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OGH: Kostenersatz bei Selbstverbesserung einer mangelhaften Sache

Das seit 1.1.2002 geltende Gewährleistungsrecht baut auf dem Prinzip der zweiten Chance für den Übergeber auf. Es ist nicht zulässig, dass der Übernehmer die Verbesserung verweigert oder das Recht der zweiten Andienung vereitelt, indem er die Sache selbst verbessert oder durch einen Dritten verbessern lässt. Dem Willen des Gesetzgebers kann aber nicht entnommen werden, dass der Werkbesteller bei voreiliger Selbstreparatur endgültig die gesamten Verbesserungskosten trägt.

In der Entscheidung bestätigt der OGH erstmals, was die Lehre (P. Bydlinski) schon länger fordert:  Bei voreiliger Selbstvornahme der Verbesserung soll der Werkbesteller vom Unternehmer den ursprünglich notwendigen Aufwand der Verbesserung verlangen können. Dem Willen des Gesetzgebers kann nicht entnommen werden, dass nur aufgrund des Vorrangs der Verbesserung gegenüber anderen Gewährleistungsbehelfen (Rückabwicklung, Preisminderung) der Werkbesteller endgültig die gesamten Kosten der Verbesserung trägt. Der Werkbesteller kann den Aufwand insofern verlangen, als dieser Aufwand auch den Werkunternehmer getroffen hätte.

Die Beklagte beauftrage die Klägerin, in ihrem Haus eine Dachgaupe zu errichten. In der Folge lösten sich zwei Dachziegel und es wurde sichtbar, dass die Isolierung mangelhaft angebracht war. Die Beklagte teilte den Mangel der Klägerin nicht mit, sondern ließ die Arbeiten zuerst unsachgemäß durch einen Maurer durchführen. Zur Beseitigung des Mangels waren schließlich 4.446 EUR Brutto notwendig. Hätte die Klägerin rechtzeitig eine Information über den Mangel bekommen, dann hätten die Renovierungsarbeiten nur 735 EUR gekostet. Die Klägerin begehrte ursprünglich den restlichen Werklohn und schränkte dann die Klage um die notwendigen Kosten für die Verbesserung der Dämmung ein.

 Das Erstgericht gab dem Klagebegehren des Unternehmers Recht. Das Berufungsgericht meinte, dass durch die Klageeinschränkung des Klägers habe dieser die Verbesserung endgültig verweigert und die beklagte Werkbestellerin könne nur mehr Preisminderung, Wandlung oder Kostenersatz begehren.

Dies sah der OGH anders und stellte fest, dass die Klagseinschränkung durch die Klägerin um die ursprünglich notwendigen Verbesserungskosten nicht zweifelsfrei auf eine Verweigerung der Verbesserung schließen lässt. Dies sei aber für die Beurteilung, ob dem Werkbesteller der notwendige Aufwand zu ersetzen sei, unerheblich. Die Beklagte hat durch die veranlassten Maßnahmen die ursprünglich um einen Aufwand von 882 EUR mögliche Verbesserung vereitelt und hat ihr Leistungsverweigerungsrecht verloren. Dem Willen des Gesetzgebers kann aber nicht entnommen werden, dass der Vorrang der Verbesserung die Folge haben soll, dass der Werkbesteller bei voreiliger Selbstvornahme endgültig mit den gesamten Kosten der Verbesserung belastet werden soll. Der Werkbesteller kann den Ersatz seines Aufwands insoweit ersetzt verlangen, als dieser Aufwand auch den Übergeber getroffen hätte. Die Klägerin hat diesen ursprünglich notwendigen Aufwand für die Dämmung durch die Klagseinschränkung von ihrem Werklohn bereits abgezogen, sodass das Klagebegehren nicht mehr zu mindern war.

OGH 22.06.2012, 6 Ob 77/12k

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