Der Verein für Konsumenteninformation (VKI), der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz klagte, konnte einen neuerlichen Erfolg gegen MEL-Vermittler einfahren: Die Klägerin, eine pensionierte Volksschullehrerin, kaufte über Vermittlung einer Vertreterin der Firma FUNDPROMOTOR im November 2006 um rund 40.000 Euro bei der Meinl Bank MEL-Zertifikate. Die Beraterin pries das Anlageprodukt als "mündelsichere Anlage" und sprach von einer "Investition in Immobilien". Die Beraterin war sich selbst - so das Gericht - nicht im Klaren, welcher Natur das vermittelte Wertpapier war, dass die MEL Ltd eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Jersey war und daher nicht österreichischem Recht unterlag. Die Klägerin wollte ein sicheres Anlageprodukt erwerben. Mit diesem Ziel sei - so das Gericht - der Erwerb von Aktien (oder Zertifikaten, die Aktien vertreten) nicht vereinbar. Das Gericht geht von einer grob sorgfaltswidrigen gravierenden Fehlberatung aus.
Die Beraterin hatte der Klägerin im Augenblick des Abschlusses ein Vertragsformblatt der Meinl Success zur Unterschrift vorgelegt, worin auf der Vorderseite bestätigt wird, dass man über Risken aufgeklärt worden sei und auf der Rückseite bezogen auf MEL-Zertifikate über Kursrisken, das Risiko eines Totalverlustes und über Sitz und Recht der Gesellschaft aufgeklärt wurde. Das Gericht stellt dazu ausdrücklich fest, dass die Beraterin über diese Punkte zum einen selbst nicht Bescheid wusste und auch mündlich nicht darüber aufklärte.
Dennoch hat das Gericht das Unterzeichnen des Formulars ohne es zu Lesen auf Seiten der Klägerin als ein Mitverschulden gewertet und Schadenersatz nur im Verhältnis 2:1 zugesprochen.
"Wir halten diese Wertung des Gerichtes für zu hart", folgert Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI. "Es ist mehr als nachvollziehbar, dass unerfahrene Kunden nach umfänglicher mündlicher Beratung ein Formular mit Kleingedrucktem nicht darauf hin durchlesen, ob dort das Gegenteil dessen steht, was man gerade eben vorgebetet bekommen hat." Der VKI wird daher gegen dieses Urteil Berufung ergreifen.
Diese ersten Urteile in Verfahren gegen Anlageberater rund um MEL und Immofinanz stärken die Rechtsansicht des VKI, dass die Vermittler - insbesondere auch der AWD im Zuge der Sammelklagen des VKI in Bezug auf den Verkauf von Immofinanz - dafür einstehen müssen, wenn Aktien als "mündelsicheres Investment" an konservative Sparer verkauft wurden.