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Dauerrabattrückforderungen von Versicherungen

Viele Versicherungen schließen mit ihren Kunden lang andauernde Verträge ab - etwa Zehnjahresverträge. Für die lange Bindung wird ein Rabatt gewährt, der sogenannte Dauerrabatt oder Treuebonus. Betroffen sind vor allem die Sparten Eigenheim, Haushalt, Haftpflicht, Rechtsschutz und Unfall.

Nach dem Versicherungsvertragsgesetz können Verbraucher lang laufende Verträge jedenfalls nach drei Jahren kündigen. Dabei kann von Gesetzes wegen ein gewährter Rabatt von der Versicherung grundsätzlich zurückverlangt werden, wenn dies beim Abschluss der Versicherung vertraglich (in einer Dauerrabattklausel) vereinbart wurde. 

Das grundlegende Urteil des OGH

Zwei von vielen Versicherungen verwendete Dauerrabattklauseln wurden vom Obersten Gerichtshof in einem - vom VKI im Auftrag des Sozialministeriums erzielten - Urteil vom April 2010 als gesetzwidrig beurteilt. Die Klauseln lauten: 

"Die angeführte Jahresprämie beinhaltet die Steuer und einen Rabatt von 20% für eine 10 jährige Vertragsdauer dessen Rückerstattung der Versicherer bei vorzeitiger Vertragsauflösung verlangen kann."

"Bei der Berechnung der Jahresprämie wurde ein Dauerrabatt von 20% (das sind bei einer Jahresprämie von EUR XXX jährlich EUR XXX) berücksichtigt, dessen Rückerstattung der Versicherer bei vorzeitiger Auflösung verlangen kann."

KonsumentInnen mussten nach diesen Klauseln umso mehr zurück bezahlen, je länger sie der Versicherung die Treue gehalten hatten. Kündigte man nach drei Jahren, musste man die Rabatte für drei Jahre zurückzahlen. Kündigte man nach acht Jahren, dann musste man acht Jahresrabatte rückerstatten.

Durch derartige Klauseln kam es zum absurden Ergebnis, dass eine Kündigung nach neun Jahren teurer war als das Festhalten am Versicherungsvertrag. Das den KonsumentInnen nach § 8 Abs 3 VersVG zustehende jährliche Kündigungsrecht ab dem Ende des 3. Jahres wurde damit untergraben.

Wenn Sie mehr über das Urteil des Obersten Gerichtshofes erfahren wollen:
OGH: Dauerrabattklauseln gesetzwidrig

Andere Klauseln

Auch folgende Klauseln wurden vom OGH als gesetzwidrig beurteilt:

"Im Hinblick auf die beantragte Versicherungsdauer wird auf die Prämien ein Dauerrabatt von 20 % gewährt. Die in der Polizze angeführten Prämien sind bereits um diesen Prozentsatz ermäßigt. In jedem Fall einer Verkürzung der Vertragsdauer sind 25 % der ermäßigten Prämie für die gesamte Vertragsdauer nachzuzahlen. Beträgt, die vereinbarte Vertragsdauer mindestens 9 Jahre, reduziert sich der Prozentsatz der nachzuzahlenden Prämien nach mindestens sechsjährigem Bestand des Vertrages auf 12,5 %."

"Beträgt die vereinbarte Vertragsdauer mindestens 6 Jahre, wird auf die durch den Dauerrabatt reduzierte Prämie ein Treuebonus von weiteren 10 % berechnet, der ebenfalls in jedem Fall der Verkürzung der Vertragsdauer nachzuzahlen ist. Für Treuebonus und Dauerrabatt gemeinsam sind 37,5 % der ermäßigten Prämie für die gesamte tatsächliche Vertragsdauer nachzuzahlen. Beträgt die vereinbarte Vertragsdauer mindestens 9 Jahre, reduziert sich dieser Prozentsatz nach mindestens 6-jährigem Bestand des Vertrages auf 25 %."

"Die Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG hat für den Versicherungsnehmer die Nachzahlung des Dauerrabattes, zu deren Bezahlung der Versicherungsnehmer wegen vorzeitiger Beendigung eines mit einem anderen Versicherer auf 10 Jahre abgeschlossenen Versicherungsvertrages verpflichtet ist, übernommen. Endet der gegenständliche Versicherungsvertrag vor Ablauf von 10 Jahren, ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den von der Wiener städtischen zur Zahlung übernommenen Dauerrabatt zu refundieren. Der zu refundierende Betrag vermindert sich für jedes volle Vertragsjahr des gegenständlichen Vertrages um ein Zehntel."

Wenn Sie mehr über dieses Urteil des Obersten Gerichtshofes erfahren wollen:
Gerichte gegen Rückforderungen eines "Dauerrabattes" bei vorzeitiger Kündigung von Versicherungsverträgen

Denselben negativen Effekt haben nach Einschätzung des VKI auch Klauseln, in denen eine Abstufung enthalten ist, wo also etwa die Dauerrabattrückforderung für Verträge, die tatsächlich mehr als 5 Jahre gedauert haben, nur mehr halb so viel beträgt wie bei einer Kündigung in den ersten fünf Jahren. 

Derartige Klauseln sind daher mit den vom OGH beurteilten Klauseln vergleichbar und daher nach Einschätzung des VKI ebenfalls unzulässig, beispielsweise folgende Textierungen: 

"Auf Grund der vereinbarten Vertragsdauer ist in den ausgewiesenen Prämien ein Dauerrabatt von 20 % bereits berücksichtigt. Im Falle einer Kündigung vor dem Vertragsablauf ist der Versicherer daher berechtigt, den während der Laufzeit in Abzug gebrachten Dauerrabatt rückzufordern. Erfolgt die Kündigung innerhalb der ersten fünf Jahre beträgt die Nachzahlung 25 %, ab dem 6. Jahr 12,5 % aller vorgeschriebenen Prämien."

"Unbeschadet des Kündigungsrechtes wurde ein Dauerrabatt von 30 % für eine Laufzeit von 10 Jahren eingeräumt, welcher bei vorzeitiger Vertragsauflösung zurückzuzahlen ist. 
Wie wird der Dauerrabatt bzw. Treuebonus verrechnet?
Dauerrabatt und Treuebonus werden sofort abgezogen.
Ein Beispiel: Die jährliche Tarifprämie ohne Dauerrabatt und Treuebonus beträgt exkl. Versicherungssteuer EUR 100,00.
Nach Abzug von Dauerrabatt und Treuebonus (30%) bezahlt der Kunde daher für den Versicherungsschutz vorläufig nur EUR 70,00 pro Jahr.
Bei vorzeitiger Auflösung des Vertrages hat der Kunde des Beispiels bis vor Ablauf des fünften Versicherungsjahres pro Jahr EUR 30,00 danach bis vor Ablauf des zehnten Versicherungsjahres pro Jahr EUR 15,00 zurück zu zahlen."

Dauerrabattklauseln mit einer dekursiven Staffelung - wie die in der Folge dargestellte Klausel der D.A.S. Österreichische Allgemeine Rechtsschutzversicherungs AG - sind jedenfalls dann nicht gesetzeskonform, wenn KonsumentInnen im Fall einer vorzeitigen Auflösung ihres Versicherungsvertrages nicht so gestellt werden, als ob sie von Anfang an die tatsächliche Laufzeit als Vertragsdauer gewählt hätten (vgl. VR-Info 2a).

"Die pro Risiko ausgewiesene Prämie berücksichtigt den für die vereinbarte Laufzeit eingeräumten Dauerrabatt. Bitte entnehmen sie der folgendenTabelle die Höhe des Dauerrabattes und das Ausmaß der Nachverrechnung im Fall einer vorzeitigen Vertragsauflösung."

Tabelle Dauerrabatt
Bild: VKI

Folgen einer rechtswidrigen Dauerrabattklausel - Urteil des OGH vom 19.3.2014

Sofern im Versicherungsvertrag eine gesetzwidrige Dauerrabattklausel enthalten ist, fällt die Grundlage für die Verrechnung der Dauerrabattrückforderung weg.

