Der VKI hat bezüglich vier Klauseln von S-Leasing Klage eingebracht. Der OGH gab dem VKI Recht und erklärte die Klauseln für unzulässig
Der OGH betonte im Urteil erneut, dass
Folgende Klauseln wurden vom OGH als gesetzwidrig beurteilt:
Klausel 1:
8. Nebenkosten, Umsatzsteuer:
8.1. Der LN [Leasingnehmer] hat neben dem Leasingentgelt, einer allfälligen Kaution oder Vorauszahlung, und sonstigen im Vertrag eigens angeführten Beträgen noch zu bezahlen [...]:
c) den Ersatz der notwendigen, zweckentsprechenden und angemessenen Kosten, […] nach dem Vertragsende im Zusammenhang […] mit Mahnungen und der Eintreibung fälliger Beträge, mit der Einziehung, Schätzung, Verwertung und Exszindierung des LO [Leasingobjekts] […]
f) […] ist der LN [Leasingnehmer] Verbraucher, [werden] Verzugszinsen von höchstens 5 %-Punkte über dem für den Vertrag geltenden Sollzinssatz, am Ende jeden Kalenderjahres dem Kapital zugeschlagen.
8.2. Für die häufigsten Manipulationen und Betreibungen gemäß Punkt 8.1. werden die Kosten wie folgt verrechnet: inkl. USt.: Typenschein-Depotgebühr EUR 9,90, [...] allgemeine Schadensregulierung je EUR 36,--, Großschadensregulierung je EUR 120,--, Rückbucherspesen jeweils Vorbelastung zuzüglich EUR 7,20, Mehrfachausstellung von Endabrechnung (ab der dritten Variante) – Bearbeitungsgebühr EUR 30,--; ohne USt.: für jede Mahnung je EUR 32,--. Laufzeitunabhängige Kosten: [...] Sonstige Manipulationen, Betreibungen und Interventionen zum Inkasso, zur Sicherstellung oder zum Einzug werden dem LN [Leasingnehmer] nach Anfall vorgeschrieben. Unterliegen sie tarifmäßigen oder branchenüblichen Berechnungssätzen, erfolgt die Vorschreibung nach diesen Berechnungssätzen.
Zu den Verzugsfolgen hält der OGH fest, dass schuldloses vertragswidriges Verhalten nach dispositivem Recht grundsätzlich nicht schadenersatzpflichtig macht und die Vereinbarung einer solchen Erfolgshaftung in AGB gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB ist. Deshalb ist Punkt 8.1 lit c und 8.2. unzulässig.
Zu 8.1 lit f entschied der OGH, dass ein über die gesetzlichen Verzugszinsen von 4 % hinausgehender Verzugsschaden den konkreten Nachweis voraussetzt, dass im Vermögen des Gläubigers ein die gesetzlichen Zinsen übersteigender Vermögensnachteil eingetreten ist.
Die Klausel zur „Typenschein-Depotgebühr“ (Punkt 8.2.) ist intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil die Bestimmung bei kundenfeindlichster Auslegung nicht erkennen lässt, ob die vom Leasingnehmer für die Verwahrung des Typenscheins für das geleaste Fahrzeug durch die Leasinggeberin zu zahlende „Gebühr“ nur einmalig anfällt, oder ob diese auch wiederholt anfallen kann, wobei dann unklar bliebe, wie oft sie zu zahlen ist.
Die Bestimmung, wonach der Leasingnehmer der Leasinggeberin Kosten der „allgemeinen Schadensregulierung “ sowie der „Großschadensregulierung“ zu ersetzen habe, verstößt gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil sich aus der Klausel nicht nachvollziehbar ableiten lässt, unter welchen Voraussetzungen diese „Gebühren“ anfallen und wie die „Großschadensliquidation“ von der (sonstigen) Schadensliquidation abzugrenzen ist.
Die Klausel zu den „Rückbucherspesen “ ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel sieht nämlich die Spesen auch bei einer Rückbuchung vor, die der Sphäre der S-Leasing zuzurechnen ist. Die Bestimmung verstößt auch gegen das Transparenzgebot: Es ist nicht klar welche Konstellationen vom Begriff „Rückbucherspesen“ erfasst sein sollen und was mit dem Begriff der „Vorbelastung“ konkret gemeint ist.
