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KuKuSpoSiG: Vermittler

Ein Vermittler der von Verbraucher:innen erworbenen Veranstaltungstickets ist vom persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst. Weder für die Ausstellung und Übersendung noch für die Einlösung eines Gutscheins dürfen Besucher:innen oder Teilnehmer:innen einer Veranstaltung oder späteren Inhaber:innen des Gutscheins Kosten angelastet werden.

Die Beklagte betreibt ein österreichweites Ticketservice und tritt als Vermittlerin von Eintrittskarten zwischen den Veranstaltern und den Endkunden auf. Die Bundesarbeiterkammer hat für einen Verbraucher dieses Verfahren geführt.

Der Verbraucher bestellte Ende 2020 über die Beklagte 2 Veranstaltungstickets um je 33,10 EUR zzgl je 2 EUR an Servicegebühren. Diese für den 28.1.2021 geplante Veranstaltung wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt. Die Beklagte übermittelte dem Verbraucher 2 Gutscheine des Veranstalters iSd § 1 KuKuSpoSiG (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes) iHv je 33,10 EUR. Da der Veranstalter die Einlösung der Gutscheine für eine andere Veranstaltung direkt bei ihm ablehnte, kaufte der Verbraucher bei der Beklagten am 9.2.2021 für eine andere Veranstaltung 2 Eintrittskarten, wobei ihm wiederum eine Vermittlungs- bzw Servicegebühr iHv 4 EUR verrechnet wurde. Da auch diese für April 2021 geplante Veranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt wurde, erhielt der Verbraucher wieder 2 Gutscheine iSd § 1 KuKuSpoSiG iHv von je 28 EUR. Die neuen Gutscheine verwendete der Verbraucher am 30.5.2021 – wiederum über das Ticketservice der Beklagten – zur Bestellung zweier Tickets für die gleiche Veranstaltung am 14.10.2021. Erneut verrechnete ihm die Beklagten Servicegebühren von je 2 EUR, gesamt daher 4 EUR.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Titel der Bereicherung (§ 1431 ABGB) den Rückersatz der dem Verbraucher für die Ticketkäufe am 9. 2. und 30. 5. 2021 verrechnete Servicegebühr von insgesamt 8 EUR.

Der Klage wurde stattgegeben:

§ 1 Abs 2 erster Satz KuKuSpoSiG lautet:

Abs. 1 gilt auch dann, wenn der Vertrag über den Besuch des Kunst-, Kultur- oder Sportereignisses oder der Kunst- oder Kultureinrichtung über einen Vermittler abgeschlossen wurde.“

Mit der am 1.1.2022 in Kraft getretenen Novelle wurde folgender Abs 1a eingefügt:

Für ab 1. Jänner 2022 neu ausgegebene Gutscheine gilt, dass der Wert des Gutscheines den gesamten Eintritts- oder Teilnahmepreis oder ein vergleichbares Entgelt einschließlich etwaiger Verkaufs- oder Vermittlungsgebühren umfassen muss.“ Die Gesetzesmaterialien sagen dazu: „Ob diese Regelung dem bereits geltenden Zivilrecht entspricht und daher nur der Klarstellung dient, obliegt der Entscheidung der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Mit dieser Regelung wird jedenfalls keine Aussage über Gutscheine getroffen, die vor dem 1.1.2022 ausgegeben wurden.“

Schon die wörtliche Auslegung der für den Fall relevanten Bestimmungen des KuKuSpoSiG stützt die Rechtsauffassung der Klägerin, dass auch die Beklagte als Vermittlerin der vom Verbraucher erworbenen Veranstaltungstickets vom persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst ist. § 1 Abs 2 KuKuSpoSiG normiert ausdrücklich, dass die Gutscheinregelung des § 1 Abs 1 leg cit auch dann gilt, wenn – wie hier – der Verbraucher das Veranstaltungsticket über einen Vermittler (die Beklagte) gekauft hat. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die umfassend formulierte Bestimmung des § 3 Abs 1 KuKuSpoSiG nur auf den Veranstalter, nicht aber auch auf den Vermittler angewendet wissen wollte, finden sich auch in den Gesetzesmaterialien nicht. Dieses Ergebnis ist sachgerecht, könnte doch der Gutschein bei mehrfachen Absagen von gebuchten Veranstaltungen und mehrfacher Einlösung durch den Verbraucher (zumindest zum Teil) durch sonstige Entgelte aufgezehrt werden, was nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Nach § 3 Abs 1 KuKuSpoSiG hätte die Beklagte dem Verbraucher für die Einlösung der Gutscheine daher „keine Kosten“ und damit auch keine Servicegebühr verrechnen dürfen.

Das Gesetz macht keinen Unterschied, ob der Verbraucher den Gutschein des Veranstalters bei dem Vermittler, über den er das Veranstaltungsticket erworben hat oder bei einem anderen Vermittler einlöst. In beiden Fällen greift § 3 Abs 1 KuKuSpoSiG.

Zusammengefasst ist es – in der konkreten Situation – einem Vermittler beim Einlösen von Gutscheinen nach dem KuKuSpoSiG verboten, einem Verbraucher eine Servicegebühr oder Vermittlungsgebühr zu verrechnen. Weder für die Ausstellung und Übersendung noch für die Einlösung eines Gutscheins dürfen dem Besucher oder Teilnehmer einer Veranstaltung oder späteren Inhaber des Gutscheins Kosten angelastet werden.

OGH 27.4.2022, 9 Ob 8/22z

Klagsvertreter: Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien

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