Zum Inhalt

Urteil: Bankomatkartenmissbrauch - Keine Haftung, wenn Sorgfalt nicht verletzt

Wer Karte und PIN sorgfältig verwahrt haftet nicht für unberechtigte Bankomatbehebungen durch Dritte. Es reicht aus, die Geldbörse im Rucksack bei sich zu tragen und - wenn niemand erkennbar zusieht - die Tastatur des Bankomat mit dem Oberkörper abzudecken.

Der Konsument hatte sich den PIN zu seiner Bankomatkarte eingeprägt und nirgends aufgeschrieben.

Im Juni 2004 hatte er bei einem Bankomat in der Wiener Innenstadt 90 Euro behoben. Bei der Behebung hatte er nicht bemerkt, dass irgendjemand versucht hätte, ihm bei der Behebung zuzusehen. Er deckte mit seinem Oberkörper - direkt vor dem Gerät stehend - die Tastatur ab, unternahm aber keine weiteren besonderen Vorsichtsmaßnahmen (zB Abdecken der Tastatur mit der Hand, ...).

In der Folge verwahrte er die Bankomatkarte in der Geldbörse und diese in seinem Rucksack. In der U-Bahn wurde er Opfer eines Taschendiebes. Geldbörse und Bankomatkarte waren weg. In weiterer Folge behoben unbekannte Täter rasch nach dem Diebstahl - und vor Wirksamwerden einer Sperre - 310 Euro; die Bank belastete das Konto des Konsumenten mit diesem Betrag.

Der VKI klagte (im Auftrag des BMSG) in Namen des Konsumenten die Bank auf Rückbuchung von 310 Euro; dieses Verfahren wurde nun in erster Instanz gewonnen.

Nach den gültigen Bankomatbedingungen haftet der Karteninhaber für missbräuchliche Behebungen nur dann, wenn er Karte und Code an Dritte weitergegeben hätte oder der Code - infolge einer Sorgfaltswidrigkeit des Karteninhabers - dem Dritten zur Kenntnis gelangt wäre.

Die Bank argumentierte, dass die Verwendung des richtigen Codes den Anscheinsbeweis schaffe, dass entweder der Inhaber selbst den Code verwendet oder ihn weitergegeben habe. Zumindestens habe der Kunde sorgfaltswidrig gehandelt. Es bestünden keine Anhaltspunkte für ein Ausspionieren des Codes.

Das sah das Gericht nicht so. Das Gericht ging von der plausiblen Darstellung der Ereignisse durch den Konsumenten aus. Die sofort nach Diebstahl erfolgte Verwendung des richtigen PIN (beim ersten Versuch) und die Wahl des Betrages (310 Euro - Differenz auf gängiges Tageslimit von 400 Euro) zeige, dass der Code wohl ausspioniert worden sein muss.

Das Gericht sah es als ausreichend zur Erfüllung von Sorgfaltspflichten an, die Bankomatkarte in der Geldbörse und diese im Mittelfach eines Rucksackes zu verwahren; auch wenn dieser am Rücken getragen wurde. Ebenso reiche es aus, sich bei einer Bankomatbehebung zu versichern, dass niemand versuche zuzusehen. In diesem Fall reiche es aus, die Tastatur einfach mit dem Oberkörper abzudecken.

Dem Klagebegehren auf Gutbuchung des Schadens wurde daher zur Gänze stattgegeben. Dagegen wurde der Anspruch auf Rückerstattung der Sperrgebühr abgewiesen; dies stehe dem Kunden nur zu, wenn etwa ein Mangel der Karte oder des Gerätes zur Sperre führe.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

BGHS Wien 26.7.2005, 13 C 198/05w
Volltextservice
Klagevertreter: RA Dr. Stefan Langer u Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle, Wien

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang