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Urteil: VKI-Erfolg gegen Apple

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Apple Distribution International (im Folgenden Apple) vor allem wegen der Verletzung der Informationspflicht bezüglich der gesetzlichen Gewährleistungsrechte der Verbraucher.

Die Beklagte betreibt weltweit den Handel mit "Apple"-Produkten. Über ihre deutschsprachige Webseite bietet sie ihre Leistungen auch gegenüber Verbraucherin in Österreich an.

In den AGB "Apple Store AGB Versand & Lieferung" befand sich bis Herbst 2017 folgende Klausel: "Die Lieferfenster können abhängig von der gewählten Lieferadresse und der Verfügbarkeit der Artikel variieren."

Das erstinstanzliche Gericht (Handelsgericht Wien) führte bereits aus, dass ein Verbraucher, der kostenpflichtige Zusatzleistungen wie spezielle Lieferfenster in Anspruch nehme, ein konkretes Interesse daran habe, die Leistung wie vereinbart, also auch zum konkret gewählten Lieferzeitpunkt, zu erhalten.

Auch das OLG Wien stufte die Klausel für gesetzwidrig ein. Die Klausel ist intransparent (§ 6 Abs 3 KSchG). Aus der Klausel geht nicht klar hervor, warum Lieferfenster variieren können, zu welchem Zeitpunkt diese mögliche Variation sich für den Kunden herauskristallisiert und ob ein Lieferfenster auch nachträglich (einseitig) geändert werden kann. Weiters liegt ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG vor, wonach einseitige Vertragsänderungen des Unternehmers nur dann zulässig sind, wenn die Änderungen dem Verbraucher zumutbar, insbesondere weil sie geringfügig und sachlich gerechtfertigt sind. Insgesamt bleibt die Formulierung vage und lässt ohne zeitliche Einschränkung keine Beurteilung der Zumutbarkeit zu. Sie enthält keinen Hinweis auf entsprechende Parameter, die eine einseitige Vertragsänderung lediglich unter zumutbaren Umständen erlauben würde.

Der VKI hatte auch einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 1 KSchG vorgebracht (unangemessen lange bzw nicht hinreichend bestimmte Frist, innerhalb derer der Verbraucher an den Vertrag gebunden ist). Dies musste das OLG Wien nicht mehr abschließend beurteilen, führte aber aus, dass das Rücktrittsrecht nach § 11 FAGG eine (parallele) Anwendung des § 6 Abs 1 Z 1 KSchG nicht ausschließe.

In den AGB ("Verkaufs- & Rückgabebedingungen") der Beklagten auf der nach Österreich ausgerichteten Unterseite von www.apple.com war ein Hinweis auf die gesetzliche Gewährleistung. Dieser wurde seit der Abmahnung durch den VKI geändert. Zunächst stand, dass die einjährige Herstellergarantie von Apple "zusätzlich zu den im Rahmen des österreichischen Verbraucherschutzgesetzes geltenden Verbraucherschutzrechten gewährt" wird. Dann war ein Link zu "weiteren Details" zu finden, unter dem dann weiterführende Informationen zu den Gewährleistungsrechten zu finden waren. In weiterer Folge wurde die Klausel geändert darauf geändert, dass die Herstellergarantie "zusätzlich zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten gewährt" wird, wiederum mit Link zu weiteren Informationen.

§ 4 Abs 1 Z 12 FAGG sieht für Kaufverträge im Internet vor, dass der Unternehmer in klarer und verständlicher Weise zusätzlich zu dem Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Ware gegebenenfalls über das Bestehen und die Bedingungen von gewerblichen Garantien informieren muss.

"Klarheit und Verständlichkeit" bedeutet, dass die Information so erteilt werden muss, dass sie vom Verbraucher - bei gehöriger Aufmerksamkeit - vor Vertragsabschluss überhaupt wahrgenommen wird, weil sie sonst ihre Funktion nicht erfüllen kann.

Grundsätzlich ist es ok, wenn die Informationen zu den gewerblichen Garantien (nur) in den AGB enthalten sind oder sich hinter einem aufklappbaren Textteil bzw einem Pop-up-Fenster verbergen, sofern der Webauftritt so gestaltet ist, dass im Zusammenhang mit der Produktpräsentation sichergestellt wird, dass der Verbraucher ausreichend deutlich (und rechtzeitig) auf den Auffindungsort und die Art der Information hingewiesen wird. Die für den Verbraucher bestimmten Informationen dürfen daher nicht innerhalb der AGB versteckt werden. Es widerspricht der Hinweispflicht nach § 4 Abs 1 Z 12 FAGG, wenn der Kunde erst die AGB herunterladen muss, um die Informationen lesen zu können, oder wenn die Informationen erst sichtbar werden, wenn er Produktdetails aufklappen muss (5 Ob 110/19s).

