Das Phänomen der "Massenklagen" stellt auch die österreichische Zivilprozessordnung auf eine harte Probe. Es gibt keine geordnete Regelung für solche Klagen. Zwar können Kläger gemeinsam als Streitgenossen klagen; doch sind dazu die Regelungen sehr eng. Ein anderer Weg ist die Abtretung der Ansprüche auf einen Kläger - insbesondere den VKI - und die Klagshäufung im Sinn des § 227 ZPO.
Dennoch haben diese Regelungen klare Grenzen. Bei hohen Streitwerten kommt es - vor allem aufgrund der Anwaltshonorare - zu Kostenrisiken, die für beide Seiten unangemessen werden. Ohne Zustimmung des Prozessgegners kann auch nicht der Weg gegangen werden, einige Fälle als Musterprozess auszujudizieren und das Ergebnis für die anderen Fälle zu verwenden. Der Kläger muss idR seinen Prozess betreiben, sonst droht ihm irgendwann der Einwand, der Anspruch sei - da der Prozess nicht ordnungsgemäß fortgesetzt worden sei - verjährt. Aber auch der Beklagte hat - ohne Einsicht des Klägers - keine Chance allenfalls ruinöse Kostenrisiken zu vermeiden.
Schließlich muss man auch erwähnen, dass "Massenklagen" die Gerichte und Richter belasten. Wenn eine Sammelklage über Millionen Euro genauso viel "zählt" wie ein Streit um einen Baum an der Grenze zwischen zwei Grundstücken, dann fühlen sich jene Richter, die das Los der Sammelklage trifft, mit Recht benachteiligt. Will man also "Massenklagen" prozessökonomisch in den Griff bekommen, muss man auch eine Regelung finden, die für die Richter tragbar ist.
Im Justizausschuss vom 6.10.2004 haben alle vier Parlamentsparteien in einem Entschließungsantrag die Justizministerin aufgefordert, "gesetzliche Möglichkeiten zur ökonomischen und sachgerechten Bewältigung von Massenverfahren" zu prüfen.
Das Justizministerium hat daraufhin einen Begutachtungsentwurf erstellt und klargelegt: Zum einen wurden zwei kleine Änderungen der ZPO vorgeschlagen, die sofort für die Richter mehr Möglichkeiten bei der Prozessleitung von Massenverfahren geboten hätten, zum anderen wurde angekündigt, das Phänomen der Massenklagen in absehbarer Zeit umfassend regeln zu wollen.
In den Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf (http://www.parlinkom.gv.at/portal/page?_pageid=908,721919&_dad=portal&_schema=PORTAL ) wird zwar an den Detailregelungen Kritik geübt, die Notwendigkeit einer umfassenden Regelung wird aber nicht bestritten.
Es ist daher zu hoffen, dass es nun rasch zu einer umfassenden Regelung von "Massenverfahren" in der Zivilprozessordnung kommt.