Gemäß § 101 Telekommunikationsgesetz (TKG) bedarf die Zusendung einer elektronischen Post zu Werbezwecken der vorherigen - jederzeit widerrufbaren - Zustimmung des Empfängers. Dies gilt insbesondere auch für SMS-Texte auf Mobiltelefone. Ein Verstoß gegen dieses Verbot ist gemäß
§ 104 Abs 3 Z 22 TKG strafbar, der Strafsatz beträgt bis € 36.336,-.
Diese strenge, nicht zuletzt zum Schutz der Verbraucher erlassene Vorschrift ist allerdings nur in Österreich, das heißt gegen ein österreichisches Unternehmen gerichtlich durchsetzbar. Diese faktische Rechtschutzlücke hat sich die New Yorker Firma US Tower-Cell LLC zunutze gemacht: Sie hat von der österreichischen B&W Telekommunikation Services GmbH, mit Sitz in Wien, eine Mehrwertnummer gemietet und diese in das Ausland (nach Deutschland) "geroutet". Für Anrufe auf diese Nummer warb sie per SMS an zahlreiche österreichische Handybesitzer mit folgendem Text:
Ich hab mich
wirklich in Dich
verliebt und muss
es Dir endlich
sagen! Weißt Du
wer ich bin? Ruf
zurück
0900 560 888
Jeder Anruf zu dieser Mehrwertnummer kostet € 3,64 pro Minute. Der Klagevertreter wurde mit einer solchen "Liebes-SMS" belästigt. Auch eine Angestellte des VKI hat auf ihrem Diensthandy eine gleichlautende Botschaft erhalten.
Der VKI hat in weiterer Folge die B&W GmbH als Inhaberin und letztendlich auch Nutznießerin dieser Mehrwertnummer beim Handelsgericht Wien auf Unterlassung der gesetzwidrigen SMS-Werbung geklagt. Die B&W GmbH wandte dagegen ein, dass sie selbst doch gar keine SMS versende, sondern "nur" ihre Mieterin, die amerikanische Firma. Im übrigen sei von der betreffenden Mehrwertnummer keine SMS versendet worden, da dies aus technischen Gründen gar nicht möglich sei. Schon deshalb könne sie nicht auf Unterlassung geklagt werden und als bloße Vermittlerin dieser Mehrwertnummer sei sie nach § 101 TKG auch gar nicht strafbar.
Dennoch hat die B&W vorsichtshalber der amerikanischen Firma im Prozess den Streit verkündet und sie damit gezwungen, dem Prozess als Nebenintervenientin beizutreten. Außerdem hat die B&W aufgrund unserer Vorwürfe der US Tower-Cell den Mietvertrag über die Mehrwertnummer mit sofortiger Wirkung gekündigt und die weitere Auszahlung der ihr zustehenden Gesprächsgebühren gestoppt.
Auf ein Urteil wollte es die Gegenseite dann doch nicht ankommen lassen, sodass der Prozess schließlich durch folgenden Vergleich beendet werden konnte:
1.) Die B&W hat gegenüber dem VKI eine Unterlassungserklärung abgegeben und sich verpflichtet, in jedem Fall des Zuwiderhandelns eine Konventionalstrafe von € 1.000,- zu zahlen.
2.) Eine analoge Unterlassungserklärung mit ebensolcher Verpflichtung zur Konventionalstrafe hat gegenüber dem VKI auch die US Tower-Cell abgegeben.
3.) Überdies hat die US Tower-Cell den Ersatz unserer Prozesskosten zuzüglich Barauslagen an den VKI zugesagt und diese Kosten auch tatsächlich bezahlt.
Der Fall zeigt, dass man mit solchen Konstruktionen (Vermieten der Mehrwertnummer an ein ausländisches Unternehmen) versucht, die Schutzbestimmung des § 101 TKG zu umgehen. Nach der deutschen Judikatur (vgl. VR-Info 4/2003) richtet sich der Unterlassungsanspruch allerdings nicht nur gegen den Versender solcher SMS sondern folgerichtig auch gegen denjenigen, für dessen Unternehmen in der SMS geworben wird. In Österreich ist diese Frage zwar noch nicht ausjudiziert, wir gehen aber davon aus, dass auch die österreichischen Gerichte in diesem Sinne entscheiden würden.
Im Prozess wurde der VKI vertreten durch
Dr. Hans Pfersmann, RA in Wien.