Gemeinnützige Bauvereinigungen sind ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Wohnungsmarktes. Sie errichten Wohnhausanlagen und verkaufen bzw. vermieten Wohnungen in großem Umfang an private Verbraucher. Diese finanzieren mit ihrem Kaufpreis bzw. mit Baukostenzuschüssen und Mietzahlungen das Bauvorhaben.
Im Zuge des Bauvorhabens legen die, die Wohnungen errichtenden Professionisten den Bauträgern Rechnungen über die von ihnen erbrachten Leistungen. Dabei ist es branchenüblich, dass in diesen Rechnungen bei Zahlung innerhalb von kurzer Frist der Einbehalt eines Skontos vorgesehen ist. Dies bedeutet, dass der Rechnungsbetrag um 2 bis 3% reduziert werden kann, wenn der Bauträger innerhalb einer kurzen Frist (also vor vertraglich vereinbarter Fälligkeit) Zahlung leistet. Sowohl Bauträger als auch Professionist haben daraus einen Vorteil: Der Bauträger zahlt einen geringeren Rechnungsbetrag, der Professionist erhält sein Geld schneller. Es stellt sich nun die Frage, ob sich der Bauträger den Skonto behalten darf oder er den Skonto an die Wohnungseigentumswerber weitergeben muss. Auch bei Mietwohnungen stellt sich die Frage, ob Skonti nicht die Baukosten entsprechend senken.
Bedenkt man, dass Wohnungen oft 2 bis 3 Millionen Schilling kosten, kann es sich um erhebliche Beträge handeln. Die Einbehaltung dieser Skonti wird von seiten der gemeinnützigen Bauvereinigungen immer wieder als wesentlicher Beitrag zur Bildung von Eigenmitteln argumentiert. Es stellt sich aber die Frage, ob dieser Weg zur Bildung von Eigenmitteln dem Gesetz entspricht.
Dabei ist insbesondere auf das im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (§§ 13 und 23 WGG) normierte Kostendeckungsprinzip Rücksicht zu nehmen. Das Kostendeckungsprinzip bedeutet, dass die gemeinnützigen Bauvereinigungen nicht höhere als die tatsächlich von ihnen bezahlten Kosten auf die Wohnungswerber überbinden dürfen. Sie dürfen also vom Wohnungswerber nicht mehr verlangen, als sie selbst ausgegeben haben. Aus dem Kostendeckungsprinzip ergibt sich, dass der Bauträger das Bauobjekt möglichst sparsam bauen muss; er ist also auch verpflichtet, möglichst hohe Skonti zu erwirtschaften und - so jedenfalls die Lehre [1] - diese den Wohnungswerbern weiterzuleiten.
Gemeinnützige Bauträger halten dem entgegen:
Ø Eine Entscheidung des OGH aus dem Jahre 1985 (MietSlg. 37.690), wonach die Skontobeträge den Baugenossenschaften zustehen würden. Diese OGH-Entscheidung bezieht sich aber auf das WGG 1940 und nicht auf die aktuelle Rechtslage. Die Entscheidung ist auch in der Literatur heftig kritisiert worden.
Ø Aus der Gebarungsrichtlinienverordnung (GRV) leiten die Bauvereinigungen den Umkehrschluss ab, dass deshalb, weil in § 6 Abs 2 GRV Skonti für Baukosten nicht erwähnt werden, die Vereinnahmung solcher Skonti durch die Bauvereinigung zulässig sei. Diese Argumentation stützt sich auch auf die erläuternden Bemerkungen zur Verordnung. Die oben zitierte OGH-Entscheidung lehnt aber - als obiter dictum - einen solchen simplen Umkehrschluss jedenfalls ab.
Stellt sich zusätzlich die Frage, inwieweit die Bauvereinigungen in ihren Vertragsformblättern eine vertragliche Regelung zur Vereinnahmung der Skonti durch die Bauvereinigung vorsehen dürfen?
Dazu hat der VKI zwei Musterprozesse angestrebt und gewonnen:
1. Ein Individualverfahren um den Kauf einer Eigentumswohnung von einer gemeinnützigen Bauvereinigung in Oberösterreich.
Im Kauf- und Anwartschaftsvertrag war vereinbart worden: "Der Anbotsteller (Wohnungseigentumswerber) nimmt zur Kenntnis, dass Rabatte jeder Art, die im Rahmen der Abwicklung dieses Bauvorhabens gewährt werden, dem Bau gutgeschrieben werden. Erlöse aus Skontovereinbarungen hingegen fallen dem Bauträger zu".
Die Abrechnung des Bauvorhabens ergab, dass der Bauträger die Skonti auch lukriert hatte. Mit Unterstützung des VKI wurde der Bauträger auf Zahlung der Skonti geklagt. Im Lichte der Klage war der Bauträger zu einem Vergleich bereit; er zahlte den Skontobetrag dem mittlerweiligen Wohnungseigentümer zurück.
