Gegenstand des Verfahrens ist folgende Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeld-Versicherung (AVB 1995/Fassung Juli 2012):
„Prämien und Gebühren
[...]Hat ein mitversichertes Kind das 18. Lebensjahr vollendet, so sind ab dem nächstfolgenden Monatsersten die Prämien zu bezahlen, die für erwachsene Personen zu entrichten sind. [...]“
Die Klausel ermöglicht es der Versicherung, Versicherungsnehmer/innen mit Vollendung des 18. Lebensjahres automatisch in einen Tarif für Erwachsene umzustellen.
Nach Auffassung des OLG Wien ist die Klausel gröblich benachteiligend, da die Umstellung automatisch erfolgt und nicht vorangekündigt wird. Aufgrund der Kündigungstermine und -fristen ist es den jungen Erwachsenen nicht möglich, sogleich auf einen weiteren Versicherungsschutz zu verzichten, wenn sie diesen nicht wünschen. Stattdessen müssen sie – uU 15 Monate lang – weitere Prämien inklusive einer Altersrückstellung bezahlen. Dies steht mit den sozialpolitischen Erwägungen des Gesetzgebers des § 178f VerVG und § 879 Abs 3 ABGB nicht im Einklang und benachteiligt die Versicherungsnehmer/innen gröblich.
Darüber hinaus verstößt die Klausel gegen das in § 6 Abs 3 KSchG enthaltene Transparenzgebot, zumal nicht klar ist, wie hoch die zu zahlende Prämie mit Vollendung des 18. Lebensjahres ist und, welche Parameter und Tarife dann zur Anwendung gelangen. So ist etwa keineswegs ausgeschlossen, dass Zu- oder Abschläge, die den erwachsenen Versicherungsnehmer/innen verrechnet werden, auf die Mitversicherten durchschlagen sowie, ob und inwieweit die Mitversicherung bestehen bleibt bzw kostenmäßig berücksichtigt wird. Unter Beachtung der im Verbandsverfahren gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung räumt sich die Merkur Versicherung AG hinsichtlich der zur Anwendung kommenden Tarife und Parameter somit einen unangemessen weiten, sachlich nicht mehr gerechtfertigten Spielraum ein.
Das OLG Wien folgt damit der Rechtsauffassung des VKI und bestätigte das Urteil erster Instanz vollinhaltlich.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 20.9.2021).
OLG Wien 27.07.2021, 1 R 62/21a
Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien