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OGH: Einkaufswagen falsch beladen - Kunden haften für Unfall im Baumarkt

OGH bejaht Haftung von Kunden, die in sorgloser Weise gefährlich handelten: Sie hatten einen Einkaufswagen mit 600kg Gipskartonplatten beladen, dieser kippte und verletzte einen Baumarkt-Mitarbeiter schwer.

Die beiden beklagten Kunden wollten in einem Baumarkt eine größere Menge Gipskartonplatten erwerben. Das Angebot eines Mitarbeiters, ihnen die gewünschte Menge auf den Parkplatz zu bringen, lehnten sie ab und zogen es vor, den im Baumarkt vorhandenen Transportwagen selbst zu beladen.

Entgegen der auf einem Hinweisschild im Markt empfohlenen, V-förmigen Beladung des Wagens, bei der das Gewicht gleichmäßig verteilt würde, beluden die beiden den Wagen, indem sie die Platten nahezu senkrecht stellten, mit insgesamt mehr als 600kg Gipskartonplatten. Mit einer weiteren Platte, die sie über die bereits geladenen heben wollten, stießen sie an der Laden an, wodurch einzelne Platten umfielen und schließlich der ganze Transportwagen umkippte. Dabei wurde ein Mitarbeiter des Baumarkts schwer verletzt.

Der OGH bestätigte Entscheidung des Berufungsgerichts und bejahte die Haftung der beklagten Kunden, die in "sorgloser Weise gefährlich gehandelt und daher schadenersatzrechtlich für die verursachten Gesundheitsschäden einzustehen hätten.

Ein Mitverschulden des Baumarktes wegen nicht ausreichender Gefahrenhinweise erkannte der OGH nicht, es könne keine Rede davon sein, "...dass das Wissen um den "dynamischen Kippeffekt" erst im Zuge des Sachverständigengutachtens hervorgekommen sei." Vielmehr stellte er fest, "dass jedem Kunden bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt klar sein müsse, dass der Wagen bei einer Beladung mit mehr als 600 Kilogramm kippen kann, wenn einzelne der nahezu senkrecht aufgestellten Platten umfallen."

Ein Mitverschulden des Mitarbeiters iHv 25% wurde bestätigt, da "der Vorwurf verblieb, sich nicht vergewissert zu haben, mit welcher Menge von Platten und auf welche Weise die in seiner Nähe befindlichen beiden Kunden hantiert hätten".

OGH 29.9.2016, 1 Ob 153/16f

Das Urteil im Volltext

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