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T-Mobile
Bild: VDB Photos/Shutterstock

Erfolg bei Servicepauschale gegen Telekommunikationsanbieter

Im Auftrag des Sozialministeriums vertritt der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in mehreren Musterprozessen gegen Telekommunikationsanbieter Konsument:innen bei der Rückforderung der Servicepauschale. Jetzt kam es in zwei Verfahren des VKI gegen T-Mobile zu erstinstanzlichen Entscheidungen. In beiden Fällen beurteilte das Bezirksgericht für Handelssachen (BGHS) Wien die Einhebung der Servicepauschale als unzulässig. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Im Zusammenhang mit Fitnesscenterverträgen hat der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits klargestellt, dass die Verrechnung von Entgelten ohne konkrete Zusatzleistung und ohne konkrete Kosten aufseiten des Unternehmers unzulässig ist. Telekom-Anbieter hatten bisher argumentiert, dass diese Rechtsprechung des OGH nicht auf sie übertragbar wäre.

In zwei Musterprozessen des VKI gegen T-Mobile liegen nun erstinstanzliche Urteile vor, die die Rechtsansicht des VKI vollinhaltlich bestätigen und T-Mobile zur Rückzahlung der eingehobenen Servicepauschalen verurteilen. 

Unzulässigkeit der Servicepauschale

In einem Fall (BGHS zu 10 C 55/24x) hatte der Verbraucher im Jahr 2015 einen Internetnutzungsvertrag bei T-Mobile abgeschlossen. 

Bis Mai 2021 hob T-Mobile neben dem monatlich zu zahlenden Grundentgelt auch ein monatlich zu zahlendes „Internet Serviceentgelt“ (EUR 1,25) ein. Welche Leistungen damit verbunden sind, ging aus der dazugehörigen Vertragsklausel nicht hervor. Nach einer Tarifumstellung im Mai 2021 zahlte der Kunde eine "Servicepauschale" iHv EUR 27,00 im Jahr. Laut Vertragsbedingungen umfasst sie folgende Leistungen: Änderung einer Rufnummer (Digitaltelefon), Fangschaltung (Digitaltelefon) und drei nachträgliche Rechnungskopien.

Das BGHS beurteilte die Klauseln zu den Zusatzpauschalen als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB). Zum einen wurden sie unabhängig davon verrechnet, ob die in der Klausel zur Servicepauschale genannten Zusatzleistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden. Zum anderen sei auch die jeweilige Höhe der Servicepauschale im Verhältnis zu den dafür angebotenen Zusatzleistungen nicht nachvollziehbar. Dazu komme, dass bis zurTarifumstellung noch gar keine Zusatzleistungen für die Zusatzpauschale angeführt wurden.

Vergleichbar entschied das BGHS in einem Parallelverfahren (10 C 55/24x). Das Gericht stützte die Unzulässigkeit aber insbesondere darauf, dass die mit der Servicepauschale verbundenen Zusatzleistungen entweder bereits ohnedies durch das Grundentgelt abgegolten gewesen seien (Digital Telefon) oder dem Kunden ohnehin extra verrechnet worden wären (zB Rufnummernänderung). Vor dem Hintergrund sei nicht erkennbar, dass dem Internet Service Entgelt irgendeine konkrete Leistung gegenüberstehe.

Verjährung in 30 Jahren

Das BGHS bestätigte, dass die Ansprüche auf Rückforderung der bezahlten Pauschalen einer langen Verjährungsfrist von 30 Jahren unterliegen (§ 1478 ABGB). Die von der Gegenseite eingewendete kurze Verjährungsfrist von 3 Jahren komme nur bei den in § 1486 ABGB taxativ aufgezählten, hier nicht einschlägigen Ansprüchen zur Anwendung (BGHS 10 C 55/24x).

Unzulässigkeit der Kündigung 

Während des laufenden Verfahrens hatte T-Mobile gegenüber den betroffenen Konsument:innen die Kündigung ausgesprochen. Laut BGHS widerspricht eine Kündigung ohne sachliche Rechtfertigung aber § 128 Abs 1 TKG, der einen Kontrahierungszwang für Telekommunikationsanbieter anordnet. Die klagsweise Durchsetzung von Ansprüchen stellt nach Ansicht des Gerichts eine legitime Rechtsverfolgung dar, die keine sachliche Rechtfertigung für eine Kündigung bietet (BGHS 6 C 690/23y). 

Aktivlegitimation des VKI für abgetretene Feststellungsansprüche 

In beiden Verfahren bejahte das Gericht die Wirksamkeit der Abtretung des Feststellungsanspruchs an den VKI zwecks Führen eines Musterprozesses iSd § 502 Abs 5 Z 3 ZPO: 

Durch die (umfassende) Abtretung sämtlicher im Zusammenhang mit dem Vertrag stehender Ansprüche komme die Abtretung nicht einer nach österreichischem Recht unzulässigen Übertragung eines reinen Prozessführungsrechts gleich; bei Abtretung von privatrechtlichen Ansprüchen umfasse die damit verbundene Rechtsposition des Zessionars auch das Recht, eine den abgetretenen Anspruch betreffende Feststellungsklage (§ 228 ZPO) zu erheben.

 

Klagsvertreter: Mag. Matthias Strohmayer, Rechtsanwalt in Wien

BGHS 17.04.2024, 6 C 690/23y (nicht rk)

BGHS 18.04.2024, 10 C 55/24x (nicht rk)

 

 

 

 

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