Im Verfahren hatte sich der Bauträger zunächst auf die vertragliche Vereinbarung gestützt. Der VKI ging davon aus, dass eine solche Vereinbarung gegen das Kostendeckungsprinzip gemäß §§ 13 und 23 WGG verstößt und damit unwirksam ist (§ 21 Abs 1 Z 1 WGG).
Gerade dieser Fall zeigt auch, dass die - oben zitierte - Interessensabwägung des OGH aus dem Jahre 1985 verfehlt ist: Die Wohnungseigentümer stellten die Mittel, mit denen die Rechnungen der Professionisten bezahlt und die einbehaltenen Skonti lukriert wurden, der Genossenschaft selbst zur Verfügung. Nicht die Genossenschaft finanzierte eine "teure Zwischenfinanzierung", sondern die Wohnungseigentumswerber selbst, wenn sie die Mittel, die zur Errichtung der Wohnungseigentumsanlage notwendig waren, selbst vorher auf ein Baukonto einbezahlt haben.
Der OGH geht in der genannten Entscheidung von der Vorstellung aus, dass der Einbehalt von Skontoerträgen gleichsam das Ersparnis der Wohnungseigentumswerber für den Entfall von Zinsen für teure Zwischenfinanzierungen darstelle. In der Realität ist es jedoch so, dass Wohnungseigentumswerber in den Genuss einer solchen Ersparnis deshalb nicht kommen, da sie selbst die Mittel auf dem Baukonto zur Verfügung stellen müssen und diese Mittel nicht von den Genossenschaften beigesteuert werden. Auch das Argument des OGH, der Einbehalt des Skonti stelle eine Möglichkeit für die Genossenschaften dar, Eigenkapital zu bilden, zieht nicht. Das WGG sieht verschiedene Möglichkeiten vor, wie die Genossenschaften Eigenkapital bilden können. Diese Möglichkeiten sind im Detail geregelt, dies hat der Gesetzgeber wohl deshalb getan, um zu verhindern, dass die Genossenschaften - manchmal vielleicht zum Nachteil der Wohnungswerber - weitere Möglichkeiten suchen um Eigenkapital zu bilden.
2. Verbandsklage des VKI gegen Klausel in einem Nutzungsvertrag einer gemeinnützigen Genossenschaft in Wien.
Geklagt wurde unter anderem die Klausel "Skonti stehen der X zu, da diese im eigenen Namen und auf eigene Rechnung das Bauwerk errichtet".
In diesem Verfahren hat die Bauvereinigung insbesondere mit dem Umkehrschluss aus § 6 Abs 2 GRV argumentiert. Der VKI hat dem entgegengehalten, dass dieser Umkehrschluss vorschnell sei und zur Auslegung des § 6 Abs 2 Gebarungsrichtlinienverordnung auch auf die wesentlichen Grundsätze des Gemeinnützigkeitsrechts und damit im wesentlichen auf das Kostendeckungsprinzip Rücksicht zu nehmen ist. Der a hat auch auf eine Entscheidung des OGH aus dem Jahr 1971 (RZ 1971, 171) verwiesen, wo der OGH in einem Strafverfahren den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung verurteilt hat, weil dieser entgegen seiner Verpflichtung als Machthaber der Wohnungswerber diesen die erzielten Rabatte (Skonti) verschwiegen und sie ohne ihre ausdrückliche Zustimmung einbehalten hatte.
Auch dieses Verfahren endete mit Vergleich. Die Baugenossenschaft hat sich zur Unterlassung der weiteren Verwendung sämtlicher - und somit auch dieser - Klauseln verpflichtet.
Zusammenfassung: Es ist eine weitgeübte Praxis gemeinnütziger Bauvereinigungen, Baukosten-Skonti - zur Bildung von Eigenkapital - einzubehalten. Dem steht das Kostendeckungsprinzip des Gemeinnützigkeitsrechts entgegen. Eine OGH-Entscheidung aus dem Jahr 1985 scheint allerdings die Position der Bauvereinigungen zu decken.
Diese Entscheidung wurde aber mit Recht von der Lehre heftig kritisiert und bezieht sich im übrigen auf die alte Rechtslage. Zur aktuellen Rechtslage gibt es keine Entscheidung des OGH.
Der VKI empfiehlt daher in der Beratung von Wohnungswerbern - insbesondere von Käufern von Eigentumswohnungen - die Frage der Skonti zu prüfen. Bei Mietverträgen stellt sich die Frage der Anfechtung von Vertragsklauseln, bei Kaufverträgen kommt noch dazu, dass der einzelne Käufer möglicherweise einen anteiligen Anspruch auf Auszahlung der Skonti geltend machen kann.
Dr.Dieter Gallistl
Rechtsanwalt in Linz
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Tel: 0732/777 238 Fax: 0732/777 239-11
[1] Heinz Keinert, Grundfragen des zivilen Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, Springer-Verlag 1992