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OGH zu MPC-Fonds: Rechtsschutzversicherer ARAG ist deckungspflichtig

er Oberste Gerichtshof stellt klar, dass bei Rechtsstreitigkeiten über eine mögliche Fehlberatung beim Erwerb von Anteilen an Geschlossenen Immobilienfonds der Spekulationsausschluss nicht zur Anwendung kommt. Die ARAG SE muss daher für derartige Prozesse Deckung gewähren.

Die Kläger, ein als Leiter der Rechtsabteilung im Konzern der beratenden Bank bis zu seiner Pensionierung tätiger Jurist und seine Ehegattin, hatten über Beratung durch eine Bank im Jahr 2004 Beteiligungen iHv je EUR 35.000 an einem geschlossenen MPC-Immobilienfonds (Publikums-KG) erworben. Sie begehrten von der ARAG SE Rechtsschutzdeckung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen infolge fehlerhafter Beratung, die diese unter Berufung auf diverse Risikoausschlüsse in ihren ARB zuvor abgelehnt hatte. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.

Der OGH bestätigte diese Entscheidungen:

-    Der Spekulationsausschluss (Art 7.1.13. ARB 2000) ist nicht anwendbar: Der Erwerb einer Kommanditbeteiligung an einem Geschlossenen Immobilienfonds, bei dem der Veranlagungszweck im Vordergrund steht, ist nicht einem Glücksvertrag im engeren Sinn (Wette, Spiel) vergleichbar und unterliegt daher nicht dem Risikoausschluss nach Art 7.1.13. ARB 2000.

-    Der Risikoausschluss sonstiger Erwerbstätigkeit (Art 23.1.1. ARB 2000) greift nicht, da sich die Funktion der Kläger als Treugeber ausschließlich auf diejenige eines einmaligen Geldgebers beschränkt, denen aufgrund der Konstruktion der Publikums-KG keinerlei Einflussnahme auf die Gesellschaft zukommt. Die Veranlagung ist daher ihrem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Streitigkeiten aus privater Vermögensveranlagung sind grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzuordnen.

-    Im Erwerb einer Kommanditbeteiligung an einem Geschlossenen Immobilienfonds liegt keine (anzeigepflichtige) Gefahrenerhöhung im Sinn des Art 13.1. ARB 2000 (iVm § 23 Abs 1 VersVG), zumal die Kapitalanlage weder bezogen auf Höhe und Zeitraum noch hinsichtlich des Veranlagungsorts unüblich ist und der Versicherer daher mit ihr rechnen hätte müssen.

-    Abgelehnt wurde ferner eine Obliegenheitsverletzung gem Art 8.1.1. ARB 2000. Der Versicherungsnehmer ist seiner Auskunfts- und Belegobliegenheit nach Ansicht des OGH vielmehr ausreichend nachgekommen: Auch wenn der Erstkläger nach den Feststellungen wusste, was eine Kommanditbeteiligung ist und dass er eine solche zeichnete, ist ihm keine Falschinformation an den Versicherer anzulasten, weil auch Kunden, die auf dem Anlagesektor hervorragende Kenntnisse besitzen und denen daher die Unrichtigkeit der Anlageberatung hätte auffallen müssen, Schadenersatzansprüche infolge falscher Anlageberatung geltend machen können.

OGH 12.3.2015, 7 Ob 210/14d
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Klagsvertreter: Dr. Sebastian Schumacher

Anmerkung:
Jüngst hat der OGH auch die Deckungspflicht der ARAG SE für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus einer Fehlberatung iZm der Aufnahme eines Fremdwährungskredits bejaht (7 Ob 191/14k). Siehe dazu näher
:

OGH: Rechtsschutzversicherung muss Streit um Fremdwährungskredit decken

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