Im vorliegenden Fall wird auf die von der Beklagten vertriebenen Apple-Produkte eine gewerbliche Garantie gewährt. Dass die Website der Beklagten insgesamt mehrere (inhaltlich sogar weit über das gesetzliche Erfordernis hinausgehende) Informationen über die gesetzliche Gewährleistung enthält bzw mehrere Wege zur Verfügung stellt, um über Verlinkungen auf der Website zu diesen Informationen zu gelangen, reicht nach der oben zitierten oberstgerichtlichen Judikatur nicht aus. Zwar müssen die Kunden am Ende des Bestellvorgangs die AGB akzeptieren und erhalten auch an dieser Stelle einen Link zu den AGB. Sie erhalten dort aber keine Information, dass diese AGB auch einen Hinweis auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht enthalten. Der bloße Verweis auf die AGB reicht zur Klarheit und Verständlichkeit des Hinweises auf das neben der Garantie bestehende Gewährleistungsrecht nicht aus.

Die Informationspflicht der Beklagten betreffend das Gewährleistungsrecht erschöpft sich in einem bloßen Hinweis auf den Bestand des gesetzlichen Anspruchs, und umfasst nicht auch Informationen zum Inhalt des Rechts. Dies kann aber den fehlenden Hinweis auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht bzw den fehlenden Hinweis auf den Auffindungsort eines solchen Hinweises im Rahmen der Produktpräsentation oder des Bestellvorgangs nicht kompensieren.

Auf den gesetzlichen Gewährleistungsanspruch ist nur dann hinzuweisen, wenn es - wie hier - gewerbliche Garantien gibt (5 Ob 110/19s). 

Apple ist daher nach dem OLG-Urteil schuldig, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Österreich künftig zu unterlassen, Verbraucher, bevor diese durch einen Vertrag oder eine Vertragserklärung gebunden sind, nicht klar und verständlich, insbesondere durch einen Hinweis im Zuge der Produktpräsentation oder des Bestellungsprozesses, über das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Ware zu informieren, sofern für das entsprechende Produkt eine gewerbliche Garantie besteht.

Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien 10.6.2020, 1 R 94/19d
Volltextservice
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien


Anmerkung:
Der VKI hatte die Beklagte vor Einbringung der Klage außergerichtlich abgemahnt und aufgefordert, mehrere Klauseln zu unterlassen. Die Apple Distribution International gab zu folgenden Klauseln eine Unterlassungserklärung ab:

1. Sobald der Käufer uns von seinem Rückgabewunsch in Kenntnis gesetzt hat, muss er lediglich das Produkt samt Originalzahlungsbeleg, Originalverpackung und mitgeliefertem Zubehör innerhalb von 14 Tagen an uns zurückschicken.

2. Die folgenden Artikel können nur zurückgegeben werden, wenn ein Mangel oder eine Vertragswidrigkeit vorliegt: (...)

Abonnements von Up-To-Date-Programmen, iTunes Geschenkkarten, Apple Store Geschenkkarten und alle Apple Developer Produkte.

3. Weist das Produkt Beschädigungen auf, sind wir berechtigt, den Betrag der Rückerstattung abzüglich der Wertminderung des Produkts zu verrechnen.

4. Nachdem ein Käufer uns über seinen Wunsch der Rückgabe einer Apple Watch aus der Kollektion "Edition" gemäß den regulären Rückgabebedingungen oben informiert hat, wird unser Spediteur ihn für die Abholung kontaktieren. Die Apple Watch der Edition Kollektion kann nur dann zurückgegeben werden, wenn sie durch die Außenstelle von Apple geprüft wurde und unbeschädigt und unbeeinträchtigt ist. Der Käufer erhält innerhalb von 14 Tagen eine Erstattung entsprechend der beim Kauf verwendeten Zahlungsart.

5. Bei einem Fehler bei der Preisangabe informieren wir den Käufer über diesen Fehler und lassen ihm die Wahl, entweder die Transaktion zum korrigierten Preis fortzusetzen oder die Bestellung kostenfrei zu stornieren.

6. Die unten genannten Versandkosten verstehen sich ohne Mwst.

8. Wird eine private Adresse angegeben, bei der es einen Empfangs- oder Concierge-Dienst gibt, wird unser Spediteur die bestellte Ware an den Concierge übergeben. Der Concierge kann den Empfang der Lieferung quittieren, sofern er einen festen Arbeitsplatz an der Rezeption oder innerhalb des Gebäudes hat.

9. Wird eine Bestellung gerade für den Versand vorbereitet oder ist bereits unterwegs, muss die Zustellung der Ware abgewartet werden, bevor eine Rückgabe vereinbart werden kann.


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