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OGH: Unzulässige Klauseln in Unfallversicherungs-bedingungen

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich die Wiener Städtische Versicherung AG Vienna Insurance Group (Wiener Städtische) wegen Klauseln in den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUVB Unfallvorsorge Premium). Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab dem VKI nun fast zur Gänze Recht und erklärte 9 von 10 eingeklagten Klauseln für unzulässig.

Eine der vom OGH für rechtswidrig beurteilten Klauseln betraf eine sogenannte „Folgenklausel“, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall kategorisch vom Versicherungsschutz ausschloss. Der OGH führt aus, dass es zwar sein mag, dass die durchschnittlichen Versicherungsnehmer:innen Herzinfarkt und Schlaganfall typischerweise als Krankheitsfolgen werten, nichtsdestotrotz weicht es deutlich von ihren berechtigten Deckungserwartungen ab, wenn für Herzinfarkt und Schlaganfall auch bei ausschließlicher Ursächlichkeit eines Unfallereignisses kein Versicherungsschutz besteht.

Eine weitere verworfene Klausel sah vor, dass statt der Kapitalleistung eine Rentenleistung erbracht wird, wenn die versicherte Person im Zeitpunkt des Unfalls das 75. Lebensjahr bereits vollendet hat. Diese Klausel beurteilte der OGH als objektiv ungewöhnlich und nachteilig. Die Versicherungsnehmer:innen werden laut OGH überrumpelt, da sie nicht damit rechnen, dass von einer in der Polizze konkret vereinbarten Kapitalleistung in den Allgemeinen Bedingungen – allein aufgrund des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze – abgegangen wird. Die Nachteiligkeit der Klausel für die Versicherungsnehmer:innen ist für den OGH evident, erhalten sie doch nach jahre- oder jahrzehntelanger Prämienzahlung nun nicht die erwartete Kapitalleistung, sondern bloß eine Rente bis zum Eintritt des Todes, wodurch vom vereinbarten Leistungsumfang überraschend abgewichen wird.

Auch eine Klausel, die den im Unfallzeitpunkt nicht (mehr) erwerbstätigen Versicherungsnehmer:innen den Versicherungsschutz für Taggeld trotz Prämienzahlung verweigert, wurde vom OGH als unzulässig angesehen. Die laut OGH gröblich benachteiligende Klausel verwehrt den im Unfallzeitpunkt nicht (mehr) erwerbstätigen Versicherungsnehmer:innen ihren Anspruch und erfasst dabei auch Fälle, in denen sie die Versicherungsprämie jahre- oder jahrzehntelang bezahlt haben und nach dem Unfall auch weiterhin bezahlen.

Des Weiteren beurteilte der OGH eine Klausel als unzulässig, die die Kündigung ohne objektivierbare Kriterien in das freie Ermessen des Versicherers stellt und dem Versicherer die Möglichkeit einräumt, Prämien während eines beliebig langen Zeitraums zu lukrieren und beim ersten – noch so geringen – Versicherungsfall den Vertrag zu kündigen.

OGH 24.11.2021, 7 Ob 148/21x

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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