwa die Saldoziehung und Ermittlung von unrichtigen - weil auf Grundlage einer gesetzwidrigen Klausel ermittelten - Kontoständen in Verbraucherverträgen ein Sich Berufen ist. Hier sei der Bank zuzugestehen, dass die Korrektur der Zinssätze und Kontostände im EDV-System etwas Zeit in Anspruch nehmen könne. Zur Umsetzung des Unterlassungsgebots für ein Sich-Berufen kann daher unter Umständen auch mehr als die bloße Anweisung an die mit der Bestandkundenbetreuung befassten Mitarbeiter, sich nicht mehr auf eine Klausel zu berufen, erforderlich sein.

Bedarf es dergestalt einer Leistungsfrist, wird aber auch darauf Bedacht zu nehmen sein, dass der Unternehmer seine Rechtsposition aus den rechtswidrigen Klauseln keinesfalls ohne Notwendigkeit aufrechterhalten können soll, was im Zweifel für eine knappere Bemessung der Frist sprechen wird.

Die allfällige Setzung einer Leistungsfrist ist unter dem Aspekt von Art 7 Abs 2 der KlauselRL 93/13/EWG (angemessene und wirksame Mittel, um der Verwendung missbräuchlicher Vertragsklauseln ein Ende zu setzen) nicht unionsrechtswidrig, weil die KlauselRL nicht auf die Harmonisierung der Sanktionen gerichtet ist.

OGH 21.3.2018, 9 Ob 82/17z
Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien

Anmerkung:

In diesem Verfahren sind mehrere Teilurteile ergangen:  Siehe dazu: 9 Ob 46/16d, 9 Ob 56/13w und 9 Ob 7/15t.

Das Urteil im Volltext.

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