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Info: Regelung von "Massenklagen" in Schweden und Projekte in Deutschland

In Schweden gibt es seit 1.1.2003 ein Gesetz über Gruppenverfahren und in Deutschland wird ein Gesetz für Musterprozesse von Kapitalanlegern vorbereitet.

Schweden:

In Schweden trat am 1.1.2003 das Gesetz über das Gruppenverfahren in Kraft. Schweden hat damit als erstes Land in Europa eine Gruppenklage in Anlehnung an die amerikanische class action eingeführt.

Eine Gruppenklage kann entweder von einzelnen Geschädigten, von gemeinnützigen Verbänden oder vom Verbraucherombudsmann erhoben werden.

Die Klage muss auf Umstände gegründet sein, die für die Ansprüche der Gruppenmitglieder gemeinsam und gleichartig sind.

Der Kläger klagt als Vertreter der Gruppenmitglieder. Er ist Partei, die Gruppenmitglieder haben keine Parteistellung. Das Gericht fordert die Gruppenmitglieder auf zu erklären, ob sie sich an der Gruppenklage beteiligen wollen (opt-in).

Ein Vergleich, der geschlossen wird, ist vom Gericht darauf zu prüfen, ob er die Mitglieder der Gruppe nicht benachteiligt oder offenbar unbillig ist. Ein Urteil wirkt für und gegen alle Mitglieder der Gruppe.

Die Gruppenmitglieder sind nicht verpflichtet, die Kosten eines siegreichen Beklagten zu ersetzen; das muss der Kläger tun. Dagegen haben die Gruppenmitglieder im Fall des Prozesserfolges ihres Klägers dann, wenn der Beklagte die Kosten des Klägers nicht ersetzen kann, dafür einzuspringen; sie müssen aber nie mehr zahlen, als das, was ihnen durch den Rechtsstreit zugute gekommen ist.

Deutschland:

Die deutsche Bundesregierung hat einen Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuG) vorgelegt. Damit soll es einer Vielzahl von Geschädigten ermöglicht werden, ihre Ansprüche mittels einem Musterverfahren durchzusetzen. Über diesen Weg wird auch die faktische Geltendmachung von sogenannten "Streuschäden" ermöglicht. Davon spricht man, wenn zwar viele Anleger geschädigt wurden und sich insgesamt eine durchaus hohe Schadenssumme ergibt, der Schaden des einzelnen Anlegers jedoch so gering ist, dass eine gerichtliche Geltendmachung und das damit verbundene Kostenrisiko meist nicht in Relation zum entstandenen Schaden steht. Es ist ein Gebot der Generalprävention, dass in solchen Fällen das rechtswidrige Vorgehen des Anspruchsgegners nicht - mangels ökonomisch vertretbarer Rechtsdurchsetzung - defacto folgenlos bleibt, sondern es Mittel und Wege gibt, den erzielten Gewinn abzuschöpfen.

Eckpunkte des vorgeschlagenen Gesetzes sind insb:

Zur Durchführung eines Musterprozess-Verfahren sind mindestens zehn Klagen, welche die Klärung derselben Rechtsfrage beinhalten, vorausgesetzt. Dann kann ein sogenannter "Musterfeststellungsantrag" vom Gericht angenommen werden. Während der Durchführung des Musterverfahrens ruhen sämtliche anderen Verfahren, wobei die Kläger der ruhenden Verfahren im Musterverfahren die Stellung des "Beigeladenen" einnehmen.

Das Urteil im Musterprozess ist auch für die anderen Verfahren verbindlich.

Vorteil bei meist notwendigen teuren Gutachten: Die Kosten müssen nicht bereits vor Gutachtenserstellung - meist zum Großteil von den Klägern - getragen werden, sondern werden vorerst vom Gericht ausgelegt. Erst nach Beendigung des Musterverfahrens sind die Kosten von der unterlegenen Partei zu begleichen.

Die Kosten des Verfahrens werden von allen Klägern im Verhältnis der Höhe ihrer Streitwerte getragen.

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