Der VKI klagte - im Auftrag des Sozialministeriums - A1 wegen einer unzulässigen Geschäftspraktik und einer unzulässigen Klausel.
Gemäß § 6b KSchG darf ein Unternehmer, der einen Telefonanschluss eingerichtet hat, um im Zusammenhang mit geschlossenen Verbraucherverträgen seinen Vertragspartnern eine telefonische Kontaktnahme mit ihm zu ermöglichen, einem Verbraucher, der diese Möglichkeit in Anspruch nimmt, dafür kein Entgelt anlasten. Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für eigentliche Kommunikationsdienstleistungen zu verlangen, bleibt dadurch unberührt.
Die Bestimmung des § 6b KSchG wurde in Umsetzung von Artikel 21 der Richtlinie 2011/83/EU erlassen und ist daher unionsrechtskonform auszulegen.
A1 hatte für die Marke Georg zwei Helplines eingerichtet. Die Hotline unter der Kurznummer 610 stand Konsumenten nur zur Verfügung, wenn sie von einer Georg-Handynummer anriefen. Für Anrufe bei der zweiten Hotline (eine 0820er-Vorwahl) wurden EUR 0,15 pro Minute verlangt. Kunden die zB ihre SIM-Karte ausschließlich für die Internetnutzung - etwa in einem Router - verwendeten oder deren Georg-Handy defekt war, mussten somit EUR 0,15 pro Minute für einen Anruf bei der Helpline bezahlen. Der EuGH hatte bereits in der Rechtssache C-568/15 festgestellt, dass der Grundtarif (in Österreich: "Entgelt für die eigentliche Kommunikationsdienstleistung") den Standardkosten einer gewöhnlichen Verbindung, die der Verbraucher erwarten kann und die nicht erfordern, dass der Unternehmer ihn über diese Kosten informiert, entsprechen muss. Somit ergibt sich, dass der Begriff "Grundtarif" den üblichen Tarif für ein Telefongespräch ohne zusätzliche Kosten für den Verbraucher meint. Es ist daher nicht zulässig EUR 0,15 für einen Anruf bei der Helpline zur verlangen.
Durch solche Kosten könnte der Verbraucher etwa von der Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte oder seines Widerrufsrechts abgehalten werden. Der Verbraucher kann nicht dazu verpflichtet werden, Produkt oder Netz der beklagten Partei zur Kontaktaufnahme zu verwenden, um zusätzlichen Kosten abzuwenden. Bei bestimmten Produktkategorien oder Problemen mit Produkten von A1, ist dies mitunter gar nicht möglich.
Auch für Anrufe bei der Helpline mit der Kurznummer 610 sollten nach den AGB von Georg im Vertragsentgelt inkludierte Freiminuten nicht verwendet werden können. Vielmehr wurde Konsumenten auch in diesem Fall ein Entgelt verrechnet. Dieses Entgelt entsprach jenem, das auch für über die Freieinheiten hinausgehende Minuten verrechnet wurde. Die Kosten eines gewöhnlichen Telefongesprächs (Telefonate in alle Netze österreichweit) sind bei vielen Tarifen bis zum Überschreiten der Freiminutengrenze mit dem "Grundentgelt" pauschal abgegolten. Wenn A1 die Verwendung von Freiminuten für Anrufe zur Helpline ausschließt und stattdessen einen Minutentarif verrechnet, so stellt dies ein zusätzliches Entgelt dar, welches bei einem gewöhnlichen Telefongespräch (innerhalb der Freiminutengrenze) nicht verrechnet werden würde. Das HG Wien erkannte darin genau jenes Übersteigen des Grundtarifs, welches mit Art 21 Verbraucherrechte-RL unvereinbar ist.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 4.3.2020).
HG Wien 25.02.2020, 17 Cg 24/19i
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien