Zum Inhalt

Urteil: OGH kippt neuerlich Dauerrabattklausel

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen Unzulässigkeit einer Dauerrabattklausel.

Schon in der Vergangenheit beschäftigten Dauerrabattklauseln den OGH. Viele vom VKI beanstandeten Klauseln wurden dabei als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB) und unzulässig beurteilt. Als Grundsatz gilt, dass sich die vom Versicherer rückforderbaren Beträge streng degressiv entwickeln müssen ("degressive Rückzahlungskurve"). Unzulässig sind daher Klauseln, die eine Rückvergütung mit gleichbleibenden jährlichen Beträgen vorsehen, sodass der rückforderbare Betrag mit längerer Vertragsdauer steigt statt sinkt.

Nunmehr hatte der OGH neuerlich über die Zulässigkeit einer Dauerrabattklausel zu entscheiden.

Gegenstand des Rechtsstreits war folgende Klausel:

"Mit Rücksicht auf die vereinbarte Vertragslaufzeit wird ein Dauerrabatt in Höhe von 20 % der Normalprämie (dies entspricht 25 % der vorgeschriebenen Prämie) gewährt. Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung vor Ablauf von 10 Jahren kann der Versicherer die Differenz zwischen dem gewährten Dauerrabatt und dem für die tatsächliche Laufzeit zu gewährenden Dauerrabatt nachfordern. Die Nachforderung berechnet sich wie folgt:

Kündigung innerhalb eines Jahres*

 

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Nachforderung in % aller vorgeschriebenen Prämien

 

25,0

22,5

20,0

17,5

15,0

12,5

10,0

7,5

5,0

2,5


Demnach beträgt die Nachforderung innerhalb des ersten Jahres 25% und sinkt dann jährlich um 2,5%, sodass sie im 10. Jahr 2,5% beträgt. Bezugsgröße sind allerdings die dem Versicherungsnehmer vorgeschriebenen Prämien. Damit sinkt zwar - gemessen an der Summe der geleisteten Prämien   der Prozentsatz der Rückforderung jährlich und ist damit degressiv ausgestaltet. Das gilt aber nicht für den sich tatsächlich errechenden Rückzahlungsbetrag. So steigt nach der konkreten Klausel bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren die vom Kunden zu leistende Nachzahlung während der ersten fünf Jahre, bleibt im sechsten Jahr gleich und sinkt erst dann.

Dieses Rückvergütungsmodell beurteilte der OGH als gröblich benachteiligend iSd § 879 As 3 ABGB und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz: Die Ausgestaltung bewirke, dass das gesetzliche Kündigungsrecht des Konsumenten gemäß § 8 Abs 3 VersVG für die ersten sechs Jahre der regulären Vertragszeit mit wirtschaftlichen Mitteln ganz entscheidend erschwert und damit untergraben werde.

Aus der Argumentation der Generali Versicherung AG, die Erhöhung der Beiträge in den ersten fünf Jahren beruhe auf "versicherungsmathematischen Grundsätzen" bzw sei "mathematische Folge der Kumulierung der Vorteile des Versicherungsnehmers" lasse sich nach Auffassung des OGH keine sachliche Rechtfertigung für die Tarifgestaltung gewinnen.

Ebensowenig überzeugte den OGH die Berufung des Versicherers darauf, dass die Prämiengestaltung im Fall der vorzeitigen Kündigung der Prämienbemessung bei einschlägigen "Kurzzeittarifen" entspreche. Dem hielt der OGH seine einschlägige Rspr entgegen, wonach die Rabattsituation für die tatsächliche und vereinbarte Vertragsdauer zu vergleichen sei und nicht die vereinbarte Vertragslaufzeit und eine Laufzeit, die zu keinem Dauerrabatt führen würde.

Darüber hinaus wurde auch der Berufung des VKI gegen die vom Berufungsgericht eingeräumte viermonatige Leistungsfrist stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts widerspricht es dem Zweck der Verbandsklage, wenn sich der Unternehmer für einen bestimmten Zeitraum noch auf eine als gesetzwidrig erkannte Klausel berufen dürfe.

Aufgrund des Urteils fällt die Klausel daher ersatzlos weg und KonsumentInnen können die bezahlten Dauerrabattrückforderungen zurückverlangen.

OGH 20.12.2017, 7 Ob 81/17p
Volltextservice
Klageverteter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

Das Urteil im Volltext

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang