Zum Inhalt

Info: WEB - Vergleichsanbot nicht ausreichend - Streitwertvereinbarung

Vor dem LG Salzburg hat der - mit über 3200 Klägern - wohl größte Zivilprozess Österreichs begonnen. Es kam zu keinem Vergleichsabschluss, wohl aber zu einer Streitwertvereinbarung zur Dämpfung des Kostenrisikos für beide Streitteile.

Der "WEB/Bautreuhand/IMMAG - Skandal" hinterließ tausende geschädigte Kleinanleger. In drei mehrjährigen Strafverfahren wurden die Haupttäter, aber auch Beitragstäter zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Auch führende Organe der Salzburger Sparkasse waren darunter. Das diesbezügliche Strafurteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, das Beweisverfahren ergibt aber ausreichend Anhaltungspunkte, um gegen die Salzburger Sparkasse Schadenersatzforderungen in Millionen-Euro-Höhe ableiten zu können.
Die Salzburger Sparkasse hat anfangs 7,24 und zuletzt 15 Mio. Euro als Vergleich angeboten. Die Klägergemeinschaft muss diese Summe als zu gering zurückweisen; schließlich müsste man davon auch die bislang bereits aufgelaufenen Prozesskosten und für die rund 2300 Kläger, die sich an VKI-Sammelklagen mit Unterstützung des Prozesskostenfinanzierers AdvoFin beteiligen, auch noch eine Quote für AdvoFin in Höhe von 37 Prozent abziehen. Daher ist das Angebot - im Vergleich zu den Forderungen (zunächst rund 127 Mio. Euro - nach Klagseinschränkung immer noch rund 54 Mio. Euro) - nicht annehmbar. Wenn die Salzburger Sparkasse ihr Vergleichsangebot aber weiter deutlich verbessern würde, dann wäre wohl ein Vergleich einem jahrelangen Gerichtsstreit vorzuziehen.
Der hohe Streitwert bedingt - für beide Seiten - ein exorbitantes Prozesskosten-Risiko. Pro Verhandlungstag wäre mit rund 400.000 Euro Anwaltskosten zu rechnen; alleine für die erste Instanz mit Prozesskosten von bis zu 70 Mio. Euro.
Dem Vorschlag der Klägergemeinschaft, einige Musterfälle als "Musterprozess" zu führen und für den Rest der Ansprüche ein "Ruhen bei Verjährungsverzicht" zu vereinbaren, hat die Salzburger Sparkasse letztlich ein Gegenangebot entgegen-gehalten: Wenn die Kläger die Klagseinschränkung unter Anspruchsverzicht (also endgültig) erklären, würde man einer Streitwertvereinbarung auf der Basis von 2 Mio. Euro zustimmen; mit dem Effekt, dass dann pro Verhandlungstag "nur" noch mit rund 50.000 Euro und für die erste Instanz mit rund 8 Mio. Euro Kosten zu rechnen wäre.
Die ursprünglichen Klagen haben berücksichtigt, dass der Kapitalausfall für die Anleger zum Teil vor mehr als 15 Jahren eingetreten war und diese daher über die Jahre - wäre das Kapital vorhanden gewesen - dieses hätten veranlagen können. Daher stand einem Kapitalbetrag von rund 60 Mio. Euro ein Ertragsschaden von rund 67 Mio. Euro gegenüber.
Da der Richtersenat erkennen ließ, Ertragsschäden, die mehr als drei Jahre vor Klagseinbringung entstanden waren, als verjährt anzusehen, hat die Klägergemeinschaft - aus prozessualer Vorsicht - diese Beträge zunächst eingeschränkt, ohne auf diese Ansprüche verzichten zu wollen. Die Haltung der Salzburger Sparkasse (ökonomischer Prozess nur dann, wenn auf diese Ansprüche verzichtet wird) und des Gerichtes (dieses meinte - entgegen der Rechtsmeinung von Kodek in ecolex 1/2005 und Richterzeitung 2/2005 - von Gerichts wegen keine Portionierung auf Musterfälle vornehmen zu können) haben die Klägergemeinschaft - aus ökonomischer Vernunft - dazu gebracht, auf das Angebot der Streitwertvereinbarung einzugehen. Wenn die Kläger bis 2.5.2005 zustimmen, wird es daher zu den geforderten Anspruchsverzichtserklärungen und zur Streitwertvereinbarung kommen.

Seit 21.2.2005 wird in der Sache verhandelt.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Unzulässige Ausschlussklausel der Generali Versicherung AG

Der VKI hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Generali Versicherung AG wegen einer Klausel geklagt, die den Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Akten der Hoheitsverwaltung ausschließt. Das Handelsgericht Wien gab dem VKI recht und erklärte die eingeklagte Klausel für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig.

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

OLG Wien: 48 unzulässige Timesharing-Klauseln bei Hapimag

Der VKI hatte die Hapimag AG wegen unzulässiger Klauseln in den AGB ihrer Timesharing-Verträge geklagt. Das OLG Wien erklärte nun alle 48 angefochtenen Klauseln für unzulässig. Wichtigster Aspekt des Urteils: Verbraucherrechtliche Bestimmungen kommen trotz „Aktionärsstatus“ der Kund:innen zur Anwendung.

Unterlassungserklärung der HDI Versicherung AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die HDI Versicherung AG wegen einer Klausel in deren ARB 2018 idF vom 01.05.2021 abgemahnt. Diese Klausel sah zwar eine Anpassung der Versicherungssumme und der Versicherungsprämie an den VPI vor, nahm aber unter anderem die im Vertrag vorgesehenen Höchstentschädigungsleistungen von einer solchen Wertanpassung aus. Die HDI Versicherung AG gab am 15.07.2024 eine Unterlassungserklärung ab.

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

OLG Wien: Dauerrabattklausel des Versicherers Allianz unzulässig

Der VKI klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Allianz Elementar Versicherungs AG wegen deren Dauerrabattklausel und deren Kündigungsklausel. Das OLG Wien gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Versicherungsnehmer:innen, die aufgrund der Dauerrabattklausel eine Nachforderung bezahlt haben, können diese nun zurückfordern.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang