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Verbund ÖSPI-Klausel
Bild: DedMityay/shutterstock

OLG Wien bestätigt Unzulässigkeit einer Preisklausel der Verbund AG

Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat die Entscheidung des Handelsgericht Wien (HG Wien) bestätigt, wonach eine Preisänderungsklausel der Verbund AG (Verbund) aus dem Jahr 2022 unzulässig ist. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums das Energieunternehmen wegen einer Preisänderungsklausel geklagt. Gestützt auf diese Klausel hatte der Verbund am 01.05.2022 eine Preiserhöhung durchgeführt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen Strom“ der Verbund AG befand sich im Jahr 2022 eine Preisanpassungsklausel, die auf den vom Börsenkurs abhängigen Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) referenzierte. Auf Grundlage dieser Klausel hat der Verbund am 01.05.2022 die Preise zahlreicher Verträge in Österreich angepasst.

Zur Entscheidung des OLG Wien:

Zum Verhältnis der AGB zu § 80 Abs 2a ElWOG:

Das Gericht hält fest, dass gemäß § 80 Abs 5 ElWOG die Regelungen des ABGB unberührt bleiben. Nach dem ABGB ist eine Preisänderung ohne vertragliche Grundlage nicht möglich. Die Klausel hat damit den Bestimmungen des ABGB zu entsprechen.

Zu § 864a ABGB:

Unter Verweis auf die Entscheidung OGH 9 Ob 46/21m führt das Gericht aus: Eine Preisanpassung an geänderte Verhältnisse nach Vertragsabschluss (pro futuro) unter Bezugnahme auf einen allenfalls schon lange vor Vertragsabschluss liegenden Ausgangswert, wodurch der Beklagten das Recht eingeräumt wird, auch bereits kurz nach Vertragsabschluss gegebenenfalls auch beträchtliche Preiserhöhungen vorzunehmen, ist eine solche, mit der der durchschnittliche Konsument nach der Einleitung „Wertsicherung“ nicht rechnet.

Diese Wertungen lassen sich auch auf den hier vorliegenden Fall übertragen: Bei Neukunden bemisst sich gemäß Punkt 8.2.3. lit a) der AGB der Indexausgangswert aus dem arithmetischen Mittelwert der gewichteten ÖSPI-Monatswerte für den Zeitraum von sechs Monaten, die dem Kalenderquartal, in dem der Vertragsabschluss folgt, vorangegangen ist. Schließt der Kunde daher zum Ende des Quartals, beispielsweise im Juni, erstmals einen Vertrag ab, so ist der Indexausgangswert der Mittelwert der monatlichen ÖSPI-Werte von Oktober bis März. Für die Anpassung zum nächstmöglichen Termin im Oktober sind hingegen nach Punkt 8.2.4. die Mittelwerte der gewichteten ÖSPI-Monatswerte für den Zeitraum von sechs Monaten, der dem Monat vor dem jeweiligen Anpassungstermin vorangegangen ist, maßgeblich, sohin für März bis August. Steigt in diesen Monaten der ÖSPI stark an, führt dies innerhalb weniger Monate nach Vertragsabschluss zu einer massiven Preissteigerung. Damit muss der Kunde aber unter dem Titel „Wertsicherung“ im Sinne der zitierten Entscheidung nicht rechnen.

Dies gilt umso mehr, als die Beklagte ihre Energielieferverträge unstrittig mit „Strom aus 100 % Wasserkraft“ beworben hat. Auch vor diesem Hintergrund erwarten durchschnittliche Verbraucher:innen nicht eine Indexierung an Hand eines Strompreisindexes, der einen Ausblick auf die in den nächsten Monaten zu erwartende Preisentwicklung auf dem Stromgroßhandelsmarkt gibt und der – auch nach dem Vorbringen der Beklagten – nicht danach unterscheidet, aus welcher Erzeugungsquelle der Strom stammt. 

Die Nachteiligkeit der Bestimmung für Verbraucher:innen ergibt sich schon aus dem festgestellten Umstand, dass die Beklagte den größten Teil des Strombedarfs bereits eineinhalb Jahre im Voraus einkauft und nur einen kleinen Teil durch kurzfristige Kontrakte deckt. Eine Erhöhung des Marktpreises trifft sie somit in voller Höhe erst nach 18 Monaten, wogegen sie berechtigt ist, die Erhöhung an den Endkunden wesentlich früher, nämlich nach spätestens einem halben Jahr, weiterzugeben. Dadurch wird die subjektive Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung zum Nachteil der Verbraucher:innen merklich gestört.

Der Verstoßt gegen § 864a ABGB wird daher bejaht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 5.10.2023).

OLG Wien 15.09.2023, 33 R 57/23d

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien 

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