Die Verpflichtung zur Zahlung einer Bearbeitungsgebühr für die „Mehrfachausstellung der Endabrechnung (ab der dritten Variante)“ ist gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, weil sie unabhängig davon besteht, aus welchem Grund es zur mehrfachen Neuausstellung der Endabrechnung kommt.
Klausel 2:
9.9. Nimmt der LN [Leasingnehmer] „Reifenbezug mit Vorteilskarte“ in Anspruch, stellt die LG [Leasinggeberin] gegen einen Entgeltzuschlag nach der Erstausstattung Reifen zur Verfügung. Die Höhe des Zuschlages sowie Stückzahl und Marke der Reifen sind auf der ersten Seite des Vertrages angeführt, für den Reifenbezug gelten folgende Bedingungen: a) Der LN [Leasingnehmer] erhält eine „Vorteilskarte“, aus der der von der LG gewährte Bezugsumfang ersichtlich ist. Der LN [Leasingnehmer] hat die Vorteilskarte sorgfältig zu verwahren und jeglichen Missbrauch zu verhindern. Er haftet der LG [Leasinggeberin] für jeden, durch Verlust, Beschädigung oder missbräuchliche Verwendung der Karte entstandenen Schaden.
Vom Regelungsbereich diese Klausel sind auch Schäden umfasst, die dadurch entstehen, dass die Leasinggeberin nach Mitteilung eines Kartendiebstahls oder -verlusts (oder einer sonst absehbaren missbräuchlichen Verwendung der Karte durch einen Dritten) keine Kartensperre vornimmt bzw keine Verständigung der Reifenhändler, die die von der Leasinggeberin ausgegebene „Vorteilskarte“ akzeptieren, vornimmt. Das ist gröblich benachteiligend. Auch gröblich benachteiligend ist jener Teil der Klausel, der den LN dazu verpflichtet „jeglichen Missbrauch zu verhindern“.
Klausel 3:
16.2. Sämtliche Verwertungskosten gehen zu Lasten des LN [Leasingnehmers].
Vor dem Prozess gab die S-Leasing zu dieser Klausel eine eingeschränkte Unterlassungserklärung mit dem Zusatz ab: „Unsere Mandantin akzeptiert, dass die Klausel im Sinn der Abmahnung auf „zweckmäßige“ Verwertungskosten zu beschränken ist. Die übrigen Beanstandungen sind hingegen unzutreffend.“ Nur eine vollständige – ohne Bedingungen oder Einschränkungen erfolgte – Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung beseitigt nach der Rechtsprechung die Wiederholungsgefahr. Durch das ausschließliche Anbot einer inhaltlichen Änderung der beanstandeten Klausel (im Gegensatz zur vom VKI geforderten (gänzliche) Unterlassung), kann nicht von einer bedingungslosen Unterlassungserklärung hinsichtlich der hier zu beurteilenden Klausel ausgegangen werden. Da die Klausel unzulässig ist, war auch die Klage des VKI bezüglich dieser Klausel erfolgreich.
Klausel 4:
23.10. Der LN [Leasingnehmer] erklärt sich damit einverstanden, dass die periodische Leasingentgeltvorschreibung im Wege der elektronischen Post (z.B. im PDF-Format) erfolgt.
Der OGH hielt fest, dass die Bestimmung nur so verstanden werden kann, dass der Leasingnehmer es (auf eigene Kosten) übernimmt, auf „elektronischem Weg“ erreichbar zu sein. Die beanstandete Klausel stellt nicht darauf ab, ob ein Kunde überhaupt Zugang zum Internet hat, weshalb Personen, die über keine technischen Möglichkeiten zum Empfang „elektronischer Post“ verfügen (etwa keine E-Mail-Adresse haben), Gefahr laufen, die Leasingentgeltvorschreibungen nicht zugestellt zu bekommen.
OGH 22.06.2022, 1 Ob 77/22p
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien