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Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UNIQA Österreich Versicherungen AG (UNIQA) geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun die Gesetzwidrigkeit auch dieser Klauseln.

Der VKI hatte eine Verbandsklage (§ 28 KSchG) wegen Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Er- und Ablebensversicherung, Pensionsversicherung und Ablebensrisikoversicherung der UNIQA eingebracht.

Im Revisionsverfahren vor dem OGH ging es um folgende drei Klauseln

„§ 6 Wann können Sie den Versicherungsvertrag kündigen und den Rückkauf beantragen? [...]

(2) Für die Er- und Ablebens- bzw Pensionsversicherungen vor Beginn der Pensionszahlung gilt:

a) im Falle der Kündigung Ihres Versicherungsvertrages erhalten Sie als Rückkaufswert den um einen Abzug verminderten aktuellen Wert der Deckungsrückstellung Ihres Versicherungsvertrages zuzüglich Gewinnbeteiligung. 

Der Abzug beträgt: – bei Versicherungsverträgen gegen laufende Prämien in den ersten drei Jahren 5 %, danach verringert sich der Abzug pro Jahr um einen halben Prozentpunkt bis hin zum Erreichen des Mindestabzugs von 2 % der Deckungsrückstellung (K 7) […]

§ 6a Wann können Sie den Versicherungsvertrag in eine prämienfreie Versicherung umwandeln? [...]

(2) Bei einer Prämienfreistellung wird nach den geschäftsplanmäßigen Bestimmungen für die restliche Versicherungsdauer auf Grundlage des Rückkaufswertes (siehe § 6 Abs 2 bzw 3) eine verminderte Versicherungssumme (bei Er- und Ablebens- und Ablebensrisikoversicherungen) bzw eine verminderte Jahrespension (bei Pensionsversicherungen) ermittelt (K 8). …“

Der Versicherer ist nach § 176 Abs 4 VersVG zu einem Abzug berechtigt, wenn dieser vereinbart und angemessen ist (sog Stornoabzug). Die Rechtfertigung des Abzugs erblickte der historische Gesetzgeber in der Verhinderung einer Antiselektion: ohne einen solchen Abzug werde das Ausscheiden der VN erheblich erleichtert, und es bestehe die Gefahr, dass der Gesamtbestand der Versicherungen in einer die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigenden Weise verschlechtert wird.

Der Stornoabzug muss vertraglich vereinbart sein. Die Vereinbarung in den AVB genügt. Sie setzt auch eine Übereinkunft über die Abzugshöhe voraus, was aber nicht notwendigerweise iS eines bestimmten Betrags zu verstehen ist. Keine wirksame Vereinbarung liegt aber vor, wenn die Höhe des Stornoabzugs mangels konkreter Vereinbarung völlig unbestimmt ist.

Der VN wird idR durch die prozentuale Angabe, aus der er – wie hier – rechnerisch ohne Mühe den Abzug ermitteln kann, über die Höhe des bei Kündigung erfolgenden Stornoabzugs informiert.

Die UNIQA hat zwar Gründe, die den Stornoabzug an sich rechtfertigen sollen und damit Vorbringen zur Angemessenheit dem Grunde nach erstattet. Gründe für die Angemessenheit und somit die sachliche Rechtfertigung seiner Höhe hat die Bekl hingegen nicht genannt und den Beweis der Angemessenheit der Höhe damit nicht angetreten. Selbst in der Revision wird noch völlig offen gelassen, aus welchen Gründen die konkrete Staffelung des Stornoabzugs bei Kündigung gerechtfertigt sein soll. Damit ist zugrunde zu legen, dass die gewählte Vertragsgestaltung § 176 Abs 4 VersVG verletzt und sich damit als gesetzwidrig erweist. Die Klausel ist schon aus diesem Grund nichtig im Sinn des § 879 Abs 1 ABGB.

Es bedarf daher weder eines weiteren Eingehens auf das Verhältnis der Klausel zu § 176 Abs 5 VersVG, noch ob sie sachliche Rechtfertigungsgründe zusätzlich anzuführen hat.

Da K 8 auf § 6 Abs 2 der Versicherungsbedingungen verweist, ist sie aus denselben Gründen unzulässig. 

§ 17 Was gilt bei Verpfändung, Abtretung oder Vinkulierung? [...]

[(2) Abtretungen (Zessionen) der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an Dritte sind nur mit Zustimmung des Versicherers wirksam (K 17)].“ Die Klausel nennt keine Gründe, die zur Erteilung (oder Verweigerung) der Zustimmung führen. Die für die Abtretung des Geldanspruchs erforderliche Zustimmung des VR liegt ausschließlich im – veränderlichen – Ermessen der Beklagten, für welches Vorgehen sie keine sachlichen Gründe ins Treffen führt. Bereits aufgrund dieser Ungleichgewichtslage fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Beklagten aus. Die Klausel ist gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB.

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

OGH 28.6.2023, 7 Ob 69/23g

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Anmerkung:

Aus Sicht des VKI fallen die Klauseln über den Abzug ersatzlos weg; der Rückkaufwert steht den Versicherungsnehmer:innen folglich ohne Stornoabzug zu. Wurde von der UNIQA dieser Abzug bereits vorgenommen, stehen den Versicherungsnehmer:innen nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche zu. Hier finden Sie den Musterbrief zur Rückforderung des Stornoabzugs bei der vorzeitiger Kündigung bzw bei Prämienfreistellung.

Bereits von den Unterinstanzen wurden mehrere Klauseln rechtskräftig entschieden. Mehr dazu hier.

Den Musterbrief zur Rückforderung des Unterjährigkeitszuschlags finden Sie hier.

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