Manche Versicherungen versuchten in den letzten Jahren trotz Vereinbarung einer gesetzwidrigen Dauerrabattklausel die Zulässigkeit einer Dauerrabattrückforderung damit zu rechtfertigen, dass Sie im Weg einer selbst vorgenommenen Vertragsergänzung eine neue Dauerrabattklausel konstruierten, die oft nach der Laufzeit gestaffelt ist ("Anpassung der Rückverrechnungsregel", "Umstellung auf einen Laufzeitrabatt", "neue Dauerrabattvereinbarung im Sinn des OGH Urteiles", …).

Zur Frage, ob das Berufen auf eine neue Dauerrabattklausel im Wege einer Vertragsergänzung durch die Versicherung zulässig ist, liegt nunmehr eine aktuelle Entscheidung des OGH in einem vom VKI - im Auftrag des Sozialministeriums - erzielten Urteil vor. Demnach ist eine einseitige Vertragsergänzung durch die Versicherung nicht zulässig.

Wenn Sie mehr über dieses Urteil des Obersten Gerichtshofes erfahren wollen:
OGH: Praxis der Klauselersetzung beim Dauerrabatt unzulässig

Die in der Vergangenheit auf Basis derartiger Klauseln erfolgten Dauerrabattnachzahlungen sind daher nach Einschätzung des VKI von den Versicherungen an die KonsumentInnen zurückzuzahlen. Aktuelle Dauerrabattrückforderungen von Versicherungen erscheinen unberechtigt.

Rückforderung eines bereits bezahlten Dauerrabattes

Wer in seinem Versicherungsvertrag die vom OGH beurteilte Klausel oder eine vergleichbare Klausel vereinbart hatte und auf dieser Basis nach einer vorzeitigen Auflösung der Versicherung in den letzten Jahren einen Dauerrabatt nachgezahlt hat, kann diesen Betrag von der Versicherung zurückverlangen. 
Betroffene können dabei folgenden Musterbrief verwenden:

Sollte die Versicherung nicht zu einer Rückzahlung bereit sein so informieren Sie bitte den VKI. 

Abwehr einer aktuellen Dauerrbattrückforderung

Wenn Sie von der Versicherung aktuell zur Rückzahlung eines Dauerabattes aufgefordert werden und in Ihrem Vertrag die vom OGH beurteilte (alte) Klausel oder eine vergleichbare (alte) Klausel enthalten ist, sollten Sie die Versicherung auf die aktuelle OGH-Entscheidung hinweisen. 

Wer von einer aktuellen Dauerrabattvorschreibung betroffen ist, kann für sein Schreiben an die Versicherung folgenden Musterbrief verwenden:

Auch hier gilt: Sollte die Versicherung nicht zu einer Rückzahlung bereit sein so informieren Sie bitte den VKI. 

Verjährung

Nach unserer Einschätzung verjährt der Anspruch von KonsumentInnen auf Rückzahlung des an die Versicherung bezahlten Dauerrabattes erst nach 30 Jahren. 

Sonstiges 

Sollte die Dauerrabattklausel in Ihrem Vertrag wesentlich anders lauten als in der aktuellen OGH Entscheidung oder als die vergleichbaren Klauseln, sollten Sie eine Beratung in Anspruch nehmen, um abzuklären, ob die Dauerrabattnachverrechnung zulässig war bzw. ist. 

Eine Beratung ist auch dann sinnvoll, wenn in der Ablehnung der Versicherung andere Argumente als die oben angeführten angeführt sind. 

Dauerabattnachforderungen können im Übrigen auch aus anderen Gründen unzulässig sein. 

Weiterführende Beratung

Bei Rückfragen können Sie sich an das VKI Beratungszentrum wenden (1060 Wien, Mariahilferstr. 81, Tel.: 01/58877-0, http://www.konsument.at/)

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