Zum Inhalt

Urteil: Nicht autorisierter Zahlungsauftrag

OGH-Entscheidung zu einem Fall, in dem die Bank einem Betrüger 25.000 EUR bar vom Girokonto einer Bankkundin aufgrund eines Telefax, in das der Ausweis der Bankkundin kopiert war, ausbezahlte. Da dies ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang war, hat die Kundin gegenüber der Bank einen Erstattungsanspruch in dieser Höhe.

Aufgrund eines - nur scheinbar von der Klägerin (Kl) stammenden - Telefax, in das ein Ausweis der Kl einkopiert worden war, auf dessen Foto sie nicht erkennbar war, und in dem (angeblich) die Kl dem bekl Zahlungsdienstleister (ZDL) den Auftrag erteilt hatte, ihrem Bekannten T. R., der sich nachträglich als Betrüger herausstellte, von ihrem Girokonto 25.000 EUR in bar auszuzahlen, führte die Beklagte (Bekl) diesen Auftrag durch, nachdem der Nebenintervenient, Steuerberater der Klägerin, dieses Fax (ohne Sendekennung) erhalten und der Bekl weitergeleitet hatte.

§ 44 Abs 1 ZaDiG 2009 sieht eine grundsätzlich verschuldensunabhängige Haftung des ZDL für Zahlungsvorgänge vor, die vom Zahler nicht autorisiert waren. In diesen Fällen hat der Zahler gegenüber dem ZDL einen Berichtigungs- oder Erstattungsanspruch. Ein Zahlungsvorgang gilt nur dann als autorisiert, wenn der Zahler dem Zahlungsvorgang in der zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister vereinbarten Form und Verfahren zugestimmt hat.

Das Telefax, aufgrund dessen die Bekl die Barauszahlung vorgenommen hat, stammte nicht von der Kl (sondern von einem Betrüger). Die Kl hat daher den konkreten Zahlungsvorgang gar nicht autorisiert. Nach den AGB der Bekl ist das Kreditinstitut berechtigt, Aufträge in jeglicher Form, die ihm im Rahmen der Geschäftsverbindung mit einem Unternehmer erteilt werden, auf dessen Rechnung durchzuführen, wenn es ohne Verschulden zur Ansicht kommt, dass sie von diesem stammen und der unwirksame Auftrag nicht dem Kreditinstitut zurechenbar ist. Die Bekl konnte aber nach dieser Bestimmung die Auszahlung nicht als von der Kl iSd § 34 Abs 1 ZaDiG autorisiert angesehen werden. Der Bekl ist nicht der Beweis gelungen, dass sie ohne (leichtes) Verschulden zur Ansicht gelangt sei, der Fax-Auftrag habe von der Kl gestammt.

T. R. wurde, als die Bekl an ihn die Barauszahlung vom Girokonto der Kl tätigte, bereits zum dritten Mal (zweimal zuvor erfolglos) beim selben Mitarbeiter der Bekl wegen der Behebung des Geldbetrags vorstellig. Beim ersten Mal wollte T. R., ohne irgendeine schriftliche Autorisierung durch die Kl vorweisen zu können, den Geldbetrag beheben. Beim zweiten Mal, wenige Tage später, wies er ein Schreiben vor, in dem angeblich die Kl die Bekl anwies, an ihn 25.000 EUR auszuzahlen; der Mitarbeiter der Bekl verweigerte die Auszahlung aber wegen Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Kl. Die Bekl hätte sich aufgrund dieser Umstände beim dritten Mal nicht damit begnügen dürfen, die auf dem Fax-Auftrag enthaltene und mit dickem Filzstift durchgeführte Unterschrift mit dem Unterschriftenprobeblatt der Kl zu vergleichen, zumal die Unterschrift auf dem Fax-Auftrag jener Unterschrift, welche auf dem einkopierten Ausweis der Kl enthalten war, nicht ähnlich gewesen sei, sodass die Bekl zumindest hätte versuchen müssen, mit der Kl telefonisch Kontakt aufzunehmen.

Der Berichtigungsanspruch nach § 44 Abs 1 ZaDiG über 25.000 EUR wurde daher bejaht.

Kein Mitverschulden

Auch eine bloß leicht fahrlässige Verletzung einer nebenvertraglichen Schutzpflicht durch die Kl wurde verneint. Der Auszahlungsauftrag hat nicht von der Kl gestammt. Dass T. R., ursprünglich noch eine Vertrauensperson der Kl, in deren Wohnung gewohnt und damit Zugang zu ihrem Ausweis gehabt habe, kann der Kl nicht vorgeworfen werden. Die Frage der Fahrlässigkeit würde sich erst stellen, wenn die Kl ihrem Bekannten T. R. von ihr blanko unterfertigte Blätter überlassen hätte. Mangels Mitverschulden wurde die Gegenforderung der Bekl als nicht zu Recht bestehend erkannt.

OGH 27.9.2018, 9 Ob 54/18h


Das Urteil im Volltext.

Lesen Sie mehr:

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

VKI: OGH beurteilt Kreditbearbeitungsgebühr der WSK Bank als unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die WSK Bank wegen unzulässiger Klauseln in ihren Kreditverträgen geklagt. Jetzt liegt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vor: Dieser beurteilt diverse Gebühren und Spesenklauseln in den Kreditverträgen als unzulässig, darunter auch die Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 4 Prozent. Betroffene Kund:innen der WSK Bank haben nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche.

Timesharing-Anbieter Hapimag – 48 Klauseln unzulässig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Die Hapimag ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz, die ihren Mitgliedern Ferienwohnungen, Apartments und Hotels zur Verfügung stellt. Der VKI beanstandete 48 Bestimmungen in Geschäftsbedingungen, Reservierungsbestimmungen, Buchungsinformationen und den FAQs des Unternehmens. Das Handelsgericht Wien (HG Wien) erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Unzulässige Gebühren der Unicredit

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die UniCredit BAnk Austria AG wegen mehreren Gebühren geklagt. Das OLG Wien hat fast alle der eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Krankengeldversicherung: Geltungskontrolle

Ist eine Leistungsbeschränkung für das Krankentagegeld in den Bedingungen für eine Krankengeldversicherung nicht unter der Überschrift „Leistungsvoraussetzungen“, sondern im Kapitel „Beendigung der Versicherung“ enthalten, ist sie ungewöhnlich und damit unwirksam.

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Unzulässiger Deckungsausschluss: Hoheitsverwaltungsklausel

Der VKI hatte die ARAG SE Direktion für Österreich wegen drei Ausschlussklauseln in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2020) geklagt. Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH war nur noch eine Klausel davon, nämlich die sog Hoheitsverwaltungsklausel.

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Unzulässiger Stornoabzug bei UNIQA-Lebensversicherung

Der VKI hatte die UNIQA Österreich Versicherungen AG geklagt. Inhalt der Klage waren 18 Klauseln aus den AVB für Lebensversicherungen. Während der VKI bereits in den Unterinstanzen die Mehrzahl der Klauseln rechtskräftig gewonnen hatte, waren noch drei Klauseln Gegenstand des Verfahrens vor dem OGH. Der OGH bestätigte nun auch die Gesetzwidrigkeit dieser Klauseln.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang